Klöckner wirft Ländern vor, nichts zu tun
Flächen sind sehr lukrativ für Investoren. Die Ministerin will das ändern. Kritiker sagen, der Bund sollte selbst handeln.
Wer bei Äckern und Maisfeldern zuerst an Bäuerinnen und Bauern denkt, liegt zu 60 Prozent daneben. So viele landwirtschaftliche Flächen gehören nämlich mittlerweile nicht Landwirten, sondern Investoren, wie Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) in einem Brief an ihre Amtskollegen auf Länderebene, der dieser Zeitung vorliegt, kritisierte.
Die Flächen sind für Investoren interessant, weil enorme Renditen winken. Seit 2005 sind die Preise im Schnitt um 204 Prozent gestiegen, die Pachten haben sich zwischen 2005 und 2016 verdoppelt. Und es wird noch lukrativer: durch „Share Deals“kann die Grunderwerbsteuer umgangen werden. Bei „Share Deals“wird eine Immobilie nicht direkt verkauft, sondern in eine Gesellschaft eingebracht, aus der können dann Anteile erworben werden. Klöckner: „Bei jedem dieser Käufe werden Steuern in Höhe von 380 000 Euro umgangen.“
Die Ministerin schlägt einen Maßnahmenkatalog vor: Regulierungslücken bei Käufen und Pachten sollen geschlossen, Spekulationsschwellen verschärft und die Grunderwerbsteuer reformiert werden. Dafür sei sie allerdings auf die Mithilfe der Länder angewiesen, betont Klöckner. Anleger würden reich werden, während die ländlichen Regionen verarmen, sagte sie der „FAZ“: „Die Länder handeln wider besseres Wissen nicht.“
Für die FDP ist das ein „Ablenkungsmanöver“. Die Koalition habe erst letzte Woche eine Änderung der Grunderwerbsteuer verabschiedet, verfehle damit aber, sagt Frank Sitta, „das wichtigste Ziel, nämlich die effektive Bekämpfung von Gestaltungsmissbrauch im Zusammenhang mit Share Deals, weiterhin.“
Die von der Koalition vorgeschlagene Absenkung der Erfassungsgrenze bei der Grunderwerbsteuer auf 90 Prozent reiche lange nicht aus, sagt Friedrich Ostendorff (Grüne). „Wir brauchen eine wirksame Absenkung auf 50 Prozent bei Share Deals.“Das Landesministerium in Stuttgart betont, dass Baden-württemberg das Agrarstrukturverbesserungsgesetz (ASVG) habe. Man liege wegen agrarstrukturellen Besonderheiten nicht im Fokus von Investoren.