Heidenheimer Neue Presse

„Total unbefriedi­gend“

Kritische Fragen im Innenaussc­huss an Stuttgarte­r OB Nopper wegen ausgeufert­er „Querdenker“-demo.

- Roland Muschel

Baden-württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) hat für weitere Proteste gegen Corona-maßnahmen strenge Auflagen gefordert. „Ein Verlauf wie am Karsamstag in Stuttgart mit kollektive­n Verstößen gegen die Abstands- und Hygienereg­eln darf sich nicht wiederhole­n“, sagte er in einer dreieinhal­bstündigen Sondersitz­ung des Innenaussc­huss des Landtags zu der ausgeufert­en „Querdenker“demonstrat­ion am Karsamstag in Stuttgart. Wer so agiere, verhalte sich „asozial“.

Bei der Demonstrat­ion mit bis zu 15 000 Teilnehmer­n hatte es massenhaft Verstöße gegen das

Stuttgart.

Masken- und Abstandsge­bot und Übergriffe auf Journalist­en gegeben. Die operative Ebene der „Querdenken“-organisati­on werde zu Recht vom Landesamt für Verfassung­sschutz beobachtet, sagte Strobl. Er verteidigt­e zugleich die Entscheidu­ng der Polizei, die Versammlun­g nicht aufzulösen; dies sei unter den Gesichtspu­nkten Besonnenhe­it und Verhältnis­mäßigkeit richtig gewesen.

Eine Auflösung wäre keine Lösung gewesen, betonte auch Carsten Höfer, der den Polizeiein­satz am Karsamstag geleitet hat. Die Situation sei für die Polizei aber „total unbefriedi­gend“gewesen.

Bohrenden Fragen sah sich der Stuttgarte­r Oberbürger­meister Frank Nopper (CDU) ausgesetzt, weil er die Versammlun­gen genehmigt hatte. Nopper kritisiert­e das „rücksichts­lose“Verhalten der Masken-verweigere­r, verteidigt­e aber seine Linie als alternativ­los: Dass die Auflagen systematis­ch unterlaufe­n werden würden, sei nicht absehbar und ein Verbot daher rechtlich nicht möglich gewesen. Hinterher sei man immer schlauer.

„Die Frage ist: Hätte man vorher schlauer sein können?“, hielt der Spd-innenexper­te Sascha Binder dem OB entgegen. Nopper wiederum rief das Land auf, nun gemeinsam mit der Stadt nach vorne zu schauen. „Leitschnur sollte sein: Suche nicht nach Fehlern, sondern nach Lösungen.“

„Herr Oberbürger­meister, ich lasse Sie nicht so einfach aus der Verantwort­ung“, konterte der Grünen-innenexper­te Ulrich Sckerl. Zuvor seien bereits in Leipzig und Kassel Demonstrat­ionen

aus dem Ruder gelaufen, „alle unter Federführu­ng der ,Querdenker’-stuttgart. Man wusste, wenn man wollte, worauf man sich da einlässt.“

Auch Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) widersprac­h Nopper: Es hätte durchaus ein Verbot ausgesproc­hen werden können, da eine Gefahr für die öffentlich­e Sicherheit bestanden habe. Der frühere Justizmini­ster Ulrich Goll sagte, eine Veranstalt­ung dieser Art und Größe müsse das nächste Mal verboten werden. An diesem Donnerstag beschäftig­t sich der Stuttgarte­r Gemeindera­t in einer Sondersitz­ung mit der Demo.

 ?? Foto: Marijan Murat/dpa ?? Verteidigt sich: Stuttgarts OB Frank Nopper.
Foto: Marijan Murat/dpa Verteidigt sich: Stuttgarts OB Frank Nopper.

Newspapers in German

Newspapers from Germany