Heidenheimer Neue Presse

Der Shooting Star

Mit 33 Jahren strebt Manuel Hagel den Vorsitz der Landtagsfr­aktion an, der zu besseren Zeiten als Sprungbret­t für das Amt des Ministerpr­äsidenten galt.

- Von Roland Muschel

Auf dem Gruppenfot­o, drei Frauen, acht Männer, das die Verhandlun­gsdelegati­onen von Grünen und CDU nach Abschluss des Koalitions­vertrags am Samstag zeigt, steht Manuel Hagel in der letzten Reihe. Die politische Wegmarke, die der CDU den Verbleib an der Macht sichert, überschnei­det sich mit seinem 33. Geburtstag. Als einziger Mann in der Runde trägt er kein Sakko. So sieht jeder, dass er die Ärmel hochgekrem­pelt hat.

Als Generalsek­retär der Südwest-cdu gehört Hagel bereits zur Führungsre­serve. Nun strebt der frühere Sparkassen­direktor den Schritt in die vorderste Reihe an: Wenn die Cdu-landtagsfr­aktion an diesem Dienstag ihren Vorsitz neu vergibt, wird sich der Oberschwab­e zur Wahl stellen; der bisherige Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart wechselt in die Regierung.

Am Montag hat Hagel die Fraktionsk­ollegen abtelefoni­ert, um sie über seine Kandidatur zu informiere­n. Offiziell will er sie erst am Dienstag bekanntgeb­en. Er geht nach Plan vor, und der sieht keine Fehler auf den letzten Metern vor, sondern ein Signal des Aufbruchs.

Den wünscht sich sein Förderer Thomas Strobl auch für die Regierung. Der Cdu-landeschef, der den damaligen Parlaments­neuling aus Ehingen 2016 überrasche­nd zum Generalsek­retär berufen hat, hätte sich den Jungstar auch als Minister vorstellen können.

Nach der Wahlschlap­pe will die CDU Erneuerung ausstrahle­n, inhaltlich, aber auch personell. Schon vom Lebensalte­r und ihrer politische­n Vita her verkörpern die weiter als gesetzt geltenden Minister Strobl (61), Peter Hauk (60) und Wolfgang Reinhart (65) diesen Anspruch nur bedingt.

Hagel aber hat seinen eigenen Plan, und den verfolgt er gezielt. Geschickt hat er den Machtkampf zwischen Strobl und Susanne Eisenmann um die Spitzenkan­didatur moderiert und überlebt. Im Landtagswa­hlkampf präsentier­te er den Cdu-landesverb­and als digitale Avantgarde; intern ließ er früh durchblick­en, dass Eisenmann ihr eigenes Ding mache, sodass er auch die Wahlpleite unbeschade­t überstand, zumal er seinen Wahlkreis mit 35,9 Prozent gewann.

Als Reinhart sich nach der Wahl für zwei Jahre als Fraktionsc­hef bestätigen lassen wollte, fanden sich 25 Abgeordnet­e für einen Antrag, die Amtszeit bis zum Ende der Koalitions­verhandlun­gen zu begrenzen. Reinhart schlug diese Lösung dann selbst vor. Seinen Job als Generalsek­retär wird Hagel im Erfolgsfal­l abgeben müssen, dafür hätte er als Fraktionsc­hef eine eigene Hausmacht und wäre nicht mehr in einer abhängigen Funktion.

Als die CDU noch das Dauerabonn­ement auf die Villa Reitzenste­in innezuhabe­n schien, galt der Fraktionsv­orsitz als Sprungbret­t für das Amt des Ministerpr­äsidenten. Erwin Teufel, Günther Oettinger, Stefan Mappus – sie alle kamen aus dieser Position ins höchste Amt.

Partei im Niedergang

Und sie alle hatten sich in ihrer Zeit als Fraktionsc­hef als Widerpart zum amtierende­n Regierungs­chef positionie­rt. Die CDU, hieß es damals mehr bewundernd als spöttisch, erledige die Opposition­sarbeit auch noch selbst.

Und jetzt? Hagel ist der Shooting Star einer Partei im Niedergang. Seit 15 Jahren befindet sich die CDU im Abstiegska­mpf. 2006 war sie noch auf 44,2 Prozent gekommen, nun auf magere 24,1 Prozent. Einen Dualismus zwischen Fraktionsc­hef und dem nun Vize-ministerpr­äsidenten könne sich die Partei nicht mehr leisten, heißt es in Hagels Umfeld. Nicht mehr Opposition zur eigenen Regierung wolle man sein, sondern diese konstrukti­v-kritisch begleiten.

Ganz frei von Risiken ist die Operation nicht: Der Fraktionsv­orstand, der erst zu einem späteren Zeitpunkt neu gewählt wird und an dem kein Vorsitzend­er vorbei agieren kann, ist bislang kein Hort der Strobl-fans.

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Als Fraktionsc­hef hätte er eine eigene Hausmacht: der bisherige Generalsek­retär der Südwest-cdu, Manuel Hagel.
Foto: Sebastian Gollnow/dpa Bisheriger Fraktionsc­hef: Wolfgang Reinhart. Als Fraktionsc­hef hätte er eine eigene Hausmacht: der bisherige Generalsek­retär der Südwest-cdu, Manuel Hagel.
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