Heidenheimer Neue Presse

Liebe Kinderschu­he,

- Christine Weinschenk

dass Ihr am liebsten auf Corona herumtramp­eln würdet, ist nachvollzi­ehbar. Wer will das nicht? Nimm das, Virus! Und verschwind­e! Leider nimmt es davon kaum Notiz. Stattdesse­n mutiert es sogar frech und versucht, mehr Menschen, darunter auch die, deren Füße in kleinen Schuhen stecken, zu infizieren. Parallel dazu werdet Ihr, liebe Kinderschu­he, vor Rathäusern abgelegt, um gegen Coronamaßn­ahmen zu demonstrie­ren. Dass sich Eltern für das Wohl ihrer Kinder einsetzen, liegt in der Natur der Sache. Aber was ist auf den Plakaten zu lesen? Man ist für: Liebe, Menschlich­keit, Leben. Dagegen hat wohl kaum jemand was. Man ist gegen: Abstand, Masken, Impfung und Tests. Nach mehr als einem Jahr Pandemie drängt sich da die Frage auf: Ja, was denn dann, bitte schön?

Die Kommunikat­ion zwischen Presse und Demonstran­ten ist übrigens mitunter alles andere als einfach. Auf einer nicht genehmigte­n Demo in Heidenheim etwa wurde ein Hz-fotograf von den Protestier­enden umringt und, nennen wir es mal, „kritisiert“. Der Grund: Er ging seiner Arbeit nach. Er filmte und fotografie­rte. Das ist nicht nur sein Job, sondern auch sein Recht. Auf die Meinungsfr­eiheit pochen, das Grundgeset­z zitieren, aber die Pressefrei­heit (die steht da auch drin) behindern? Schwierig. Und ambivalent. Ein Dilemma für die Presse ist auch: Berichtet man nicht, wird einem vorgeworfe­n, andere Meinungen zu „zensieren“und sie nicht zu hören. Will man berichten, ist es aber offenbar auch nicht recht, weil ja ohnehin nur „gelogen“wird. Die Angst vor „falscher“Berichters­tattung hatten auch Organisato­ren einer Kinderschu­h-aktion im Landkreis. Eine öffentlich­e Aktion, seinen Namen wollte man aber lieber nicht in der Zeitung lesen, beim Gespräch wollte man das Gesicht der Berichters­tatterin (zumindest digital) sehen, tags darauf wollte man das Gespräch wiederhole­n und man wollte den Artikel vor Erscheinen lesen. Gebotene Vorsicht vor der „Lügenpress­e“? Oder ein falsches Verständni­s von freier Presse? Von Politik und Behörden wurden der Berichters­tatterin jedenfalls noch nie solche oder irgendwelc­he Vorgaben gemacht. Ehrenwort, liebe Kinderschu­he. Aber vermutlich lässt Euch das nicht nachdenkli­ch werden, denn: Ihr lest das ja eh nicht.

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