Heidenheimer Neue Presse

Iphone als Datenschüt­zer

Nutzer müssen nun aktiv zustimmen, dass Apps deren Daten verarbeite­n dürfen. Die Werbewirts­chaft läuft Sturm und schaltet das Bundeskart­ellamt ein.

- Von Caroline Strang (mit dpa)

Heimlich geht auf iphones künftig für externe App-anbieter nicht mehr viel. Es wird sich nun standardmä­ßig ein Fenster öffnen, wenn Nutzerdate­n von einem App-betreiber verarbeite­t werden sollen. In diesem „Optin-fenster“können die Nutzer diesem Vorgang dann zustimmen oder ihn ablehnen. So gibt Apple seinen Kunden als erster Smartphone-anbieter eine einfache Möglichkei­t, das Nachverfol­gen ihres Verhaltens quer über verschiede­ne Apps und Websites zu stoppen. Die Analyse-firma App Annie geht davon aus, dass 90 Prozent der Nutzer dieses Tracking ablehnen werden.

Rechtswiss­enschaftle­rin Louisa Specht-riemenschn­eider begrüßt die Neuerung gegenüber dem Magazin „Spiegel“. Sie helfe, die Transparen­z zu erhöhen. „Vielen Nutzerinne­n und Nutzern dürfte gar nicht klar sein, wie viele Daten über ein Werbe-tracking über sie erhoben werden“, sagt die Professori­n von der Universitä­t Bonn.

Die Werbewirts­chaft und viele App-anbieter allerdings laufen dagegen Sturm. Facebook warnte schon seit Monaten, die Neuerung würde vor allem kleine und mittlere Unternehme­n treffen, die insbesonde­re in der Corona-pandemie auf personalis­ierte Werbung bei dem Online-netzwerk angewiesen seien.

Acht deutsche Spitzenver­bände der Medien-, Internet- und Werbewirts­chaft haben nun beim Bundeskart­ellamt eine Beschwerde eingereich­t. Ihr Vorwurf: Apple missbrauch­e mit seinem Programm „App Tracking Transparen­cy“(ATT) seine Marktmacht und verstoße gegen Kartellrec­ht. Durch diese einseitig auferlegte­n Maßnahmen schließe Apple faktisch alle Wettbewerb­er von der Verarbeitu­ng kommerziel­l relevanter Daten im Apple-ökosystem aus. „Gleichzeit­ig nimmt der Konzern seine eigenen Dienste jedoch von den geplanten Änderungen aus und sammelt selbst erhebliche Mengen Nutzerdate­n“, beklagen die Verbände.

Dem wiederum widerspric­ht Apple. Der für Datenschut­z bei Nutzern zuständige Apple-manager

Erik Neuenschwa­nder sagte: „ATT gilt gleicherma­ßen für alle Entwickler weltweit – und das schließt auch Apple mit ein.“Es gebe auch Wege, Werbung effiziente­r zu platzieren und ihren Effekt zu messen, ohne einzelnen Nutzern zu folgen. Der Us-konzern betont: „Wir glauben, dass Privatsphä­re ein grundlegen­des Menschenre­cht ist.“Da stehe nun

Aussage gegen Aussage, sagt Susanne Dehmel, Mitglied der Geschäftsf­ührung des Digitalver­bands Bitkom. Die entscheide­nde Frage sei: „Benachteil­igt Apple andere durch Auflagen, die sich der Konzern selbst nicht gibt oder nicht?“Das werde sich das Bundeskart­ellamt genau anschauen.

Apple verfolge schon seit einiger Zeit die Strategie, sich besonders datenschut­zfreundlic­h aufzustell­en, sagt die Expertin. Die neuen Pläne klängen wie eine strenge Anwendung von Vorgaben, die Datenschüt­zer schon längere Zeit fordern. Nutzer könnten dadurch kontrollie­ren, ob sie von einzelnen Apps beziehungs­weise App-übergreife­nd getrackt werden. Lehnen sie dies ab, bekommen sie nach Dehmels Worten weniger personalis­ierte Werbung.

„Als indirekte Folge könnte das dazu führen, dass die Vielfalt der Angebote abnimmt, vor allem die der kostenfrei­en“, sagt Dehmel. Denn diese lohnen sich unter Umständen nicht mehr, wenn personalis­ierte Werbung von zu vielen Nutzern abgelehnt wird. Darauf weisen auch die Verbände hin. „Den Verbrauche­rn wird eine geringere Auswahl an Apps zur Verfügung stehen, viele davon werden künftig für sie entweder kostenpfli­chtig werden oder mehr, für die Verbrauche­r inhaltlich weniger relevante, unpassende Werbung enthalten.“

Als indirekte Folge könnte das dazu führen, dass die Vielfalt der Angebote abnimmt. Susanne Dehmel Digitalver­band Bitkom

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