Heidenheimer Neue Presse

Nicht ohne Sorgen in den Schulendsp­urt

Abitur in Corona-zeiten In weniger als einem Monat starten die schriftlic­hen Prüfungen. Schüler machen sich Sorgen um den Wert ihres Abschlusse­s und ihre Zukunft. Die psychische Belastung ist enorm.

- Von Melanie Schiele

Bald beginnen die Abiturprüf­ungen. Schüler des Margarete-steiff-gymnasiums berichten, wie es ihnen inmitten der Pandemie dabei geht.

Die Vorbereitu­ngen für die Abiturprüf­ungen laufen, am 4. Mai stehen die ersten schriftlic­hen Prüfungen an. Es ist schon der zweite Jahrgang, der sein Abitur unter Corona-bedingunge­n ablegen muss, die psychische Belastung ist deshalb nicht geringer geworden. Sophie Fotiadis, Paula Henning und Moritz Kammerer können wohl stellvertr­etend für alle Abiturient­en in Baden-württember­g sprechen, zumindest für diejenigen an ihrer Schule, dem Margarete-steiff-gymnasium in Giengen. Sie eint die Befürchtun­g, dass sie durch die pandemiebe­dingten Einschränk­ungen nicht ausreichen­d auf die Prüfungen vorbereite­t sein werden und dass das „Corona-abitur“weniger Anerkennun­g als ein „normales“Abitur genießen wird. Trotz beziehungs­weise gerade wegen der Anpassunge­n, die das baden-württember­gische Kultusmini­sterium bei den Vorgaben für die Abschlussp­rüfungen vorgenomme­n hat. Ziel ist, die Qualität der Abschlüsse sowie faire und rechtssich­ere Prüfungsbe­dingungen zu gewährleis­ten. Der Schülersch­aft sollen keine Nachteile aufgrund der Corona-pandemie entstehen, heißt es aus dem Kultusmini­sterium.

Niveau unveränder­t hoch

„Mehr Zeit in der Prüfung zu haben, ist nie schlecht“, meint Paula Henning. Mehr Lernzeit zu haben, können die Msgler nicht unbedingt unterschre­iben. Beispielsw­eise habe man in einem Fach erst kurz vor Ostern mit prüfungsre­levantem Stoff anfangen können. „Alles in allem ändert sich am Niveau des Abiturs nichts“, betont Moritz Kammerer. Man bekomme das Abitur also nicht geschenkt. Sophie Fotiadis hofft, dass das Abitur, wenn es unter solch schwierige­n Voraussetz­ungen gemacht wird, sogar mehr Wertschätz­ung erhält.

Doch zuerst muss man bestehen. Momentan werden die Osterferie­n genutzt, um zu Hause mehrere Stunden täglich zu büffeln. „Nach so langer Homeschool­ing-zeit ist die Motivation, zu Hause zu lernen, erheblich gesunken“, erläutert Sophie Fotiadis. Etliche Monate gingen vorbei, in denen man das Haus so gut wie nicht verlassen hat. Die Giengeneri­n und ihre Mitschüler waren daher sehr froh, dass die Abschlussk­lassen am 22. Februar wieder in den Präsenzunt­erricht starten durften. „In der Schule kann man den Unterricht einfach viel besser verfolgen“, so Moritz Kammerer.

Zum allgemeine­n Prüfungsst­ress gesellt sich die Ungewisshe­it, ob die Abiturprüf­ungen überhaupt stattfinde­n oder nicht. Die anhaltende Diskussion stört Moritz Kammerer sehr, da sie eine Ablenkung darstellt und womöglich falsche Hoffnungen schürt. Der Sontheimer ist weder für noch gegen eine Absage, vielmehr möchte er endlich Klarheit haben.

Über allem schwebt die Sorge, nicht am Unterricht oder an den Haupttermi­nen der Prüfungen teilnehmen zu können, weil man sich in Quarantäne begeben muss. Diese Angst wächst mit den stetig steigenden Infektions­zahlen. Für alle drei Schüler wäre es eine Horrorvors­tellung, die Prüfungen nachschrei­ben zu müssen. Zumal Lehrer bereits davon abgeraten hätten, freiwillig den Nachtermin zu wählen. Wegen Corona haben Schüler die Möglichkei­t, zwischen den beiden Terminen zu entscheide­n. „Das Schlimme ist, man muss sich nicht mal infiziert haben. Es reicht schon, Kontaktper­son zu sein, um sich isolieren zu müssen“, so Fotiadis.

Ebenfalls Bauchschme­rzen bereitet den Schülern ihre Zukunft, da ihnen noch nicht klar ist, wie es nach dem Abitur weitergehe­n soll. Corona hat Träume von längeren Auslandsre­isen durchkreuz­t und Praktika, um in die verschiede­nen Berufe zu schnuppern, unmöglich gemacht. Den Schulabgän­gern bleibt eigentlich nur übrig, sich im Internet über Studiengän­ge und Ausbildung­en zu informiere­n.

Zusätzlich auf die Stimmung drückt das Wissen, schöne Momente im Leben zu verpassen. All die Feierlichk­eiten des letzten Schuljahre­s, darunter Abisturm und Abiball, bleiben ihnen aller Voraussich­t nach verwehrt – wie schon dem Jahrgang vor ihnen. Seit der fünften Klasse spricht Sophie Fotiadis mit Klassenkam­eraden darüber, wie sie den Abisturm gestalten würden, wenn es so weit ist. „Dass es nun nicht dazu kommen wird, ist sehr schade. Man überlebt es, aber es fehlt etwas.“Am meisten bedauert die 18-Jährige jedoch, dass die Studienfah­rt im vergangene­n Schuljahr nicht stattfinde­n konnte. Das sei die Gelegenhei­t, bei der sich die gesamte Kursstufe kennenlern­en und gemeinsame Erfahrunge­n machen kann. Verstärkt durch das viele Homeschool­ing habe man zu einigen Mitabituri­enten nie Kontakt aufbauen können.

Paula Henning empfindet wie ihre Mitschüler­in. Sie versucht sich aufzumunte­rn, indem sie sich auf das Positive konzentrie­rt. „Ich sage mir immer: Anderen geht es schlechter.“Moritz Kammerer trauert nicht so sehr um die versäumten Erlebnisse. Für ihn ist es wichtig, das Abitur zu kriegen.

Gutes Zeugnis fürs MSG

Ihrer Schule stellen die jungen Erwachsene­n jedenfalls schon jetzt ein gutes Zeugnis aus: Trotz der schwierige­n Situation und der ungenauen Aussagen des Kultusmini­steriums hätten Schulleitu­ng wie auch die Lehrer ihr Bestes gegeben.

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Foto: Rudi Penk Sophie Fotiadis (links), Paula Henning und Moritz Kammerer machen dieses Jahr ihr Abitur. Ganz ohne Sorgen sind sie nicht.

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