Ärmere Viertel sind stärker von Corona betroffen
Mannheim zieht eine Covid-19-bilanz auf Basis einer Analyse aller Stadtbezirke.
Der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) hat die Notbremse gezogen. Weil „das Spekulieren darüber schädlicher ist als das Zeigen“veröffentlicht Mannheim als erste Großstadt im Land eine Coronabilanz aus allen Bezirken. Das Ergebnis: Wohnsituation, Sprachprobleme, Arbeit und Bildungsstand sind entscheidend für den Umgang mit dem Virus. In Quartieren, in denen der Anteil an Zuwanderern besonders hoch ist, liegt auch der Inzidenzwert weit über dem städtischen Durchschnittswert (100,2).
Spitzenreiter ist der soziale Brennpunkt Neckarstadt-west mit 141,8. Hier leben nahezu 70
Mannheim.
Prozent der Bewohner mit Migrationshintergrund. Bestimmte Milieus haben laut Stadtverwaltung sprachliche Probleme, zum Beispiel die Impfhotline in Anspruch zu nehmen.
Auch beim Blick auf die wöchentlichen Neuinfektionen steht dieser Bezirk zusammen mit dem Nachbardistrikt Neckarstadt-ost ganz oben auf der Liste des Gesundheitsamtes. Auf dem zweiten und dritten Rang seiner Skala liegen die Stadtteile Käfertal und Vogelstang, die sich durch prekäre Lebensverhältnisse in Hochhäusern und eine hohe Zuwanderungsquote von den anderen Stadtteilen unterscheiden. Am unteren Ende der Inzidenz-skala rangieren die Vororte Feudenheim (73), Schwetzingerstadt/ Oststadt (57,6) und der Lindenhof (57,1). Dort wohnt zumeist das wohlhabende Bürgertum. „Es gibt eine klare Korrelation zwischen sozialem Status und gesundheitlicher Exposition“, sagt Mannheims OB Kurz. Gesundheitsamtsleiter Schäfer sah auch Wohn- und Beschäftigungsverhältnisse als entscheidende Faktoren an.
Das ist nicht nur in Mannheim so: Laut Robert-koch-institut (RKI) sind die sozialen Unterschiede generell ein entscheidender Faktor. „Im Dezember und Januar lag die Covid-19-sterblichkeit in sozial stark benachteiligten Regionen um rund 50 bis 70 Prozent höher als in Regionen mit geringer sozialer Benachteiligung“, sagt eine Rki-sprecherin.
Mediziner fordern, verstärkt in sozialen Brennpunkten zu impfen. „Auf den Intensivstationen liegen überdurchschnittlich viele Menschen aus ärmeren Bevölkerungsschichten, Menschen mit Migrationshintergrund und sozial Benachteiligte“, sagte der wissenschaftliche Leiter des Intensivbettenregisters Divi, Christian Karagiannidis, der „Rheinischen Post“. „Um diese Menschen besser zu schützen und die Intensivstationen zu entlasten, sollten alle Bürgermeister und Gesundheitsämter mobile Impfteams in die sozialen Brennpunkte ihrer Städte schicken.“Der Deutsche Städtetag unterstützt die Forderung.