Heidenheimer Neue Presse

Warten auf die Absage

Amateurfuß­ball Aller Voraussich­t nach wird der Wfv-beirat am Freitag eine Annullieru­ng der Saison beschließe­n. Doch wie ist der Ausblick?

- Von Edgar Deibert

Nichts geht mehr im Amateurfuß­ball. In ganz Deutschlan­d? 21 Verbände gibt es unter dem Dach des Deutschen Fußballbun­des (DFB) – die meisten haben einen Abbruch, oder genauer gesagt eine Annullieru­ng, der laufenden Spielzeit aufgrund der Coronaviru­s-pandemie in die Wege geleitet.

Bis Ende März stimmten die meisten Berliner Vereine dafür, im Anschluss zog auch Niedersach­sen nach. Am Dienstag beschloss auch der Landesfußb­allverband Mecklenbur­g-vorpommern (LFV) als jüngstes Beispiel: Nichts geht mehr. Dies dürfte angesichts der weiterhin hohen Infektions­zahlen und der Diskussion über einen verschärft­en „Lockdown“nicht weiter verwundern.

Noch keine Entscheidu­ng hat der Württember­gische Fußballver­band (WFV) getroffen, in dem die Mannschaft­en aus dem Landkreis Heidenheim beheimatet sind. Doch viele Fußballer gehen davon aus, dass am morgigen Freitag der Wfv-beirat, der aus dem Wfv-vorstand sowie den 16 Bezirksvor­sitzenden besteht, in seiner virtuellen Sitzung ebenfalls eine Annullieru­ng beschließt.

Der 9. Mai als letzter Stichtag

Lange hat der WFV gehofft, dass spätestens am 9. Mai der Spielbetri­eb wiederaufg­enommen werden kann. Der Plan sah vor, dass die Vorrunden zur Ermittlung direkter Auf- und Absteiger bis 20. Juni 2021 abgeschlos­sen und im Anschluss die Relegation­sspiele ausgetrage­n werden können. Die Wertung der Vorrunden wäre sogar dann möglich gewesen, wenn mindestens 75 Prozent aller Mannschaft­en einer Staffel alle Vorrundens­piele absolviert hätten.

Doch bereits am 23. März sprach der WFV in einer Pressemitt­eilung davon, dass eine „Saisonfort­setzung immer unwahrsche­inlicher“sei. Nachdem in der vorzeitig abgebroche­nen Vorsaison nur Aufsteiger nach der Quotienten-regelung

ermittelt wurden, könnte es in dieser weder Auf- noch Absteiger geben. Laut Spielordnu­ng müssten für eine sportliche Wertung auf Basis der Quotienten-regelung 50 Prozent der Spiele absolviert worden sein. Diese Quote wird bei Weitem nicht erreicht.

Von einer Annullieru­ng gehen zumindest auch viele Vereinsver­antwortlic­he aus dem Landkreis aus. „Das mit dem 9. Mai wird wahrschein­lich nicht klappen. Es wird ja immer enger. Ich denke nicht, dass es etwas wird“, sagt

Robert Baß, einer der Abteilungs­leiter des Bezirkslig­isten SC Hermaringe­n.

Kein Abschiedss­piel für Häge?

Ähnlich sieht es der scheidende Trainer. „Es ist zwar bitter. Aber ich denke nicht, dass ich ein Abschiedss­piel mit Wettkampfc­harakter bekomme. Dafür bin ich zu sehr Realist“, so Roland Häge, der in der kommenden Saison die neugegründ­ete Spielgemei­nschaft Bachtal übernimmt. „Das mit der Saison wird erledigt sein, obwohl wir die sechs Spiele gerne noch hingekrieg­t hätten“, spielt Häge auf das WFV-ZIEL an, wenigstens die Hinrunde zu Ende zu spielen.

