Was meint der Arzt wohl . . ?
Den meisten sind medizinische Fachbegriffe ein Rätsel, manche Befunde erscheinen deshalb beängstigend. Ein Portal will Abhilfe schaffen und übersetzt sie für Laien.
Physiologische Lordose der HWS, vesikuläres AG, Sono Abdomen o.p.b.: Wer das in seinem Befund vom Arzt liest, dem rutscht das Herz in die Hose. Auf Laien wirktl die Fachsprache der Ärzte häufig bedrohlich. Wer kann schon wissen, dass einem bei den drei genannten Beispielen gar nichts fehlt und man, im Gegenteil, kerngesund ist?
„Medizinersprache, schwere Sprache“, könnte man sagen. Was steckt denn jetzt hinter einer physiologischen Lordose der HWS? Nichts weiter als die normale Krümmung der Halswirbelsäule. Ein vesikuläres AG ist das normale Atemgeräusch, das beim Abhören der Lunge zu hören ist.
Und Sono Abdomen o.p.b. ist ein Grund zur Freude: Die Ultraschalluntersuchung des Bauches ist ohne pathologischen Befund – kurzum, es gab keine besorgniserregenden Auffälligkeiten.
Medizinische Fachsprache begegnet Patienten im Befund oder Entlassungsbrief des Krankenhauses, auf einem Rezept oder beim Gespräch mit den Ärzten. Das sind viele Gelegenheiten, bei denen man etwas womöglich nicht versteht.
Beatrice Brülke arbeitet daran mit, dass sich das ändert. Sie arbeitet für die Online-plattform „Was hab‘ ich“, auf der Mediziner ehrenamtlich Befunde für Patienten übersetzen.
Brülke kennt den Grund für die meist wenig patientenfreundliche Sprache in den Schriftsätzen der Ärzte: „Der Befund oder der Entlassungsbrief sind eigentlich nicht für den Patienten, sondern für den weiterbehandelnden Arzt gedacht. Deshalb finden sich dort so viele Abkürzungen und Fachausdrücke.“
Weil man sonst kaum schriftliche Dokumente beim Arzt bekommt, möchten viele den Befund gerne lesen - und verstehen. Denn manchmal sei der Patient so aufgeregt, dass er dem Arzt beim Termin nicht richtig folgen könne, sagt Raf Suhr, ein Arzt und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen.
„Studien zur Arzt-patienten-kommunikation zeigen, dass bis zu 80 Prozent der Informationen, die der Arzt oder die Ärztin an den Patienten weitergibt, wieder vergessen werden“, sagt Suhr. Zumal es den Ärzten eben auch nicht immer gelingt, auf Fachsprache zu verzichten oder sie zu erklären.
Die Übersetzung dieses Befundes, die dann zum Beispiel von der Plattform „Was hab‘ ich“für den Patienten erstellt wird, könne hingegen gut und gerne vier Seiten umfassen. Und dass, obwohl weder Interpretationen noch Behandlungsempfehlungen darin zu finden sind.
Stattdessen wird der Befund nicht Wort für Wort übersetzt, sondern es werden Zusammenhänge verdeutlicht. Etwa, indem die Funktion und der Aufbau der Schulter sowie die Technik der Kernspintomographie näher erklärt werden. Es geht um voraussetzungsfreies Beschreiben. Dann blicken auch Laien ohne Medizinstudium durch.
Im Bereich der bildgebenden Diagnostik scheint es besonders viel Erklärungsbedarf zu geben. „Uns erreichen am häufigsten Befunde aus der Radiologie vom MRT oder CT“, sagt Brülke. „Die sind für die meisten Menschen komplett unverständlich.“
Unter den anderen Professionen sei der Erklärungsbedarf recht ausgeglichen. Brülke: „Das geht wirklich Querbeet, aus jedem Fachgebiet kommt quasi täglich etwas an.“
Die einzige Ausnahme sei der psychologische Bereich, sagt Brülke. Dort seien die Befunde ganz anders und auch die Gespräche seien intensiver.
Nun könnte man ja meinen, dass es nicht so schlimm ist, wenn der Patient nicht alles versteht. Aber „über den Erfolg einer Behandlung entscheidet auch die Beziehung zwischen Arzt und Patient“, sagt Suhr. Ein Patient, der seinem Arzt vertraut, der die Behandlung versteht und auch die Entscheidung mit getroffen hat, habe bessere Aussichten, wieder gesund zu werden.
Einerseits machte Patienten keine Fehler bei der Einnahme von Medikamenten, wenn es keine Missverständnisse bei der Dosierungsempfehlung gibt, sagt Suhr. Zum anderen ist die Therapietreue ein Faktor: Sie gilt als ein Schlüssel zum Behandlungserfolg. Wer dem Arzt vertraut und verstanden hat, worum es geht, dem fällt es leichter, sich an dessen Empfehlungen zu halten.
Patienten rät Suhr, sich Fragen an den Arzt vorab aufzuschreiben, und sich auf jeden Fall auch zu trauen, nachzufragen. „Falsche oder peinliche Fragen gibt es beim Arztbesuch nicht. Man könne sich auch eine vertraute Person als Unterstützung mitnehmen.
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