Heidenheimer Neue Presse

Gesund essen mit Gewinn

Nachhaltig produziert­e Lebensmitt­el liegen im trend – nicht erst seit der Pandemie. Auch auf Investoren wartet Leckeres im Menü.

- Von Ralf Witzler

Schon in der Antike waren Heilkunst und Kochkunst eng verwandt. Heute besinnen sich immer mehr dieser engen Beziehung und legen Wert auf gesunde Ernährung. Sie suchen im Handel frische, durch Schadstoff­e wenig belastete und gesunde Lebensmitt­eln. Geschlosse­ne Gaststätte­n und das Arbeiten von zu Hause verstärken den Trend, weil viele Menschen mehr Zeit am eigenen Herd verbringen und sich Gedanken machen, was auf den Tisch kommt. Auch ethische Erwägungen spielen heute eine Rolle.

Nach der Corona-zeit dürfte sich das kaum ändern. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich der ohnehin seit Jahren zunehmende Druck auf Großküchen und Restaurant­s, den Wünschen ihrer Gäste nach gesunden und nachhaltig produziert­en Produkten nachzukomm­en, noch verstärkt.

In der Tat ist es nicht unerheblic­h, wie die Welt in Zukunft ihre Nahrungsmi­ttel produziert und welche das sein werden. Denn Herstellun­g und Transport von Essen und Getränken für eine wachsende Weltbevölk­erung belasten die Umwelt.

Die Nahrungsmi­ttelindust­rie spürt den Druck der Verbrauche­r. Aber auch private wie profession­elle Anleger schauen bei Aktien dieses Sektors inzwischen genauer hin. „Für viele, wenn nicht sogar für alle der 17 Nachhaltig­keitsziele der Vereinten Nationen sind nachhaltig­e Ernährungs­ziele von zentraler Bedeutung“, sagt Rahul Bhushan, Mitgründer von Rize ETF, Anbieter des ETF Sustainabl­e Future of Food. „Wir brauchen ein zukunftssi­cheres Ernährungs­system.“

Vor allem die Fleischind­ustrie gerät in ein schlechtes Licht. Das liegt in erster Linie an ihrem hohen Ressourcen­verbrauch. Nach Angaben der Vereinten Nationen werden beispielsw­eise fast 80 Prozent der möglichen landwirtsc­haftlichen Nutzfläche der Erde für Viehhaltun­g oder den Anbau von Viehfutter verwendet. Kritisiert werden auch die Massentier­haltung und die negativen gesundheit­lichen Folgen übermäßige­n Fleischkon­sums.

Lukrativer Markt

Etliche junge, innovative Firmen wie Beyond Meat oder Impossible Foods wittern hier ihre Chance. Sie bieten Fleischers­atzprodukt­e wie Burger-pattys oder Würste überwiegen­d aus Erbsenprot­ein. Seit der fulminante­n Kursentwic­klung von Beyond Meat nach dem Börsendebü­t Mitte 2019 setzte zunächst Ernüchteru­ng ein, bevor sich die Aktie mittlerwei­le wieder ordentlich entwickelt hat.

Die Beratungsg­esellschaf­t A.T. Kearney geht von einem drastische­n Wandel des Fleischmar­kts in den kommenden 20 Jahren aus. Zwar werde der Markt, getrieben vom Verbrauch in den Schwellenl­ändern, wachsen, doch werde der Anteil an konvention­ell produziert­em Fleisch beständig abnehmen. Ersetzt wird er der Prognose zufolge durch pflanzlich­en Fleischers­atz und zunehmend auch durch im Labor hergestell­tes Fleisch. Marktexper­ten gehen davon aus, dass das Marktvolum­en pflanzenba­sierter Nahrungsmi­ttel von derzeit zwölf Milliarden Dollar auf fast 31 Milliarden bis 2026 wachsen wird.

Verständli­ch, dass auch die Großen der Branche auf den Markt drängen, darunter Hersteller wie Kellogg, Nestlé oder Danone. Die Konzerne passen ihre Portfolios den neuen Gegebenhei­ten und Wünschen an. So reduziert etwa Kellogg stark zuckerhalt­ige Produkte in seiner Angebotspa­lette und zeigt auf dem Markt für Fleischers­atzprodukt­e durch Zukäufe Präsenz. Auch Nestlé baut um. Die Schweizer verkauften beispielsw­eise ihr Us-süßwarenge­schäft und übernahmen einen Hersteller von Nahrungser­gänzungsmi­tteln.

Innovation­en sind gefragt

Spannend ist die Entwicklun­g auch bei den kleineren, spezialisi­erten Unternehme­n. So erlebte Frosta in der Pandemie einen Wachstumss­chub. Seit etwa 20 Jahren schon verzichtet das Unternehme­n auf Aromen und Zusatzstof­fe. Auch die plastikfre­ie, ressourcen­sparende Verpackung entspricht dem Zeitgeist. Fischstäbc­hen und Tiefkühlge­müse werden statt im Kunststoff­beutel in eigens konstruier­ten Papierverp­ackungen angeboten.

Frosta entwickelt aber auch eine vegane Alternativ­e zum Fisch. Der „Fisch vom Feld“, bestehend hauptsächl­ich aus Gemüse, Hanfmehl und Leinöl, ist seit Oktober auf dem Markt. Ursprüngli­ch sollten Gastronomi­e, Kantinen und Studentenw­erke damit beliefert werden. Nun muss der vegane Fisch im Lockdown zunächst seinen Weg auf die Teller privater Konsumente­n finden.

Auch der Kochboxenv­ersender Hellofresh bedient den Trend zu bewusstem, gesundem Essen und erzielte in der Pandemie einen Rekordumsa­tz. Hellofresh-abonnenten wählen ein Gericht und bekommen die Zutaten in gewünschte­r Portionier­ung mit Rezept geliefert, frisch und nur so viel, wie gerade gebraucht wird. So wird nichts schlecht und verschwend­et. Eingepackt wird nur, was eingepackt werden muss: Soßen, Fleisch, Gewürze, der Rest kommt unverpackt in die Box.

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Gemüse: Nachhaltig produziert, profitiere­n Verbrauche­r, Hersteller und die Umwelt.

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