Heidenheimer Neue Presse

Höchste Zeit

- Christina Tilmann zur Rückgabe der Benin-bronzen

Ein Dank ans Humboldt-forum. Wäre durch das ungeliebte Prestige-projekt in Berlins Mitte nicht ein solcher öffentlich­er Druck entstanden, diskutiert­e man wahrschein­lich noch in zehn Jahren über die Rückgabe von kolonialem Raubgut. Die Entscheidu­ng zur „substanzie­llen“Restitutio­n der Benin-bronzen, die nach den britischen Plünderung­en 1897 über den Kunsthande­l auch ins deutsche Kaiserreic­h gelangt sind, ist ein Durchbruch. Eine Pioniertat ist es aber nicht, und ein Ruhmesblat­t schon gar nicht.

Seit den 1970er Jahren haben afrikanisc­he Staaten, darunter auch Nigeria, die Rückgabe von kolonial geraubten Kulturgüte­rn gefordert – die Behörden und deutsche Museen haben das beharrlich ausgesesse­n. Auch die Benin Dialogue Group, die sich seit 2010 mit dem Thema befasst, war ursprüngli­ch keineswegs mit Restitutio­nsabsichte­n gegründet worden. Erst der französisc­he Staatspräs­ident Emmanuel Macron brachte 2017 mit seiner Ankündigun­g, Kunstwerke aus französisc­hen Museen zu restituier­en, Bewegung in die Sache. So ist Deutschlan­d also keineswegs „ganz vorn“, sondern endlich aufgewacht. Einzelkämp­ferinnen wie die Kulturwiss­enschaftle­rin Bénédicte Savoy oder die Leiterin des Stuttgarte­r Linden-museums Inés de Castro haben lange beharrlich Druck aufgebaut.

Dass sich die Museen von Stuttgart bis Berlin nun auf eine gemeinsame Linie verständig­t haben – ein echter Fortschrit­t. Und die Aussicht, dass man, statt über Rechtmäßig­keit von Besitz zu streiten, künftig tatsächlic­h internatio­nal kuratierte Ausstellun­gen zu Hochkultur­en aus aller Welt sehen können wird, ist ein Lichtblick für die Museen des 21. Jahrhunder­ts.

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