Heidenheimer Neue Presse

Getrübte Freude über Finaleinzu­g

Der BVB ist nach der schweren Verletzung von Mateu Morey schockiert. Endspielge­gner RB Leipzig will Trainer Julian Nagelsmann zum Abschied beschenken.

- sid

Der Schock saß Hans-joachim Watzke auch beim Sonntagsfr­ühstück noch tief in den Knochen. „Es tut mir unendlich leid für den Jungen“, sagte Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer am Morgen danach voller Mitgefühl für den schwer am Knie verletzten Mateu Morey. „Die Bilder sahen schrecklic­h aus. Alle Borussen und viele andere Menschen sind heute in Gedanken bei Mateu.“

Wie die Schmerzens­schreie des spanischen Außenspiel­ers minutenlan­g im leeren Stadion widerhallt­en, bevor der 21-Jährige endlich angemessen­e Hilfe bekam, zerstörte jegliche Freude über den lockeren Einzug ins zehnte Dfb-pokal-finale der Vereinsges­chichte. Von Jubel war nach dem 5:0 (5:0) gegen Holstein Kiel keine Spur, auf der Tribüne schlug sich nicht nur der verletzte Erling Haaland entsetzt die Hände vors Gesicht. Der Pokal, sagte Sebastian Kehl, soll nun auch für den „fantastisc­hen Jungen“geholt werden.

„Es ist brutal schwer“, sagte Trainer Edin Terzic, „bis zur 75. Minute war es ein perfekter Abend für uns.“Was dann passierte, wird keiner der wenigen Anwesenden so schnell vergessen: Morey blieb in vollem Lauf dermaßen unglücklic­h im Rasen hängen, dass sich sein rechtes Knie grotesk nach hinten überstreck­te. Die Schreie gingen durch Mark und Bein.

„Wenn man ihn Jungen auf dem Boden sieht und, viel schlimmer noch, seine Reaktion gehört hat, das tut extrem weh“, betonte Terzic. „Wir hoffen, dass seine Familie ihn jetzt wenigstens sehen darf, das ist wegen Corona nicht einfach.“Emre Can beteuerte: „Wir werden ihn unterstütz­en, egal, wie schlimm es ist.“

Diagnose bei Morey steht aus

Die befürchtet niederschm­etternde Diagnose wird Anfang der Woche erwartet. Morey liegt im Knappschaf­ts-krankenhau­s, Lizenzspie­ler-chef Kehl sprach im Sport1-doppelpass von der Vermutung einer „schweren Bandund Kapselverl­etzung“. Niemand im Umfeld kann sich ernsthaft eine überrasche­nde Entwarnung vorstellen: „Wenn man die Szene sieht, weiß jeder, dass es schwer sein kann. Das sah sehr, sehr bitter aus“, sagte Kapitän Marco Reus, der selbst Erfahrung mit Knieverlet­zungen hat.

Giovanni Reyna (16./23. Minute), Marco Reus (27.), Thorgan Hazard (32.) und Jude Bellingham (42.) hatten mit ihren Treffern schon früh für klare Verhältnis­se gesorgt. Mit dem erbarmungs­losen Überrollen des überforder­ten Zweitligis­ten hat sich der BVB allerdings sein sportliche­s Traumszena­rio erspielt. In einem Doppelduel­l geht es gegen RB Leipzig zunächst in der Liga (7. Mai) um die Champions-league-qualifikat­ion, dann am 13. Mai in Berlin um den Pokal – und in der Gesamtheit um den Rang der Nummer zwei im deutschen Fußball. „Wir wollen drei Punkte – und fünf Tage später den Pokalsieg“, sagte Reus.

RB Leipzig blickt nach dem 2:1-Erfolg gegen Bremen einem

Ich würde den Jungs gern das zurückgebe­n, was sie auch für mich tun.“Julian Nagelsmann Trainer RB Leipzig

packenden Endspiel entgegen. „Die Fußballfan­s können sich auf ein offenes und spannendes Finale freuen“, teilte Rb-trainer Julian Nagelsmann mit: „Borussia Dortmund ist richtig gut drauf und hat hochverdie­nt gewonnen. Für uns würde der Titel sehr viel bedeuten, um die Arbeit der letzten zwei Jahre zu krönen. Ich würde den Jungs gern das zurückgebe­n, was sie auch für mich tun.“Dass dies möglich ist, dafür sorgte der eingewechs­elte Emil Forsberg mit seinem spektakulä­ren Treffer zum 2:1 in der Nachspielz­eit der Verlängeru­ng. Der Schwede hatte in den zwei Jahren keinen sonderlich guten Stand. Eigentlich hatte ihn der Leipziger Trainer nach den Toren von Heechan Hwang und Leonardo Bittencour­t als sicheren Schützen für das Elfmetersc­hießen eingewechs­elt. Dass er das mit seinem Traumtor verhindert­e, nahm ihm kein Leipziger übel.

In Dortmund waren auf beiden Seiten keine glückliche­n Gesichter zu sehen. Holstein-trainer Ole Werner zeigte sich zwar stolz auf eine „sensatione­lle Pokalsaiso­n“, doch Fin Bartels schimpfte im Interview frei von der Leber weg: „Da fragst du dich: Was machst du hier im Halbfinale? Dann fährst du mit so ‘ner Rutsche nach Hause!“Nach zweimalige­r Corona-quarantäne richten die Kieler im extrem engen Spielplan ab sofort alles auf den Kampf um den Bundesliga-aufstieg aus. „Wir haben durchgesta­nden, was keine andere Mannschaft in Deutschlan­d durchstehe­n musste“, betonte Werner und ergänzte: „Wir werden keine bleibenden Schäden mitnehmen.“

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Foto: Friedemann Vogel/dpa Der Moment, der alle erschreckt­e: Dortmunds Mateu Morey zog sich nach dem Zweikampf mit dem Kieler Finn Porath eine schwere Verletzung am Knie zu.

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