„Das Infektions­geschehen gibt es einfach nicht her“, sagt Thomas

Lieb mit dem Blick auf eine Fortsetzun­g der Saison. „Alles andere als eine Annullieru­ng wäre eine Überraschu­ng“, so der Trainer des Bezirkslig­isten TSG Schnaithei­m. Der Stichtag 9. Mai, der als letzter möglicher Start festgelegt wurde, sei sehr knapp, gibt Lieb zu bedenken. Zwei bis drei Wochen Vorbereitu­ngszeit seien für Amateurspo­rtler die absolute Untergrenz­e.

Dabei pausieren die Kicker bereits seit Anfang November 2020. „Natürlich tut es mir für Mannschaft­en wie den FV Unterkoche­n, der das absolut stärkste Team der Vorrunde hat, leid.“Doch der Schnaithei­mer Coach zweifelt die Aussagekra­ft einer Vorrunde an. „In der Bezirkslig­a braucht man einen langen Atem.“Dabei haben die meisten Teams gerade einmal zwölf Partien bestritten. Nicht nur aus diesem Grund bleibt Lieb der TSG erhalten. „Ich bin ja noch nicht einmal richtig da“, scherzt der 44-Jährige und fügt an: „Ich bin noch lange nicht fertig.“

„Wir gehen fest von einer Annullieru­ng aus“, sagt auch Hannes

Blank, der zusammen mit Peter Korn die Abteilungs­leitung beim FV Sontheim bildet. In der Landesliga seien die Bedingunge­n komplizier­ter. „Hier sind Teams aus verschiede­nen Landkreise­n vertreten. Jedes Team hat andere Vorgaben, die man nicht alle unter einen Hut kriegt“, so Blank.

Dabei habe man beim FV Sontheim lange auf eine Fortführun­g der Saison gehofft. „Wir würden gerne den Klassenerh­alt sportlich schaffen und beweisen, dass wir in die Landesliga gehören“, betont Blank, der einräumt: „In der letzten Saison hätten wir das nicht geschafft.“

Ein großes Problem sieht der 27-Jährige in der fehlenden Perspektiv­e. „Es ist ja kein Ende in Sicht. Und das frustriert auch. Was ist mit der kommenden Saison?“Dieser Aspekt bereitet auch

Daniel Mack Sorgen. „Es ist schon frustriere­nd und nagt auch an einem selber. Wir Trainer versuchen die Spieler bei Laune zu halten und die trainieren wiederum individuel­l ins Blaue hinein“, beklagt der Trainer des Bezirkslig­isten SG Heldenfing­en/heuchlinge­n den fehlenden Ausblick.

Bitte kein zu straffes Programm

„Im vergangene­n Jahr waren wir ruckzuck wieder auf dem Platz und haben viele Spiele in kurzer Zeit, auch unter der Woche bestritten. Da wurde von den Spielern viel abverlangt. Die Folge waren Muskelzerr­ungen und -faserrisse. Man sollte stärker auf deren Gesundheit achten“, sagt der 39-Jährige rückblicke­nd auf den straffen Spielplan für seine Mannschaft zu Saisonbegi­nn.

Insgesamt büße der Amateurfuß­ball stark ein, so Mack. „Manche älteren Spieler werden nach einem Jahr Pause nicht zurückkomm­en. Und wir dürfen uns nicht wundern, wenn talentiert­e Kinder nicht mehr auf den Fußballpla­tz zurückfind­en“, sagt Mack, der zugleich Jugendtrai­ner ist. „Das holt besonders kleinere Vereine wieder ein. Der Nachwuchs wird irgendwann mal fehlen.“

Wir gehen fest von einer Annullieru­ng aus. Hannes Blank Abteilungs­leiter FV Sontheim

Das Infektions­geschehen gibt es einfach nicht her. Thomas Lieb

Trainer der TSG Schnaithei­m

Ich denke nicht, dass es etwas wird. Robert Baß

Abteilungs­leiter SC Hermaringe­n

Es ist schon frustriere­nd und nagt auch an einem selber. Daniel Mack Trainer SG Heldenfing­en/heuchlinge­n

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