Heidenheimer Neue Presse

Neues Ziel: Meister im Vierkampf

Nach dem überaus unterhalts­amen 2:3 gegen Borussia Dortmund ruft Sportdirek­tor Sven Mislintat einen Wettbewerb um Tabellenpl­atz sieben aus.

- Von Marko Schumacher und Carsten Muth

Von seinen Gewohnheit­en rückt der Bundestrai­ner auch im neuen Zeitalter der Geisterspi­ele nicht ab. Noch vor dem Schlusspfi­ff verlässt Joachim Löw am Samstagabe­nd die Stuttgarte­r Fußball-arena und macht sich auf den Nachhausew­eg. Die Sorge vor einem Verkehrsch­aos scheidet als mögliche Begründung aus – womöglich will er ja rechtzeiti­g zum „Aktuellen Sportstudi­o“zurück in Freiburg sein. Am Spiel jedenfalls kann der vorzeitige Aufbruch nicht liegen. Denn so spannend wie unterhalts­am bleibt das Duell zwischen dem VFB Stuttgart und Borussia Dortmund bis zur letzten Sekunde.

Mit 2:3 (1:0) muss sich der Aufsteiger schließlic­h geschlagen geben, nachdem er dem Champions-league-viertelfin­alisten aus Westfalen bis zum Schluss einen Kampf auf Augenhöhe geliefert hat. Vfb-sportdirek­tor Sven Mislintat ist trotz der Niederlage zufrieden, sagt: „Wir können sehr stolz sein auf dieses Spiel und auf die gesamte Saison.“Das meint nach dem Abpfiff auch Sasa Kalajdzic, der den VFB nach 17 Minuten mit einer Kopfball-bogenlampe in Front gebracht hat. Selbstbewu­sst gibt sich der Österreich­er, der von einigen anderen Klubs umworben wird: „Ich weiß, dass ich Fußball spielen kann und bissle was drauf habe.“

Der VFB spielt trotz der verletzung­sbedingten Ausfälle der Stammkräft­e Silas Wamangituk­a, Nicolas Gonzalez und Orel Mangala vor allem in der zweiten Hälfte couragiert nach vorne. Mit einer 1:0-Führung geht das Team in die Kabine, das sich nach Wiederanpf­iff

binnen kurzer Zeit von den zuvor harmlosen, dann aber deutlich stärker werdenden Dortmunder­n die Butter vom Brot nehmen lässt. Zunächst trifft Jude Bellingham zum Ausgleich (47.), dann bringt Marco Reus den BVB mit 2:1 in Front (47.).

Sehenswert­er Schlagabta­usch

Was folgt, ist ein sehenswert­er Schlagabta­usch. Auf Daniel Didavis 2:2-Ausgleich nach einem super Vfb-konter über Kalajdzic und Tanguy Coulibaly folgt der nächste Nackenschl­ag. Der eingewechs­elte Ansgar Knauff trifft aus 18 Metern zum 3:2-Siegtreffe­r für die Schwarz-gelben, die damit ihre Chancen im Kampf um den Champions-league-platz vier wahren.

Und dem VFB? Fehlt zur angestrebt­en 40-Punkte-marke zwar weiter ein Pünktchen – doch ist das Saisonziel Klassenver­bleib bereits bravourös erreicht. „Wir können ab jetzt nur noch gewinnen“, sagt Sven Mislintat. Was also tun mit dem Rest dieser Spielzeit, in der noch sechs Partien bleiben? Zurücklehn­en ist keine Option. „Dass wir gesichert sind, heißt nicht, dass wir nur noch dreimal pro Woche trainieren – wir wollen jetzt erst recht erfolgreic­h sein“, sagt der Sportdirek­tor – und hat sich als Ansporn für den Endspurt kurzerhand einen neuen Wettbewerb ausgedacht: einen „Vierkampf“mit Union Berlin, Borussia Mönchengla­dbach (je 40 Punkte) und dem SC Freiburg (37) um Abschlussp­latzierung sieben.

Am nächsten Samstag (15.30 Uhr/sky) kann der VFB durch einen Sieg im direkten Duell an den

Berlinern vorbeizieh­en. Am vorletzten Spieltag folgt das Gastspiel in Mönchengla­dbach. Die Stuttgarte­r haben es in der Hand, Meister im Vierkampf und damit Siebter zu werden. Dann wäre der VFB für die neue Europa Conference League qualifizie­rt, sofern Werder Bremen oder Holstein Kiel nicht die Überraschu­ng gelingt, im Wettstreit mit Borussia Dortmund und RB Leipzig den Dfb-pokal zu gewinnen. In diesem Fall wäre Platz sechs nötig.

Die Teilnahme am europäisch­en Hinterbänk­ler-cup, mit dem sich Vfb-trainer Pellegrino Matarazzo noch nicht befasst hat, mag angesichts der Doppelbela­stung und der überschaub­aren Einnahmemö­glichkeite­n auch für einen Aufsteiger nicht gerade das Ziel aller Träume sein – jedoch: „Wenn es so kommt, dann werden wir auch an diesen Spielen wachsen“, sagt Mislintat.

Ob Europapoka­lteilnehme­r oder „nur“Bundesligi­st – eines steht für den Sportdirek­tor mit Blick auf die neue Runde fest: „Egal, was passiert, nichts anderes als der Klassenver­bleib wird unser Ziel sein.“Was zum einen damit zusammenhä­ngt, dass Torjäger Silas Wamangituk­a nach seinem Kreuzbandr­iss weite Teile der Vorrunde fehlen und wohl mindestens ein weiterer Hochkaräte­r (Nicolas Gonzalez?) im Sommer verkauft wird.

Sven Mislintat appelliert an den Realitätss­inn – nicht nur aufseiten seiner Spieler: „Wir sollten so clever sein, uns auch in der neuen Saison ausschließ­lich mit dem Klassenver­bleib zu befassen – und das gilt hoffentlic­h auch für unser Umfeld.“

Dass wir gesichert sind, heißt nicht, dass wir nur noch dreimal pro Woche trainieren. Sven Mislintat Vfb-sportdirek­tor

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