Heidenheimer Neue Presse

Weiter viele Fragen offen

Aus Sicht des Bundes kann der Ausbau der Gäubahn kommen. Die Bahn verweist auf die fehlende Finanzieru­ng, die Anrainer auf Nachteile bei der Anbindung.

- Von David Nau

Für Steffen Bilger ist die Sache klar: Der Ausbau der Gäubahn, inklusive eines rund elf Kilometer langen Tunnels zwischen Böblingen und dem Flughafen, kann kommen. „Die Wirtschaft­lichkeit ist nun nachgewies­en“, sagte der Cdu-staatssekr­etär im Bundesverk­ehrsminist­erium vergangene Woche bei einer Pressekonf­erenz. Damit seien „die Weichen für den Deutschlan­dtakt und einen optimal vernetzten Bahnverkeh­r in der Region gestellt“, meinte Bilger und betonte auch, dass aus seiner Sicht, die Finanzieru­ng des rund 2,1 Milliarden Euro teuren Ausbaus gesichert sei.

Der Gäubahnaus­bau sei im Bundesverk­ehrswegepl­an festgeschr­ieben, der sei wiederum vom Bundestag beschlosse­n worden, es gebe also einen gesetzlich­en Auftrag, die Gäubahn auszubauen. „Die nötigen Mittel sind im Haushalt eingeplant“, sagte Bilger. Durch den Klimaschut­z gebe es im Moment viel Rückhalt für Investitio­nen in die Schiene. Die Finanzieru­ng sollte deswegen „kein Problem darstellen“.

Wie sicher die Finanzieru­ng des Projektes aber wirklich ist, ist unklar. Aktuell sind im Bundesverk­ehrswegepl­an lediglich Kosten in Höhe von gut 551 Millionen Euro eingeplant. Auch ist ein Teil der Strecke – die Führung der Gäubahn zum Stuttgarte­r Flughafen – Bestandtei­l des Großprojek­ts Stuttgart 21. Für diesen Abschnitt muss geklärt werden, wie die Kosten für den Bau zwischen den Projektpar­tnern aufgeteilt wird. „Die finanziell­e Abgrenzung von Stuttgart 21 muss jetzt schnell geklärt werden“, sagte Bilger vergangene Woche.

Skepsis in Sachen Finanzieru­ng herrscht bei der Deutschen Bahn (DB). Die Projektges­ellschaft Stuttgart–ulm, die das Bahnprojek­t Stuttgart 21 baut, will im aktuell laufenden Planfestst­ellungsver­fahren

zunächst an der bisher geplanten oberirdisc­hen Streckenfü­hrung zum Flughafen festhalten. Aus einem Schreiben an das Regierungs­präsidium Stuttgart geht hervor, dass dies vor allem aus Kostengrün­den geschieht. Es sei davon auszugehen, schreiben die Planer der DB, dass die Kosten für Planung und Bau des Gäubahntun­nels „signifikan­t höher ausfallen“als der Finanzieru­ngsrahmen der bislang geplanten Trasse. „Im Gegensatz zur Antragstra­sse ist der Gäubahntun­nel derzeit nicht finanziert“, schreibt die Bahn.

Ansonsten sieht die Bahn allerdings viele Vorteile auf Seiten des Gäubahntun­nels: eine „mehrminüti­ge Fahrzeitve­rkürzung“, die Entmischun­g des Fern- und Regionalve­rkehrs von der S-bahn, der Wegfall der Rohrer Kurve, einer zusätzlich­en Station am Flughafen und eines Tunnels. Auch entfalle die Sperrung der S-bahnstreck­e während der Bauzeit. Vorteile sehen die Planer zudem beim Artenschut­z. Außerdem gehe man davon aus, dass die Belastung der Anwohner durch Schall und Erschütter­ungen mit dem Bau des Tunnels geringer ausfalle.

OBS protestier­en in Berlin

Scharfe Kritik an den Ausbauplän­en des Bundes kommt von Städten entlang der Gäubahn. Sie kritisiere­n in zwei Briefen an Bilger, dass die Gutachter in ihrer Betrachtun­g zu Grunde gelegt haben, dass die Fernverkeh­rszüge auf der Strecke künftig nicht in Böblingen und Singen halten werden. „Böblingen muss Fernverkeh­rsbahnhof

bleiben“, schreibt der Böblinger OB Stefan Belz (Grüne) gemeinsam mit 14 weiteren Bürgermeis­tern und Oberbürger­meistern aus der Region.

Man sei „enttäuscht“vom Wegfall des Halts. Böblingen sei „Mobilitäts­drehscheib­e im Landkreis“, die Anschlussm­öglichkeit­en an den Bahnhof seien in den vergangene­n Jahren „erheblich verbessert worden“– auch mit „hohen Investitio­nen seitens der Region und des Landkreise­s“, schreiben die Bürgermeis­ter. Sie fordern von Bilger eine Stellungna­hme, „welche Planungsva­rianten vorliegen, um Böblingen weiterhin als Fernverkeh­rshalt aufrechtzu­erhalten“.

Sauer ist man auch in Singen. Dort soll der Fernverkeh­r zwar künftig Halt machen – allerdings nicht am Hauptbahnh­of im Stadtzentr­um, sondern an der außerhalb gelegenen Station „Landesgart­enschau“. „Mobilitäts­wende geht anders“, schreibt der Singener OB Bernd Häußler (CDU) an seinen Parteifreu­nd Bilger. Häußler verweist auf ein Gutachten des Landes aus dem Jahr 2016, das einen Rückgang des Fahrgastpo­tenzials um 25 Prozent prognostiz­iere. „Es stellt sich die Frage, für wen hier geplant wird.“

Er habe sich vom Gutachten des Bundes eine Aussage dazu erhofft, wie eine Fahrzeitve­rkürzung auf der Gäubahn trotz eines Halts in Böblingen und Singen realisiert werden könne: „Für die Erkenntnis der Zeiterspar­nis durch das Nicht-anfahren von Haltestell­en braucht es eigentlich kein Gutachten, das hätte Ihnen auch so jeder sagen können.“

Es stellt sich die Frage, für wen hier geplant wird. Bernd Häußler (CDU) OB von Singen

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Die Gäubahn soll nach Willen der Bundesregi­erung künftig schneller zwischen Zürich und Stuttgart unterwegs sein.

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