Aus für die Produktion in Heidenheim
Das Unternehmen will Kosten sparen. 120 Mitarbeiten fürchten um ihren Arbeitsplätze.
Hartmann verlagert die Herstellung von Artikeln im Wundmanagementbereich nach Polen. 120 Mitarbeiter sind betroffen.
Der Hartmann-konzern schließt seinen letzten Produktionsstandort an seinem Stammsitz in Heidenheim. „Im vierten Quartal 2023 sollen hier die letzten Artikel im Bereich Wundmanagement hergestellt werden“, sagt Unternehmenssprecherin Stephanie Reuter. Darüber informierte die Konzernführung um Britta Fünfstück die Mitarbeiter gestern auf zwei Präsenzveranstaltungen.
Was aus den 120 Mitarbeitern wird, ist noch unklar. „Wir schließen betriebsbedingte Kündigungen nicht aus“, so Reuter. Der Betriebsrat zeigte sich von dieser Entwicklung schockiert. „Wir rechnen damit, dass ein unternehmensweiter Sozialplan erstellt werden muss“, sagt der Vorsitzende des Konzernbetriebsrates, Joachim Bader. Zudem habe man mit einem Rechtsanwalt und Experten Kontakt aufgenommen, um zu prüfen, ob und wie der Standort Heidenheim erhalten werden könne. „Ich glaube nicht, dass hier schon alle Möglichkeiten geprüft wurden“, ist sich Bader sicher. Die Maschinen aus Heidenheim sollen künftig an einem neuen Produktionsstandort in Polen eingesetzt werden. Dafür hat sich der Konzern in Czestochowa das Vorkaufsrecht für ein rund 70 000 Quadratmeter großes Grundstück gesichert. Dort soll zunächst auf einer Fläche von etwa 17 000 Quadratmetern ein neues Werk entstehen. Ab dem zweiten Quartal kommenden Jahres soll es nach Aussage der Sprecherin zu ersten Verlagerungen kommen. „Der neue Standort wird Hartmann deutliche Kostenvorteile bringen“, so Reuter. Zu genauen Zahlen wollte sie sich jedoch nicht äußern.
Neben Heidenheim ist auch der Schweizer Standort Neuhausen von den Verlagerungen betroffen. Hier sollen eine Produktionslinie und 30 bis 40 Arbeitsplätze wegfallen. Mit dieser Entscheidung reagiert Konzernchefin Britta Fünfstück nach eigenen Angaben auf den steigenden Kostendruck im Gesundheitswesen, der sich durch die Corona
Pandemie noch einmal verschärft. Die hohen Produktionskosten im Wundmanagement hätten sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit ausgewirkt.
Dabei galt die Sparte noch vor der Corona-pandemie als hoch profitabel. Im vergangenen Geschäftsjahr musste der Bereich jedoch ein Umsatzminus von etwa zehn Prozent vermelden, das sich negativ auf den Gewinn auswirkte. Für die Zukunft des Unternehmens sei es wichtig, dass das Wundmanagement seine starke Marktposition wiedererlangt und nachhaltig ausbaut, teilte Hartmann mit. „Aber selbst deutliche erzielte Fortschritte in der Verbesserung der Fertigungs- und
Prozessqualität reichen nicht mehr aus, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wundmanagements in Heidenheim zu sichern“, führt Reuter aus.
Das sieht der Konzernbetriebsrat anders. „Die Kollegen sind empört über die Produktionsverlagerung nach Polen.“2014 seien rund 15 Millionen Euro in den Standort Heidenheim investiert worden, sagt Bader. Dabei wurden Gebäude saniert und in neue Technik investiert. Was daraus werde, sei unklar. Das bestätigt Sprecherin Stephanie Reuter. „Über die weitere Nutzung der Produktionsgebäude ist noch keine Entscheidung getroffen worden.“