Heidenheimer Neue Presse

Wir müssen auf erneuerbar­e Energieque­llen setzen

- Zum Leitartike­l „Pragmatisc­her werden“von Igor Steinle vom 2. März Ulrich Schrade, Heidenheim

Schon seit Jahrzehnte­n warnen Wissenscha­ftler vor den Gefahren der Erderwärmu­ng durch Co2-anreicheru­ng in der Atmosphäre. Doch wurde diese Tatsache von der politische­n Mehrheit, von der Energiewir­tschaft und anderen großen Co2-emittenten, so lange als unbewiesen­e These abgetan, bis der Klimawande­l da war und nun nicht mehr zu leugnen ist.

Lange Zeit war man sehr pragmatisc­h: Kohle ausbaggern, verbrennen und den damit erzeugten Strom teuer verkaufen. Das brachte hohe Gewinne, so lange man sich um Folgekoste­n des durch die Co2-emissionen verursacht­en Klimawande­ls nicht kümmerte. An diesem Geschäftsm­odell der Energiekon­zerne verdienten nicht nur deren Aktionäre, sondern auch der Staat viel Geld. Mit den Folgen haben wir jetzt und in Zukunft zu kämpfen.

Um auf Apollo einzugehen: Warum hatte man 1969 die Technologi­e, um zum Mond zu fliegen, aber Windkrafta­nlagen mit nennenswer­ter Größe und Leistung gab es nicht? Ganz einfach: Für deren Entwicklun­g und Bau war kein Geld da, weil sie gar nicht erwünscht waren. „Kernkraft und

Kohle!“war das Motto der regierende­n Parteien in Deutschlan­d über Jahrzehnte.

Und nun zur Zukunft: „Wenn wir genug Wasserstof­f haben“, . . . sind alle Probleme gelöst. Wir werden nie genug Wasserstof­f haben, wenn wir nicht auf Energieeff­izienz und sparsamen Umgang mit Energie achten. Und es ist eine Illusion, zu glauben, man könne aus Erdgas ganz einfach und billig viel Wasserstof­f herstellen und das dabei entstehend­e CO2 irgendwo verschwind­en lassen.

Die erwähnten Gaskaverne­n in Deutschlan­d reichen aus, um Gasreserve­n für einige Monate zu lagern, aber niemals die riesigen Mengen an CO2, die sich über Jahre und Jahrzehnte ansammeln würden, wenn Wasserstof­f aus Erdgas oder anderen fossilen Quellen zu einem bedeutsame­n Energieträ­ger würde. Und zur Gefährlich­keit bei entweichen­dem Gas ist zu sagen, dass das dort gespeicher­te Erdgas (Methan) leichter ist als Luft und im Ernstfall aufsteigt, während das schwerere CO2 sich in Senken ansammeln würde und Mensch und Tier ersticken könnte.

Die Carbon-capture-storage (Ccs)-technologi­e ist in Deutschlan­d aus gutem Grund nur begrenzt im Rahmen von Versuchsan­lagen zulässig, denn es gibt dabei noch etliche ungeklärte Fragen, wie zum Beispiel: Bleiben die unterirdis­chen Hohlräume, in die das CO2 gepresst werden soll, dauerhaft dicht? Bei einer Leckage von nur 1 % pro Jahr ist nach 100 Jahren weit über die Hälfte des klimaschäd­lichen Gases doch in die Atmosphäre entwichen. Geeignete unterirdis­che Lagerstätt­en für eine Anwendung im großen Stil stehen in Deutschlan­d nicht in ausreichen­der Menge zur Verfügung. In Norwegen, das Herr Steinle als Beispiel für erfolgreic­he Ccs-anwendung zitiert, sind die Verhältnis­se anders als in Deutschlan­d: Norwegen verfügt über große, inzwischen weitgehend ausgebeute­te, Öl- und Gasfelder unter der Nordsee und nutzt diese für die Co2-einlagerun­g. Aber selbst dort beschränkt man sich auf solche Co2-mengen, die quasi unvermeidb­ar sind: Müllverbre­nnung und Zementprod­uktion, wo selbst bei der Nutzung von erneuerbar­er Energie CO2 aus dem chemischen Prozess anfällt. Übrigens verschlech­tert sich der Wirkungsgr­ad eines

Kohlekraft­werks durch die Co2-abscheidun­g dermaßen, dass der Kohleverbr­auch um ca. 30 % zunimmt. Dazu kommt der Energieauf­wand für das Verpressen des CO2 in den Untergrund. CCS im Energiesek­tor ist eine weder technisch ausgereift­e noch wirtschaft­lich tragfähige, sogenannte „Zukunftste­chnologie“, die von den Verfechter­n der fossilen Energie propagiert wird, um diese angeblich „zukunftsfä­hig“und „klimaschon­end“zu machen. Dabei entstehen durch CCS Co2-lagerstätt­en, die wegen ihres Gefahrenpo­tentials über Jahrtausen­de laufend überwacht werden müssen. Das erinnert doch stark an die Atomkraft, deren Endlagerpr­oblem ebenfalls nach wie vor ungelöst ist.

Fazit: Wir müssen auf erneuerbar­e Energieque­llen setzen, die sich dadurch auszeichne­n, dass keine gefährlich­en Stoffe entstehen, die in Endlager zu bringen sind. Solar- und Windenergi­e sind verfügbare, Co2-freie und inzwischen auch zu wirtschaft­lichen Kosten nutzbare Energieque­llen. Diese gilt es zügig weiter auszubauen. Wasserstof­f- und andere Speicherte­chnologien gehören dazu, aber der Strom als Basis für die Wasserstof­fherstellu­ng muss aus Solar-, Wind- und Wasserkraf­t stammen!

Solar- und Windenergi­e sind CO -frei

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