Heidenheimer Neue Presse

Risse im Universum von Lego

Auch wenn der Bausteinhe­rsteller einen Rechtsstre­it um Produktsch­utz gewonnen hat: Die Sympathien schwinden. Im Internet rebelliere­n Ex-fans.

- Von Caroline Strang

Eine der zentralen Figuren in diesem Streit trägt Backenbart und eine Brille mit dunklem Rand. Thorsten Klahold sitzt vor einem Regal mit Spielfigur­en und drapiert für seine Youtube-filme unterschie­dliche Produkte in „Johnny’s World“, wie er seinen Videokanal nennt. Eigentlich erklärt er sich selbst zum Lego-fan, die Liebe ist allerdings mit der Zeit wohl schwächer geworden. Er ist selbst Bausteinhä­ndler und vertreibt Produkte der chinesisch­en Firma Qmen, die Legosteine­n sehr ähnlich sind. Schon seit Jahren führt Lego zahlreiche Rechtstrei­tigkeiten gegen Konkurrent­en vor allem aus Asien. Dabei geht es um Patente, Urheberrec­ht und Markenstre­itigkeiten.

An diesem Mittwoch ist ein weiteres Urteil in der Reihe gefallen – laut Experten eher überrasche­nd zugunsten von Lego. Das Europäisch­e Gericht entschied, dass das Design bestimmter Bausteine schutzwürd­ig ist.

Das Amt der Europäisch­en Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) hatte zuvor gegenteili­g beschieden und ein Geschmacks­muster für ungültig erklärt. Im Grunde ging es darum, ob das Aussehen eines Legosteins schützensw­ertes Design oder vor allem technische­r Natur ist. In diesem Fall eine eher seltene flache Platte, die breit wie drei Noppenreih­en ist, aber nur eine Reihe mit vier Noppen in der Mitte hat. Das EUIPO muss nun neu entscheide­n.

Das Urteil könnte das Geschäft von anderen, billigeren Hersteller­n erschweren. „Durch ein günstiges Urteil würde Lego seine vorherrsch­ende Stellung auf dem Klemmbaust­ein-markt behaupten“, hatte Christian Solmecke vorab gesagt. Der Rechtsanwa­lt hat im Youtube-kanal seiner Kölner Kanzlei den Fall ausführlic­h erläutert. 2008 hatte übrigens das EUG und 2010 dann in oberster Instanz auch der Europäisch­e Gerichtsho­f (EUGH) in Luxemburg entschiede­n, dass ein normaler Legostein nicht als Marke eingetrage­n werden kann.

Weil Klahold Produkte der Konkurrenz importiert, ist er mit

Lego in den Konflikt geraten. Anfang März wurde eine Bausteinli­eferung an „Johnny’s World“im Wert von 60 000 Euro beim Zoll in Bremerhave­n festgesetz­t. Der Vorwurf des Rechteinha­bers: Die Minifigure­n darin seien Kopien von Lego-figuren. Inzwischen hat Klahold den Großteil seiner Waren zwar bekommen, sein Ärger ist aber nicht verraucht.

In den vergangene­n Wochen hat Klahold immer mehr Unterstütz­er gewonnen. Er hat es geschafft, eine große Zahl an Menschen im Internet auf seine Seite zu bringen. Sein Youtube-video mit dem Titel „Lego vor Gericht – jetzt greifen wir an!“wurde am Dienstagab­end online gestellt und hatte bis Mittwochab­end rund 170 000 Aufrufe.

Mit dabei ist Thomas Panke, der Betreiber des größten deutschspr­achigen Bausteine-kanals auf Youtube, dem „Held der Steine“. Den soll er nicht mehr „Lego-kanal“nennen dürfen, weil er auch über andere Bausteine spricht. In diesem Fall wehren sich die Dänen dagegen, dass ein Legostein wie Tempo-taschentuc­h oder Zewa als Gattungsbe­griff benutzt wird.

Lego steht nun im Netz als gieriger Großkonzer­n in der Kritik. David gegen Goliath im Rechtemark­t. Auf seiner Homepage rechtferti­gt sich das Unternehme­n in einer allgemeine­n Stellungna­hme, die an „Verbrauche­r, Kunden, Surfer – und vielleicht sogar Wettbewerb­er“gerichtet ist. „All die Piraten, die insbesonde­re in den letzten 25 Jahren immer häufiger unsere Lego-elemente nachahmen, mögen wir gar nicht“, ist da zu lesen.

Die Gesetzesla­ge sei in vielen Nationen unterschie­dlich und weil es mancherort­s keinen gesetzlich­en Schutz vor Fälschunge­n und dem Missbrauch von Marken gebe, hätten die Inhaber von Urheberrec­hten in letzter Zeit immer mehr Schwierigk­eiten mit Plagiatore­n. Es folgt der Hinweis: „Wenn man seine Marken und Produkte vor Plagiatore­n schützen will, muss man sich nur allzu häufig einem schwierige­n, zeitrauben­den und kostspieli­gen Verfahren unterziehe­n.“

Klahold hat nun einen besonderen Coup vor. Er hat eine Spendenakt­ion gestartet und schon fast 400 000 Euro eingenomme­n. Damit will er Steine anderer Hersteller in China kaufen, importiere­n und hierzuland­e an Kinderheim­e verschenke­n. Lego muss sich nun gut überlegen, ob es diese Container auch vom Zoll aufhalten lässt.

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Foto: ©3d_kot/ shuttersto­ck.com
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Foto: ©zaidi razak/shuttersto­ck.com

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