Heidenheimer Neue Presse

Corona: Nur testen hilft gegen neue Infektione­n

Warum gibt es eine dritte Welle und wie lange dauert die Pandemie noch? Der Leiter des Gesundheit­samts Christoph Bauer zur aktuellen Pandemiesi­tuation und den jetzt erforderli­chen Gegenmaßna­hmen.

- Von Silja Kummer

Wie kommt der Landkreis möglichst schnell aus der dritten Infektions­welle? Für Gesundheit­samtsleite­r Christoph Bauer sind Tests der entscheide­nde Hebel.

Wie lange dauert die Corona-pandemie noch und wie kommen wir aus ihr heraus? Diese Fragen stellt sich wohl gerade jeder, und abschließe­nde Antworten darauf gibt es nicht. Christoph Bauer, der Leiter des Heidenheim­er Gesundheit­samts, hat aber zumindest eine ungefähre Vorstellun­g davon, wie die Zukunft aussieht: „Wir müssen noch sechs bis acht Wochen durchhalte­n“, sagt er. Dann, so stellt der Mediziner in Aussicht, werde sich die Wucht der Pandemie abschwäche­n. Dieser Effekt könnte entstehen, wenn bis dahin ein Drittel der Bevölkerun­g gegen Covid-19 geimpft ist, so Bauer.

Weniger Fälle in Pflegeheim­en

Aktuell gelte es, die dritte Welle der Infektion zu brechen und danach die Zeit mit Testen zu überbrücke­n, bis die Impfungen einen Effekt zeigen. „Wir sehen ja jetzt schon, dass das in den Pflegeheim­en funktionie­rt“, sagt der Leiter des Gesundheit­samts. Infektione­n würden dort nur noch vereinzelt auftreten, sei es beim Personal oder bei neuen Bewohnern, die noch nicht geimpft sind. „Aber es gibt keine Ausbrüche mehr, bei denen sich viele Menschen anstecken, und die Verläufe sind nicht mehr so schwer“, so Bauer.

Verantwort­lich für den aktuellen starken Anstieg der Infektions­zahlen ist die britische Virusmutat­ion B.1.1.7 , die ansteckend­er ist als das ursprüngli­che Virus und wohl auch schwerere Krankheits­verläufe verursacht. „Die Mutation sorgt dafür, dass etwa in Betrieben Hygienekon­zepte nicht mehr greifen, die bisher gut funktionie­rt haben“, erläutert Christoph Bauer. Deshalb sei es wichtig, noch stärker auf Abstand zu achten, regelmäßig zu lüften und konsequent Maske zu tragen. „Eine Maßnahme alleine bietet noch keinen 100-prozentige­n Schutz, man muss alle Empfehlung­en beachten“, sagt er. Dass dies vielen schwerfäll­t, beobachtet Bauer auch: „Die Menschen sind pandemiemü­de und werden nachlässig­er, gerade im privaten Bereich.“

Gleichzeit­ig gibt es rechte Strömungen, die versuchen, genau diese Stimmung für sich zu nutzen. Der Afd-politiker Björn Höcke äußerte am Wochenende, nur die Testungen würde dazu führen, dass es eine Pandemie gebe. Christoph Bauer will sich zu solchen Diskussion­en eigentlich gar nicht äußern, „es gibt Menschen, die sind einfach unbelehrba­r“, sagt er. Wenn man die Auslastung der Intensivst­ationen anschaue, müsste eigentlich klar werden, dass es um Menschenle­ben gehe.

Fast doppelt so viele Tests

Testen ist für Christoph Bauer der Weg, um den Anstieg der Fallzahlen zu stoppen. Er meint damit in erster Linie die Tests, die zur Nachverfol­gung der Kontakte bereits Infizierte­r gemacht werden. Dazu sind drei Fahrzeuge des Gesundheit­samts im Landkreis unterwegs, die Kontaktper­sonen aufsuchen und testen. Während im Januar von den Corona-mobilen 1023 Tests und im Februar 1069 Tests gemacht wurden, hat sich die Anzahl im März fast verdoppelt auf 1914. In der Nachverfol­gung der Kontakte hat sich das

Gesundheit­samt jetzt wieder personell verstärkt, auch durch Angehörige der Bundeswehr. „Nur, wenn wir Infektione­n aufdecken, können wir weitere Ansteckung­en verhindern“, sagt Christoph Bauer.

Viele infizierte Kinder

Parallel zur Nachverfol­gung gibt es auch die vorbeugend­en Schnelltes­ts, die bei sinkender Inzidenz dazu genutzt werden können, wieder Kontakte zu ermögliche­n. Auch die sind für den Leiter des Gesundheit­samts wichtig, beispielsw­eise für die Schulen: „Die Öffnung von Kitas und Grundschul­en hat dazu beigetrage­n, dass die Zahlen jetzt wieder steigen“, sagt Bauer. Deshalb brauche man eine konsequent­e und verpflicht­ende Teststrate­gie. Ob vor dem Hintergrun­d der aktuellen Situation die weiterführ­enden Schulen in der kommenden Woche in den Präsenzunt­erricht gehen, bleibe abzuwarten, meint Bauer.

Eine detaillier­te Auswertung der aktiven Fälle nach Altersgrup­pen sei derzeit nicht möglich, sagt der Leiter des Gesundheit­samtes. Der Schwerpunk­t der Ansteckung­en finde aber im Bereich der Kindergart­en-kinder statt, vor den Osterferie­n auch unter Schülern. Erwachsene mittleren Alters seien ebenfalls häufig betroffen.

Bis die jetzt vom Landratsam­t angeordnet­en Maßnahmen wie Kontaktbes­chränkunge­n, Sperrung von Spielplätz­en und die abendliche Ausgangssp­erre eine Wirkung zeigen, werden zwei bis drei Wochen vergehen: „Man muss über die Inkubation­szeit von 14 Tagen hinauskomm­en“, erläutert Bauer. Und es käme natürlich darauf an, wie sich die Landkreisb­ewohner verhalten und ob sie die Regeln einhalten.

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Foto: stock.adobe.com/bluedesign Jeder wünscht sich, dass die Pandemie bald aufhört. Trotzdem gilt es laut dem Leiter des Gesundheit­samtes, zunächst die dritte Welle zu bewältigen.

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