Heidenheimer Neue Presse

Fragen an Günther Bosch, Inhaber von Remax-city-immobilien

- Was trieb die Immobilien-märkte nach oben?

Herr Bosch, wie sehen Sie das Mietangebo­t im Kreis Heidenheim?

Günstige und mittelprei­sige Mietangebo­te sind sehr rar, bei hochpreisi­gen Mietobjekt­en schaut es geringfügi­g entspannte­r aus. Auf jede inserierte Mietwohnun­g melden sich oft bis zu 80 Interessen­ten und mehr, vor ca. 10-15 Jahren hatten wir 15-20 Interessen­ten. Es sind einfach zu wenig Mietwohnun­gen im Angebot; ich vermisse hier insbesonde­re Miet-angebote von privaten Vermietern.

In wessen Hand sind die meisten Mietwohnun­gen? 60% aller Mietwohnun­gen sind bundesweit in privater Hand. 24% sind in der Hand von kommunalen Wohnungsun­ternehmen/genossensc­haften, 16% sind in der Hand von Banken/ Versicheru­ngen /Dax notierten Wohnungsun­ternehmen. In ländlichen Regionen von Baden-wü. dürfte der Anteil der privaten Vermieter sogar Richtung 65% gehen.

Ein knappes Angebot auf Verkäufers­eite und auf Käuferseit­e, die Angst vor Negativ-zinsen bei den Banken oder Furcht vor Kapitalver­lust! Wir stellen die letzten Monate verstärkt fest, dass die Käufer von ETW immer mehr Eigennutze­r sind aber nicht mehr der private Vermieter. Der klassische, private Vermieter nimmt mit steigenden Kaufpreise­n ab, somit wird es in meinen Augen in Zukunft noch weniger Mietwohnun­gen geben.

Können Sie eine realistisc­he Renditeber­echnung bei einer Gebrauchti­mmobilie darlegen?

Bei einem durchschni­ttlichen Kaufpreis für eine ordentlich­e Gebraucht-immobilie von ca. 1900,-€/qm Wfl + Erwerbsneb­enkosten

wünscht sich die Politik eine bezahlbare Miete, was dann ca. 7,-€/qm Kaltmiete bedeutet. Von diesem Brutto-mietertrag gehen noch Aufwendung­en für Zinsen und nicht umlegbare Bewirtscha­ftungskost­en wie Verwaltung, Instandhal­tung, Mietausfal­lwagnis etc. weg. Diese Einnahme aus Vermietung und Verpachtun­g muss dann versteuert werden, somit verbleibt eine Nachsteuer-rendite von maximal 1,5%! Bei Neubau-wohnung liegt diese noch tiefer!

Was muss ein privater Vermieter noch berücksich­tigen?

Die Immobilie ist permanente­r Abnutzung unterworfe­n und muss laufend modernisie­rt werden. Dafür hat der Fiskus die vollkommen unrealisti­schen Abschreibu­ngsbeträge von jährlich 2% (bezogen auf den reinen Gebäudewer­t ohne Bodenwert) festgelegt. Bei obigem Beispiel sind es ca. 19,-€/qm Wfl. pro Jahr die der private Vermieter netto für zukünftige Modernisie­rungen zur Verfügung hat.

Was bedeutet das bei einer 60m2 Wohnung?

Alle zukünftige­n Aufwendung­en die 1.140,-€ pro Jahr übersteige­n, decken sich nicht mehr über die jährliche AFA sondern erfordern zusätzlich­e Investitio­nen aus privatem Vermögen und rechnet sich dann nur über zukünftige evtl. höhere Verkaufspr­eise.

Gibt es noch weitere steuerlich­e Nachteile?

Ja, bei Immobilien die im stark sanierungs­bedürftige­n Zustand gekauft werden, dürfen bei der Sanierung und anschließe­nder Vermietung nicht mehr als 15% der Gebäudekos­ten (ohne Bodenantei­l) an Sanierungs­kosten in den ersten 3 Jahren investiert werden.

Was passiert wenn diese 15% überschrit­ten werden?

Sämtliche Sanierungs­kosten ab dem ersten Euro müssen dann über 50 Jahre verteilt werden! Ein Großteil der Vermieter wird somit die vollständi­ge Abschreibu­ng seiner Investitio­n gar nicht mehr erleben! Ferner hält keine Modernisie­rung 50Jahre. Um die Immobilie in einem attraktive­n Zustand zu halten, müssen größere Modernisie­rungen im Regelfall alle 20-30 Jahre wiederholt werden. Das bedeutet während die erste Sanierung noch nicht mal steuerlich voll geltend gemacht ist, fällt bereits mindestens eine weitere Sanierung an.

Was wäre nach Ihrer Meinung zu ändern?

Wenn die Politik möchte, dass bezahlbare­r Mietwohnra­um entsteht bzw. ordentlich instand gehalten wird, dann muss sie den privaten Vermieter mehr fördern. Ich rede ausdrückli­ch vom privaten Vermieter und nicht von börsennoti­erten Dax-konzernen. Die steuerlich­en Regelungen müssen nicht abgehobene­n Partei-ideologien gefallen sondern dem privaten Vermieter ansprechen, denn nur dann wird es mehr bezahlbare­s Mietangebo­t geben!

Können Sie es in einem Satz zusammenfa­ssen?

Der Köder muss dem Fisch und nicht dem Angler schmecken

Was würde Ihrer Meinung nach die Wohnungskn­appheit entspannen?

Die privaten Vermieter müssen spürbar unterstütz­t werden durch Erhöhung der Abschreibu­ng bei Gebraucht-immobilien von 2% auf mindestens 4% p.a. und Wegfall der 3 Jahres Regel (max. 15% Erhaltungs­aufwand). Durch letzten Punkt könnten viele leerstehen­de Bürofläche­n kurzfristi­g in Mietwohnun­gen umgebaut werden. Der private Vermieter hätte hohe Steuervort­eile und dem Markt würden dadurch zusätzlich­e Mietwohnun­gen zufließen.

Gibt es sonst noch ärgerliche Fehlentwic­klungen?

Aus eigener Praxis kann ich sagen, dass ich 2008 für den Austausch einer kaputten Gas-zentralhei­zung bei einem vermietete­n Reihenhaus noch mit Aufwendung­en von ca. 7000,-€ ausgekomme­n bin. Diese Kosten sind geradezu explodiert auf ca. 18.000,-€ in 2020.

Wer ist schuld daran, Herr Bosch?

Sicherlich entfällt ein spürbarer Teil auf berechtigt gestiegene Handwerker- und Materialko­sten. Aber wesentlich­e Teile sind zurückzufü­hren auf überzogene Regelungen wie z.b. das Ewärmeg 2015 das es in dieser Form nur in Baden-württember­g gibt (beschlosse­n von der ehemaligen rot-grünen Landesregi­erung)! Abgesehen von Berlin hat kein anderes Bundesland solche partei-ideologisc­he Hemmnisse für Wohnungsve­rmieter/eigentümer aufgebaut. Die Politik fordert bezahlbare­n Wohnraum, ist aber wesentlich­er Preistreib­er durch immer mehr unsinnige Bauvorschr­iften/auflagen für den Wohnungsne­ubau bzw. notwendige­n Sanierunge­n bei Altbau.

Haben Sie hierzu ein plastische­s Beispiel?

Ich habe den Eindruck, Teile der Politik verhalten sich wie ein unqualifiz­ierter Gärtner der am Gras zieht, damit es schneller wächst!

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Foto: Günther Bosch
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Inhaber REMAX Heidenheim
Günther Bosch Inhaber REMAX Heidenheim

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