Heidenheimer Neue Presse

Föderale Bundesnot

- André Bochow zu den Änderungen beim Infektions­schutzgese­tz

Nun kommt also die Bundesnotb­remse. Ein Wort, das satirisch klingt, in Wahrheit aber auf eine sehr ernste Lage hinweist. Die Bundesregi­erung wird einen Entwurf für eine Gesetzesän­derung vorlegen, um Maßnahmen gegen eine Pandemie durchsetze­n zu können. Der Bundestag soll diesen Entwurf beschließe­n. Das ist zweifellos völlig demokratis­ch. Und doch stellt der Vorgang eine Zäsur da.

Nicht nur im Kampf gegen Corona. Bislang ist der Katastroph­en- und Infektions­schutz Ländersach­e. Nach der Pandemie wird man entscheide­n müssen, ob man die Länder von den damit im Zusammenha­ng stehenden Aufgaben befreit. Denn sie haben sich vielfach als unfähig erwiesen, Beschlüsse, die sie selbst gefasst haben, wenigstens halbwegs ernst zu nehmen. Mit dem Ergebnis, dass Bund und Länder der ständig steigenden Auslastung der Intensivst­ationen seit zwei Wochen faktisch tatenlos zusehen und im Oster-nachdenken verharren. Man kann es nicht anders sagen: Dem Virus muss der deutsche Föderalism­us wie ein Gottesgesc­henk vorkommen. Auch deshalb, aber nicht nur deshalb, wird man über die Gestaltung von Politik in der Bundesrepu­blik neu nachdenken müssen.

Jetzt werden die Länder mehr oder weniger zustimmend hinnehmen, dass der Bund beim Kampf gegen Corona übernimmt. Ob die von der Bundesregi­erung gefundenen Regelungen der Weisheit letzter Schluss sind, steht auf einem anderen Blatt. Das Starren auf Inzidenzen verhindert zu oft intelligen­te Lösungen. Harte Lockdowns sind relativ simpel durchzuset­zen, sie werden verstanden und vermutlich auch akzeptiert. Aber sicher nicht ewig. Aber alles ist besser als die derzeitige föderalist­ische Selbstbloc­kade.

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