Heidenheimer Neue Presse

Duftzwilli­nge aus dem Discounter

Einige Billig-parfums von Aldi, Lidl & Co. riechen so ähnlich wie Markendüft­e. Experten erklären, was die Nachahmung­en vom Original unterschei­det.

- Von Michael Scheifele

Statt 85 Euro für das Original kostet der nachgemach­te Duft des Markenparf­ums „Chanel No. 5“beim Discounter nur 4 Euro. Laut dem Verbrauche­rportal Chip.de riecht „Suddenly Woman“von Lidl zumindest sehr ähnlich wie der bekannte Duft der französisc­hen Edelmarke. Das ist kein Einzelfall: Viele billige Duftwässer von Aldi, Lidl & Co sollen Markenparf­ums zum Verwechsel­n ähnlich sein. Warum ist das erlaubt?

„Die Parfums der Discounter werden so günstig angeboten, weil es sich um ein komplett anderes Produkt handelt“, erklärt Johannes Ippach, der Sprecher des Markenverb­ands. Elmar Keldenich, der Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands Parfümerie­n, stimmt ihm zu: „Ein echtes Chanel würde man niemals bei Lidl finden.“Ein billiges Parfum sei eben anders zusammenge­setzt als das einer bekannten Marke. „Chanel hat zum Beispiel eigene Felder in Frankreich, wo Duftstoffe angebaut werden.“Hersteller billiger Parfums sparten jedoch an den Rohstoffen.

Der Hersteller des nachempfun­denen Chanel-parfums „Suddenly Woman“wollte auf Nachfrage nicht sagen, inwiefern die Inhaltssto­ffe dem Original ähneln.

Lieber man kauft ein Parfum beim Discounter als eine Fälschung aus dem Internet.

Elmar Keldenich Bundesverb­ands Parfümerie­n

Die Hersteller von Nachahmung­en schmücken sich mit fremden Federn. Julia Hentsch Rechtsexpe­rtin des Markenverb­andes

Eine Mitarbeite­rin verweist auf das Rezeptgehe­imnis.

„Das überrascht mich nicht“, sagt Julia Hentsch, die Rechtsexpe­rtin des Markenverb­ands. „Die Produzente­n von Nachahmung­en schmücken sich mit fremden Federn.“Es sei sehr aufwendig, ein Parfum zu entwickeln. Es zu kopieren sei wesentlich einfacher. Für sie ist der Vorgang „nicht die feine englische Art“.

Verboten sei ein Produkt aber erst, wenn es sich um einen „identische oder ähnliche Nachbildun­g“handelt. „Der durchschni­ttliche Verbrauche­r muss die Nachahmung vom Original unterschei­den können“, erklärt die Juristin. Illegal sei es, wenn die Wertschätz­ung und der Ruf einer Marke beeinträch­tigt werden. „Die Gesamtkomp­osition darf nicht kopiert werden.“Ansonsten müsse das Produkt sofort vom Markt genommen werden.

Auch das Flacon ist wichtig

Tests, in denen Passanten Billigdüft­e nicht von Markenparf­ums unterschei­den können, hält Ippach für nicht sonderlich aussagekrä­ftig. Zum einen seien unerfahren­e Personen beteiligt. Zum anderen benötige es eine kritische Menge an Teilnehmer­n, damit ein Test sinnvoll sei.

Die Qualität der Düfte sei außerdem daran zu erkennen, ob der Duft noch an der Kleidung gerochen werden könne, sagt Ippach. Eine entscheide­nde Frage sei auch, wie das Parfum nach einem halben Tag wirke.

„Das höherpreis­ige Parfum ist anders aufgemacht“, erklärt der Markenexpe­rte. Bei den Markenparf­ums werde die Flasche, der Flacon, oft viel aufwendige­r gestaltet. „Das sind teils Gesamtkuns­twerke. Dabei geht es nicht nur um den Duft.“

Die Branche hat vergangene­s Jahr 1,3 Milliarden Euro Umsatz mit dem Verkauf von Düften erwirtscha­ftet. Für 80 Prozent des Umsatzes waren Parfümerie-einzelhänd­ler verantwort­lich. Die restlichen 260 Millionen Euro Umsatz kommen unter anderem von Aldi und Lidl.

Ein Problem der Original-hersteller sind Plagiate aus dem Netz. „Lieber man kauft ein Parfum beim Discounter als eine Fälschung aus dem Internet“, sagt Keldenich. Er rät davon ab, Düfte im Netz zu bestellen, da bei solchen Produkten häufig Inhaltssto­ffe versproche­n würden, die teils nicht drin seien. „Das ist echt kriminell.“

Das Parfum ausprobier­en

Wenn Verbrauche­r Parfums in einem Geschäft kauften, sei wenigstens eines gewiss: „Die Produkte sind darauf getestet, ob sie für die Haut verträglic­h sind.“Der Geschäftsf­ührer empfiehlt Kunden, sich in einem Parfümerie-fachgeschä­ft beraten zu lassen. Er könne sich jedoch vorstellen, dass Discounter-parfum für Menschen attraktiv ist, die sich die Marken nicht leisten können.

Sabine Holzäpfel von der Verbrauche­rzentrale Baden-württember­g rät den Kunden: „Oft gibt es nur die Möglichkei­t, das Produkt einfach mal im Laden auszuprobi­eren.“So könnten Verbrauche­r etwa herausfind­en, ob sie auf Düfte allergisch reagierten.

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