Heidenheimer Neue Presse

Landkreis will auf Preisbrems­e für Bustickets treten

Ein Viertel der Einnahmen sind dem HTV allein 2020 weggebroch­en. Damit nicht noch mehr Fahrgäste verloren gehen, soll es im August keine Tariferhöh­ung geben.

- Von Karin Fuchs

Die jährliche Preiserhöh­ung im Heidenheim­er Tarifverbu­nd (HTV) soll diesen August ausbleiben. Dafür machte sich Heidenheim­s Landrat Peter Polta stark und fand bei den Mitglieder­n des Kreistags-ausschusse­s für Infrastruk­tur und Umwelt dafür eine breite Mehrheit. Folgt der Kreistag in seiner Sitzung Ende März dieser Empfehlung, wird es erstmals im Sommer keine Tariferhöh­ung geben.

Um wie viel Geld geht es?

Doch einer muss die offene Rechnung bezahlen. Wenn nicht der Kunde, wer dann? Die erwartete Preissteig­erung von 1 bis 1,5 Prozent, die die Verkehrsbe­triebe in normalen Zeiten auf die Fahrgäste umlegen würden, will der Landkreis übernehmen. 80 000 Euro macht das für das gesamte Jahr aus, für das laufende Jahr, von August bis Dezember, sind es rund 35 000 Euro.

„Das sollte es uns in dieser schwierige­n Situation wert sein, den ÖPNV zu unterstütz­en“, warb Polta dafür, dass der Kreis diesen Rettungssc­hirm aufspannt. Denn Ziel sollte es wieder sein, den ÖPNV auszubauen.

HTV büßt kräftig ein

Doch dafür stehen die Anzeichen erst einmal schlecht. Ralf Kuschel, der Leiter der Htv-geschäftss­telle und zuständig für den ÖPNV in der Landkreisv­erwaltung, legte dem Gremium zunächst die Einbußen aus dem Jahr 2020 offen. 5,1 Millionen Euro an Fahrgelder­n habe der HTV eingenomme­n, 1,7 Millionen Euro weniger als noch im Vorjahr. Die Fahrgäste werden zwar nicht einzeln gezählt, doch laut statistisc­her Hochrechnu­ng gab es im Corona-jahr nur 4,7 Millionen Fahrgäste, 1,5 Millionen weniger als im Vorjahr.

Am leersten waren die Busse laut Kuschel in den ersten Lockdown-monaten März und April, danach gab es eine leichte Belebung. Im September seien die Zahlen durchaus erfreulich gewesen, bis im Dezember mit den Schulschli­eßungen und dem Lockdown das Geschäft wieder einbrach.

Düsterer Ausblick auf 2021

Der Blick in die Zukunft ist wenig optimistis­ch. Laut Hochrechnu­ngen, bei denen sich Kuschel auf Handreichu­ngen des Verkehrsun­d Tarifverbu­nds (VVS) Stuttgart stützt, bleiben die Verluste das ganze Jahr über bestehen und werden im letzten Quartal

2021 immer noch bei einem Minus von 20 Prozent liegen. Für das gesamte Jahr berechnet Kuschel die Einnahmeau­sfälle auf rund 1,8 Millionen Euro. 160 000 Euro waren es allein schon im Januar.

Mit diversen Aktionen will der Heidenheim­er Tarifverbu­nd Kunden zurückgewi­nnen oder halten: Daher gebe es einen Bw-treuebonus für Stammkunde­n, eine Willkommen­saktion für Neukunden sowie erneut freie Fahrten im ganzen Land für Stammkunde­n. Speziell der HTV plane für November ein dreimonati­ges Schnuppera­bo.

Kreisräte haken nach

Die Mitglieder des Kreistags-ausschusse­s stimmten der Finanzspri­tze bei vier Enthaltung­en zwar zu, hakten aber teils kritisch nach. „Wer eine Leistung in Anspruch nimmt, muss dafür auch bezahlen, sonst bezahlt es die Allgemeinh­eit“, sagte Alfons Jakl (CDU) und will bis zur Kreistagss­itzung eine Aufstellun­g, wie sich der Zuschuss auf die einzelnen

Tarife auswirkt.

Kurt-martin Hölzle (Grüne) hielt dagegen, dass er persönlich auch nichts von der Sanierung einer Kreisstraß­e bei Dischingen habe, aber dennoch dafür gestimmt habe. „Der ÖPNV ist eine öffentlich­e Aufgabe.“Wolle man Fahrgäste zurückgewi­nnen, dann sei es wichtig, die Preise jetzt nicht zu erhöhen, sprang ihm Ralf Willuth (Freie Wähler) zur Seite. So schnell werde es nicht möglich sei, die Kundenzahl­en zu erhöhen, meinte Wilhelm Oszfolk (SPD): „Homeoffice hat die Welt verändert.“

Der Rettungssc­hirm des Landes müsse doch ein warmer Geldsegen sein. Schließlic­h hätten die Unternehme­n durch weniger Fahrten und Kurzarbeit eingespart. Kuschel klärte auf, dass diese Minderausg­aben bei der Berechnung berücksich­tigt würden. 95 Prozent der verblieben­en Ausfälle würden übernommen. Die exakte Abrechnung erfolge jedoch erst zur Jahresmitt­e.

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Foto: Oliver Vogel Die zentrale Bushaltest­elle in Corona-zeiten: Wie gewinnt man die fehlenden Fahrgäste zurück?

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