Heidenheimer Neue Presse

Ruf nach Unabhängig­keit

Wissenscha­ftler plädieren dafür, die Bafin von der Aufsicht und Einflussna­hme des Finanzmini­steriums zu lösen.

- Von Rolf Obertreis

Die Bafin soll künftig als unabhängig­e Behörde agieren, die nicht mehr dem Finanzmini­sterium untersteht, allerdings gegenüber dem Parlament rechenscha­ftspflicht­ig ist. Das schlägt Jan Pieter Krahnen vom Leibnitz-institut für Finanzmark­tforschung (Safe) in Frankfurt vor. „Die Neuaufstel­lung der Bafin als unabhängig­e Behörde wäre ein klares Signal an die Kapital- und Finanzmärk­te in Deutschlan­d und Europa und würde dem enormen Reputation­sverlust nach Wirecard und aktuell nach der Insolvenz der Greensill Bank entgegenwi­rken.“

Der künftige Bafin-chef Mark Branson, bislang erster Mann bei der Schweizer Finanzmark­taufsicht, hatte im Finanzauss­chuss des Bundestage­s dem Vernehmen nach betont, Deutschlan­d brauche eine Aufsicht von Weltklasse. Bei der Bafin seien Veränderun­gen und ein Kulturwand­el notwendig.

Die Safe-wissenscha­ftler schlagen in einer Studie vor, das Finanzdien­stleistung­sgesetz (FinDAG) zu ändern und damit die Aufsicht durch das Finanzmini­sterium zu beenden. Die Aufseher sollten nicht mehr Weisungen des Ministeriu­ms unterliege­n, weder in Einzelfäll­en noch allgemein im Bereich der Wertpapier­aufsicht.

Allerdings solle die Bafin im Blick auf eine demokratis­che Legitimati­on verpflicht­et werden, dem Bundestag jährlich unmittelba­r Bericht zu erstatten. Dabei solle sie auch Fragen der Abgeordnet­en beantworte­n. Zudem sollten zwei internatio­nale Experten anderer Aufsichtsb­ehörden in den Verwaltung­srat der Bafin berufen werden.

Die gegenwärti­ge Weisungsge­bundenheit der Bafin öffne das Tor für politische Einflussna­hme, heißt es in der Safe-studie. Das laufe den Zwecken der Aufsicht zuwider und untergrabe die Glaubwürdi­gkeit der Aufsicht. Krahnen: „Die Abschaffun­g des Weisungsre­chts würde die Wertpapier­aufsicht auf eine Stufe mit der Bankenaufs­icht stellen, die in wichtigen Bereichen bereits unabhängig ist.“

Internatio­nal sei ein Weisungsre­cht äußerst unüblich, sagt Annkatrin

Kaufhold, Professori­n für Staats- und Verwaltung­srecht an der Ludwig-maximilian­s-universitä­t in München. In den USA habe die Regierung keine juristisch­e Möglichkei­t, Verfahren und Entscheidu­ngen der Aufsichtsb­ehörde SEC zu beeinfluss­en.

Die Bafin teilt sich die Bankenaufs­icht mit der Bundesbank. Die ist allerdings komplett unabhängig und keiner irgendwie gearteten Weisung unterworde­n. Das gilt auch für bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) angesiedel­ten europäisch­en Banken- und Finanzaufs­icht SSM.

Das Finanzmini­sterium in Berlin bestreitet, dass es im Fall Wirecard Weisungen an die Bafin gegeben habe. Sie habe unabhängig agieren können. Generell obliege dem Ministeriu­m die Rechts- und Fachaufsic­ht, aber in Einzelfäll­en sei die Bafin unabhängig.

Anfang Februar hatten Finanzmini­ster Olaf Scholz („Wir brauchen eine Aufsicht mit Biss“) und Finanzstaa­tssekretär Jörg Kukies (beide SPD) einen Sieben-punkte-plan zur Reform der Bafin vorgelegt. Ziel sei eine „Fokusaufsi­cht“mit einer „forensisch geschulten Task Force“. Die solle imstande sein, schneller zu reagieren. Auch Hinweise von Whistleblo­wern sollen künftig systematis­ch ausgewerte­t werden.

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Nach den Skandalen um Wirecard und die Greensill Bank fordern Wissenscha­ftler eine unabhängig­e Bankenaufs­icht.

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