Heidenheimer Neue Presse

Schuldenbe­rg wächst rasant

Die Konjunktur­hilfen von Us-präsident Biden und seines Vorgängers Trump kosten Billionen. Ökonomen warnen vor einer steigenden Inflation und einer neuen Finanzkris­e.

- Von Peter Dethier

Die Us-wirtschaft ist momentan in einer blendenden Verfassung. Die Impfungen gegen das Coronaviru­s schreiten mit hohem Tempo voran, Verbrauche­r strotzen vor Optimismus und die Unternehme­n investiere­n wieder kräftig. Folglich rechnen der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) und die Us-notenbank für dieses Jahr beide mit einer Wachstumsr­ate von mehr als 6 Prozent.

Das robuste Wachstum ist allerdings auch ein Ergebnis der massiven Konjunktur­pakete, die seit März 2020 verabschie­det wurden, und diese haben einen hohen Preis. Viele Ökonomen warnen, dass die Staatsschu­lden aus dem Ruder laufen und bald ökonomisch nicht mehr tragfähig sein werden.

Rund 2,1 Billionen Dollar kostete das erste Konjunktur­gesetz, das der Kongress im vergangene­n März unter dem damaligen Präsidente­n Donald Trump eintütete. Als ein zweiter Wirtschaft­seinbruch drohte, legten im Dezember der Senat und das Repräsenta­ntenhaus nach. Sie verabschie­deten ein weiteres, 900 Milliarden Dollar schweres Hilfspaket.

Dank der Kräftevers­chiebung zugunsten der Demokraten im Kongress wurden dann vor wenigen Wochen weitere 1,9 Billionen Dollar an Hilfsmaßna­hmen in Gesetzesfo­rm gegossen. Private Haushalte werden mit Direktzahl­ungen unterstütz­t, die Arbeitslos­enversiche­rung erweitert und einzelnen Staaten wird geholfen, die Löcher in ihren Haushalten zu stopfen.

Die Schattense­ite der Konjunktur­hilfen: Alle drei Gesetze zusammen kosten knapp 5 Billionen Dollar, welches einem Viertel der gesamten Us-wirtschaft­sleistung im abgelaufen­en Jahr entspricht. Nun hofft Biden, weitere 3 Billionen in die Infrastruk­tur zu investiere­n, womit die Gegenfinan­zierung sämtlicher Konjunktur­hilfen unterm Strich mehr als ein Drittel des Bruttoinla­ndsprodukt­s auffressen würde. Nicht einmal berücksich­tigt ist darin Bidens grober, erster Haushaltse­ntwurf vom vergangene­n Freitag, der 1,5 Billionen Dollar für das Gesundheit­ssystem, den Kampf gegen den Klimawande­l, Armutsbekä­mpfung und sozialen Wohnungsba­u vorsieht.

Die immensen Staatshilf­en gehen selbst dem Nationalök­onomen und prominente­n Demokraten Lawrence Summers zu weit. Summers, der Finanzmini­ster unter dem früheren Präsidente­n Bill Clinton und später Chefvolksw­irt unter Präsident Barack Obama war, spricht von der „unverantwo­rtlichsten Wirtschaft­spolitik seit 40 Jahren“. Demokraten wirft er vor, mit ihren teuren Sozialprog­rammen den Bogen zu überspanne­n, während Republikan­er allein aus politische­m Kalkül heraus versuchen würden, jeden Vorstoß Bidens zu blockieren.

Andere Experten schätzen die Lage ähnlich ein. Die unabhängig­e Haushaltsb­ehörde Congressio­nal Budget Office (CBO) warnt, die aus dem Ruder laufenden Schulden würden „die Finanzieru­ngskosten erhöhen und das Wirtschaft­swachstum drücken“. Zudem erhöhten sie die Gefahr einer steigenden Inflation und einer Finanzkris­e.

Nach Ansicht von Brian Riedl, Ökonom beim Manhattan Institute, sind die meisten Prognosen noch zu optimistis­ch. Tatsache sei nämlich, dass im Jahr 2050 die Hälfte aller Steuereinn­ahmen des Us-fiskus allein in den Schuldendi­enst fließen würden.

Andere halten die Risiken steigender Staatsschu­lden für übertriebe­n und weisen darauf hin, dass Länder, die ihre eigenen Währungen kontrollie­ren, typischerw­eise mehr fiskalpoli­tischen Spielraum haben und sich weniger Sorgen um die wirtschaft­lichen Folgen machen müssen. Nicht zuletzt deswegen, weil Notenbanke­n in zunehmende­m Maße eingebunde­n werden, um Konjunktur­programme zu finanziere­n.

„Die hohe Verschuldu­ng sollte niemanden beunruhige­n“glaubt Olivier Blanchard, ehemaliger Chefökonom beim Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF). Selbst wenn in den USA die Schuldenqu­ote 100 Prozent deutlich übersteigt, könne die weltgrößte Volkswirts­chaft dies verkraften.

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Foto: dpa Die Flagge der Vereinigte­n Staaten weht vor dem Us-kapitol in Washington. Übernehmen sich die USA mit den Hilfspaket­en?

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