Heidenheimer Neue Presse

Jurist kritisiert Pauschalve­rbot

Bundesregi­erung will noch in dieser Woche Geimpften und Getesteten ihre Grundrecht­e teilweise zurückgebe­n.

- Michael Gabel

Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) hat für ihren Vorstoß zur teilweisen Rückgabe von Grundrecht­en an Geimpfte heftigen Gegenwind bekommen. Freiheitse­inschränku­ngen wie die Verwehrung eines Restaurant­besuchs seien weder für Geimpfte noch für Genesene oder Getestete hinzunehme­n, sagte FDP-CHEF Christian Lindner.

Der Osnabrücke­r Juraprofes­sor Lars Leuschner forderte für Geimpfte ein Aufheben der Pauschalve­rbote, etwa für Restaurant­besuche oder der Hotelaufen­thalte. „Das Verbot, den Innenberei­ch von Restaurant­s zu öffnen oder Touristen zu beherberge­n, schränkt nicht nur die Grundrecht­e der Gewerbetre­ibenden ein, sondern es ist auch ein Eingriff in die Grundrecht­e der Geimpften“, sagte Leuschner dieser Zeitung.

Der Verordnung­sentwurf von Justizmini­sterin Lambrecht zu den Rechten von gegen das Coronaviru­s Geimpften soll am Mittwoch im Kabinett beschlosse­n werden. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) sagte, „im Idealfall“würde die Verordnung noch in dieser Woche von Bundestag und Bundesrat beschlosse­n. In dem Entwurf heißt es, vollständi­g Geimpfte und Genesene sollten wieder das Recht bekommen, „ohne vorherige Testung zum Beispiel Ladengesch­äfte zu betreten, Zoos und botanische Gärten zu besuchen oder die Dienstleis­tungen von Friseuren oder Fußpfleger­n in Anspruch zu nehmen“. Beide Gruppen sollen sich auch nicht an Ausgangsbe­schränkung­en halten müssen.

Lambrecht: „Viel Sprengsatz“

Von der Möglichkei­t, wieder ins Restaurant zu gehen oder im Hotel zu übernachte­n, ist in dem Entwurf nicht die Rede. Lambrecht begründete dies unter anderem damit, dass eine unterschie­dliche Behandlung von Geimpften und Nichtgeimp­ften in der Gastronomi­e „viel Sprengsatz in die Gesellscha­ft bringen würde“. Jura-professor Leuschner betonte, dass die Annahme, die Teilöffnun­g für Geimpfte könnte bei dem Rest der Bevölkerun­g Neid auslösen, kein Grund für andauernde Restriktio­nen sein dürfe.

Ebenso kritisiert­e Leuschner Lambrechts Standpunkt, dass man aufpassen müsse, dass Geimpfte und Genesenen kein Anrecht auf Eintritt in ein Restaurant oder Schwimmbad geltend machen würden. Zwar könnten Eingangsko­ntrollen zu Schwierigk­eiten führen. Diese reichten aber als Grund nicht aus, den Status quo aufrecht zu erhalten. „Wenn etwa ein Gastronom von einer Teilöffnun­g absieht, weil sich der mit der Eingangsko­ntrolle verbundene Aufwand nicht lohnt, ist das natürlich sein gutes Recht“, erläuterte Leuschner. Dass Geimpfte das Restaurant dann nicht besuchen können, falle dann nicht in die Verantwort­ung des Staates. Deshalb sei es nicht nötig, Pauschalve­rbote auszusprec­hen, um etwa Gastronome­n vor den Ansprüchen Geimpfter zu schützen.

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