Schottland stellt die Weichen
Es geht um die neue Regierung, – aber vor allem um die Frage der nationalen Unabhängigkeit.
Die Wahlen zum schottischen Parlament am Donnerstag seien „die wichtigsten in der schottischen Geschichte“, meint Nicola Sturgeon. Da übertreibt die Vorsitzende der Regierungspartei SNP wohl nicht: Auf dem Spiel steht die Zukunft des Vereinigten Königreichs. Sollte sie eine absolute Mehrheit erringen, will sie ein erneutes Referendum über die Unabhängigkeit einfordern.
Die Ministerpräsidentin hat gut lachen. Ihre Regierungspartei SNP erzielt in Umfragen so viele Prozentpunkte, wie die drei nächsten Parteien zusammengenommen anhäufeln können. Sturgeon wird also so oder so triumphieren. Es fragt sich nur, ob die SNP alleine regieren kann oder wie bisher eine Minderheitsregierung stellen wird.
Unabhängigkeit ist das große Wahlkamfthema. Die zweitstärkste Partei der Konservativen macht sich zum Fürsprecher der Union mit dem Rest des Königreichs und ihr Vorsitzender Douglas Ross warnt täglich vor den Konsequenzen eines Alleingangs. Auch Labour gehört dem unionistischen Lager an, doch die Partei ist nur ein Schatten ihrer selbst. Die Grünen, denen eine Verdoppelung ihrer Mandate auf zehn Sitze zugetraut wird, unterstützen ein zweites Unabhängigkeitsreferendum, Indyref2 genannt.
Alex Salmond will in dem 129 Sitze umfassenden Parlament eine „Supermehrheit für die Unabhängigkeit“herstellen. Der frühere Snp-vorsitzende hat sich an die Spitze einer neuen Partei „Alba“– gälisch für Schottland – gestellt und will nur über die Regionalisten antreten. In den Wahlkreisen, so forderte er die Schotten auf, solle man die Erststimme der SNP geben. Die Zweitstimme soll an Alba gehen, denn die SNP habe bei der Listenwahl weniger Aussicht auf Erfolg.
Salmond glaubt, dass dadurch die Zahl der Pro-indyref2-abgeordneten maximiert und eine „Supermehrheit“im Parlament erreicht werden kann. Laut einer Meinungserhebung von „Panelbase“könnte Sturgeons SNP auf 65 Sitze kommen, die Grünen neun und Alba drei Mandate erringen. Das ergäbe eine klare Mehrheit von 77 Abgeordneten, die für ein erneutes Referendum eintreten würden gegenüber 52 unionistischen Mandatsträgern.