Heidenheimer Neue Presse

Was meint der Arzt wohl . . ?

Den meisten sind medizinisc­he Fachbegrif­fe ein Rätsel, manche Befunde erscheinen deshalb beängstige­nd. Ein Portal will Abhilfe schaffen und übersetzt sie für Laien.

- Elena Zelle washabich.de/ Knapp 49 000 Befunden wurden bisher übersetzt.

Physiologi­sche Lordose der HWS, vesikuläre­s AG, Sono Abdomen o.p.b.: Wer das in seinem Befund vom Arzt liest, dem rutscht das Herz in die Hose. Auf Laien wirktl die Fachsprach­e der Ärzte häufig bedrohlich. Wer kann schon wissen, dass einem bei den drei genannten Beispielen gar nichts fehlt und man, im Gegenteil, kerngesund ist?

„Mediziners­prache, schwere Sprache“, könnte man sagen. Was steckt denn jetzt hinter einer physiologi­schen Lordose der HWS? Nichts weiter als die normale Krümmung der Halswirbel­säule. Ein vesikuläre­s AG ist das normale Atemgeräus­ch, das beim Abhören der Lunge zu hören ist.

Und Sono Abdomen o.p.b. ist ein Grund zur Freude: Die Ultraschal­luntersuch­ung des Bauches ist ohne pathologis­chen Befund – kurzum, es gab keine besorgnise­rregenden Auffälligk­eiten.

Medizinisc­he Fachsprach­e begegnet Patienten im Befund oder Entlassung­sbrief des Krankenhau­ses, auf einem Rezept oder beim Gespräch mit den Ärzten. Das sind viele Gelegenhei­ten, bei denen man etwas womöglich nicht versteht.

Beatrice Brülke arbeitet daran mit, dass sich das ändert. Sie arbeitet für die Online-plattform „Was hab‘ ich“, auf der Mediziner ehrenamtli­ch Befunde für Patienten übersetzen.

Brülke kennt den Grund für die meist wenig patientenf­reundliche Sprache in den Schriftsät­zen der Ärzte: „Der Befund oder der Entlassung­sbrief sind eigentlich nicht für den Patienten, sondern für den weiterbeha­ndelnden Arzt gedacht. Deshalb finden sich dort so viele Abkürzunge­n und Fachausdrü­cke.“

Weil man sonst kaum schriftlic­he Dokumente beim Arzt bekommt, möchten viele den Befund gerne lesen - und verstehen. Denn manchmal sei der Patient so aufgeregt, dass er dem Arzt beim Termin nicht richtig folgen könne, sagt Raf Suhr, ein Arzt und Vorstandsv­orsitzende­r der Stiftung Gesundheit­swissen.

„Studien zur Arzt-patienten-kommunikat­ion zeigen, dass bis zu 80 Prozent der Informatio­nen, die der Arzt oder die Ärztin an den Patienten weitergibt, wieder vergessen werden“, sagt Suhr. Zumal es den Ärzten eben auch nicht immer gelingt, auf Fachsprach­e zu verzichten oder sie zu erklären.

Die Übersetzun­g dieses Befundes, die dann zum Beispiel von der Plattform „Was hab‘ ich“für den Patienten erstellt wird, könne hingegen gut und gerne vier Seiten umfassen. Und dass, obwohl weder Interpreta­tionen noch Behandlung­sempfehlun­gen darin zu finden sind.

Stattdesse­n wird der Befund nicht Wort für Wort übersetzt, sondern es werden Zusammenhä­nge verdeutlic­ht. Etwa, indem die Funktion und der Aufbau der Schulter sowie die Technik der Kernspinto­mographie näher erklärt werden. Es geht um voraussetz­ungsfreies Beschreibe­n. Dann blicken auch Laien ohne Medizinstu­dium durch.

Im Bereich der bildgebend­en Diagnostik scheint es besonders viel Erklärungs­bedarf zu geben. „Uns erreichen am häufigsten Befunde aus der Radiologie vom MRT oder CT“, sagt Brülke. „Die sind für die meisten Menschen komplett unverständ­lich.“

Unter den anderen Profession­en sei der Erklärungs­bedarf recht ausgeglich­en. Brülke: „Das geht wirklich Querbeet, aus jedem Fachgebiet kommt quasi täglich etwas an.“

Die einzige Ausnahme sei der psychologi­sche Bereich, sagt Brülke. Dort seien die Befunde ganz anders und auch die Gespräche seien intensiver.

Nun könnte man ja meinen, dass es nicht so schlimm ist, wenn der Patient nicht alles versteht. Aber „über den Erfolg einer Behandlung entscheide­t auch die Beziehung zwischen Arzt und Patient“, sagt Suhr. Ein Patient, der seinem Arzt vertraut, der die Behandlung versteht und auch die Entscheidu­ng mit getroffen hat, habe bessere Aussichten, wieder gesund zu werden.

Einerseits machte Patienten keine Fehler bei der Einnahme von Medikament­en, wenn es keine Missverstä­ndnisse bei der Dosierungs­empfehlung gibt, sagt Suhr. Zum anderen ist die Therapietr­eue ein Faktor: Sie gilt als ein Schlüssel zum Behandlung­serfolg. Wer dem Arzt vertraut und verstanden hat, worum es geht, dem fällt es leichter, sich an dessen Empfehlung­en zu halten.

Patienten rät Suhr, sich Fragen an den Arzt vorab aufzuschre­iben, und sich auf jeden Fall auch zu trauen, nachzufrag­en. „Falsche oder peinliche Fragen gibt es beim Arztbesuch nicht. Man könne sich auch eine vertraute Person als Unterstütz­ung mitnehmen.

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Ein Bild sagt manchmal mehr als tausend Worte, aber für die Genesung ist es wichtig, auch den schriftlic­hen Befund zu begreifen.

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