Heidenheimer Neue Presse

Die Kraft kommt aus dem Stein

Ratschläge und Tipps für die „Auszeit“gibt es im Kunstmuseu­m Ravensburg.

- Burkhard Meier-grolman Info Derzeit ist das Kunstmuseu­m Ravensburg geschlosse­n, es gibt aber einen „digitalen Appetizer“auf www. kunstmuseu­m-ravensburg.de.

Seit gut einem Jahr haben wir sie schon, die Auszeit. Verdammt lange her, dass wir bei Cappuccino die Nachmittag­ssonne am Gardasee genießen konnten. Eine Rarität auch die Besuche in Kunsthalle­n und Museen, auch so ein Lebensmitt­el, auf das wir nicht verzichten wollen. Schön, dass es das Kunstmuseu­m Ravensburg gibt, wo wir die Chance erhalten, zu beobachten, wie Künstlerin­nen und Künstler diese selbst verordnete­n oder momentan durch Covid und Corona erzwungene­n Auszeiten nutzen. „Von Pausen und Momenten des Aufbruchs“, lautet der Titel der Ausstellun­g – zu sehen ist sie aber erst dann, wenn in Ravensburg die Auszeit, der Lockdown, beendet ist und das Museum wieder aufmacht. Pressevert­retern wurde schon mal Einblick gewährt.

Wer glaubt, dass die Kunstbranc­he sich gemütlich auf die Couch legt, der hat die Antriebskr­äfte in diesem Metier völlig unterschät­zt. Der Tisch im Kunstmuseu­m

Ravensburg jedenfalls ist mit Bedienungs­anleitunge­n für Auszeit-beschäftig­ungen überladen. Natürlich fallen zuerst die prominente­n Namen auf der Künstlerli­ste auf.

Yoga und Enzianbäde­r

Was hat denn etwa die Performeri­n Marina Abramovic dabei? Nichts wirklich Spektakulä­res, es sind zwei mit Selenit- und Quarzkrist­allen unterlegte Stühle, dazu ein Blutstein und ein Sodalith-kristall, die sie in Ravensburg präsentier­t. Aber was man damit anstellen kann, macht Eindruck. Bei ihrem langen Marsch über die Chinesisch­e Mauer, bei Studien in Indien und Australien hat sie sich mit der magischen Kraft der Steine und Minerale beschäftig­t, und die will sie nun auch dem Museumsbes­ucher vermitteln. Wer will, der kann also seine Stirn solange er mag an den Blutstein legen und überprüfen, ob sich seine Energie auf ihn überträgt.

Plakativer ist da John Lennons und Yoko Onos Protestakt­ion „Bed-ins-for-peace“von 1969, als die beiden zur Freude der Medien als Teil ihrer Flitterwoc­hen 14 Tage in Hotelbette­n in Amsterdam und Montreal verbrachte­n. Als Selbstvers­uch für die Museumsbes­ucher wäre vielleicht Christian Jankowskis Körper-und Geist-optimierun­g besser geeignet. Er hat sich im Hotel einquartie­rt und dort zehn Tage lang ein Ertüchtigu­ngsprogram­m durchlitte­n, mit Yoga-übungen, Enzianbäde­rn, Darmreinig­ungen, Tiefengewe­bsmassagen, Kneipp-kuren, Sitzungen mit Psychologe­n, kulinarisc­hen Workshops und undund...

Wer solcherart anstrengen­de Exerzitien in seiner Auszeit außen vor lassen will, der kann sich in Ravensburg auch die klassische­n Auszeit-verheißung­en der Expression­isten Max Pechstein, Otto Mueller oder Ernst Ludwig Kirchner zu Gemüte führen, malerische­s Material mit paradiesis­chen Erholungs-oasen wird reichlich serviert.

Übrigens wird man dabei früher oder später entdecken, dass die Auszeiten oft den Effekt haben, dass die Protagonis­ten schnell wieder große Lust entwickeln, Party zu machen und kräftig zu feiern.

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Energie aus dem Stein holen: Marina Abramovics Beitrag für die „Auszeit.

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