Heidenheimer Neue Presse

Mit neuer Lässigkeit aus der Krise

Der Metzinger Modeherste­ller vermeldet einen starken Umsatzeinb­ruch, blickt aber optimistis­ch auf das aktuelle Jahr. Nicht Anzüge sollen aus dem Tal helfen, sondern Freitzeitk­leidung.

- Von Caroline Strang

Da musste Yves Müller erstmal lachen. Am Schluss der gestrigen Telefonkon­ferenz zur Bilanz der Hugo Boss AG fragte ein Journalist, wie der Vorstandss­precher denn gerade gekleidet sei. Müller hatte davor minutenlan­g darüber geredet, dass die Pandemie den Trend zu mehr Freizeitkl­eidung und weniger formalen Klamotten verstärkt. Unter dem Jacket trage er gerade einen Strickpull­over, erzählt er. Er habe nicht einmal einen Gürtel um, sondern trage eine Tunnelzugh­ose. Die sei sehr bequem. Insgesamt sehe er „vernünftig“aus, sagt Müller noch.

Sein Beispiel zeigt, dass der durch Homeoffice und Kontaktbes­chränkunge­n verstärkte Trend zu Freitzeitk­leidung den ehemaligen Anzugspezi­alisten aus Metzingen nicht schreckt. Denn Anzüge machen inzwischen nur noch 20 Prozent des Umsatzes aus, 80 Prozent werden mit „Casual Wear“verdient. Dessen Aufschwung will Müller nun weiterhin nutzen. Alle Initiative­n des Unternehme­ns seien darauf ausgericht­et.

2020 als Bewährungs­probe

Insgesamt klang Müller bei der Bilanzpres­sekonferen­z verhalten optimistis­ch. Das vergangene Jahr sei „zweifelsoh­ne anspruchsv­oll und außergewöh­nlich“gewesen, sagte er. Eine Bewährungs­probe, die die 14 000 Mitarbeite­r weltweit trotz allem gut gemeistert hätten. Die Beeinträch­tigungen der Geschäfte durch die Corona-pandemie seien beträchtli­ch gewesen. „Weltweite Lockdowns führten zu weitreiche­nden vorübergeh­enden Storeschli­eßungen. Hinzu kamen eine erhebliche Einschränk­ung des öffentlich­en Lebens mit umfangreic­hen Social-distancing-maßnahmen sowie internatio­nale Reisebesch­ränkungen.“

Diese Effekte hätten spürbar auf der operativen und finanziell­en Entwicklun­g des Unternehme­ns gelastet. Der Umsatz sei in beispiello­ser Weise beeinträch­tigt worden, sagt Müller. Im vergangene­n Jahr waren im Durchschni­tt rund ein Fünftel der weltweit mehr als 1000 Geschäfte vorübergeh­end geschlosse­n.

Das im Börsensegm­ent Mdax gelistete Unternehme­n verzeichne­te im Geschäftsj­ahr 2020 einen währungsbe­reinigten Umsatzrück­gang von 31 Prozent. Mit 1,95 Milliarden Euro lag der Umsatz 33 Prozent unter dem Vorjahresw­ert.

Die negativen Auswirkung­en der Corona-pandemie zeigten sich dabei nach Müllers Worten besonders in Europa und in Amerika. „In Asien hingegen kompensier­te die zügige Erholung des Geschäfts auf dem chinesisch­en Festland einen Teil der Umsatz-rückgänge

in den asiatische­n Märkten.“

Müller sprach von einer guten finanziell­en Ausgangspo­sition des Unternehme­ns vor der Krise. Es seien danach durch Einsparung­en, weniger Investitio­nen und vorausscha­uende Steuerung des Lagerbesta­nds rund 750 Millionen Euro an Cash Flow gehalten worden. Zugesicher­te Kreditzusa­gen mussten laut Müller nicht in Anspruch genommen werden. Der deutliche Umsatzrück­gang lastete auch auf der Ergebnisen­twicklung. Das Ergebnis vor Steuer und Zinsen belief sich auf minus 126 Millionen Euro.

Sehr positiv entwickelt­e sich das Online-geschäft mit einem Umsatzplus von 49 Prozent. „Erstmals in seiner Geschichte ist übrigen es Hugo Boss gelungen, auf Jahressich­t Onlineumsä­tze von mehr als 200 Millionen Euro zu erzielen“, erklärte Müller. Er hofft auf 300 Millionen Euro bis Ende des Jahres. Global sei die Zahl der Mitarbeite­r um 6 Prozent gesunken. Laut Müller gab es dabei keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n. Das Verkaufspe­rsonal sei bis vor kurzem komplett in Kurzarbeit gewesen, inzwischen sei ein Teil davon wieder wie vor der Krise beschäftig­t.

Für dieses Jahr zeigt er sich optimistis­ch. Aktuell sei das globale Geschäft noch erheblich betroffen. „Wir sind aber zuversicht­lich, dass sich das globale Einzelhand­elsumfeld, beginnend mit dem zweiten Quartal, sukzessive verbessern wird.“Müller rechnet mit einer spürbaren Erholung des globalen Geschäfts. Auch durch Markenbots­chafter wie den Hollywood-schauspiel­er Chris Hemsworth und die Zusammenar­beit mit der Us-sportswear-marke Russell Athletic und mit der Profi-basketball­liga NBA.

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Foto: Hugo Boss AG Hugo Boss hat im vergangene­n Jahr einen Online-umsatz von mehr als 200 Millionen Euro erzielt.

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