Auch dieses Jahr fällt die Wiesn aus
Kein „O‘zapft is“und keine Menschenmassen auf dem Münchner Oktoberfest. Schuld ist Corona. Die Politik stellt den Gesundheitsschutz voran. natürlich
Manche Münchner waren bis zuletzt Optimisten, doch am Montag wurde ihnen jede Hoffnung jäh geraubt: Auch in diesem Herbst wird es – wie schon 2020 – wegen der Corona-pandemie kein Oktoberfest geben. Das sagte der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Reiter meinte: „Es ist sehr schade für die vielen Millionen Fans der Wiesn.“Aber man müsse „die Verantwortung für den Gesundheitsschutz
der Bevölkerung übernehmen“. Angesichts der ungewissen Corona-situation könne es auf dem größten Volksfest der Welt mit um die sechs Millionen Besuchern pro Jahr keine „ausgelassene, sichere, angstfreie Atmosphäre geben“.
Markus Söder macht klar, was eine Entscheidung für die Wiesn oder eine Art von Oktoberfest light bedeutet hätte: Ein solches Vorhaben wäre „wirtschaftlich unabwägbar“gewesen. Denn ist Corona Ende September weiterhin in größerem Maß da, hätte man die Veranstaltung kurzfristig absagen müssen. Dadurch würde auch die „Marke Oktoberfest“beschädigt. Außerdem wäre die Gefahr geblieben, dass sich das Fest durch die engen Kontakte von tausenden Menschen in den riesigen Zelten zum „Superspreader-event“entwickelt hätte. Das 187. Oktoberfest findet nun also voraussichtlich 2022 statt. Nach einem Gespräch mit den Oberhäuptern der großen bayerischen Städte, die auch Events veranstalten, meint Söder: „Halbgare Feste würden nicht funktionieren.“
OB Reiter tun auch die Beschäftigten und die Unternehmen auf der Wiesn leid: „Die Standlbesitzer, Bedienungen und Wirte.“Ihnen möchte die Stadt eine
„kleine Kompensation“anbieten, wie es sie in München schon 2020 gegeben hatte. Damals hieß die Aktion „Sommer in der Stadt“: An verschiedenen Orten waren dezentral Wiesn-fahrgeschäfte, Schießbuden oder Lebkuchenstände aufgestellt, betrieben vom Wiesn-personal.
So konnte man etwa im Olympiapark mit dem Original-riesenrad des Oktoberfestes fahren. Allerdings verlief diese Aktion durchwachsen – oft strahlten die Orte vor allem Tristesse aus und ließen den Schmerz über die ausgefallene echte Wiesn noch größer aufsteigen.
Die Gastronomie plant - ebenfalls wie 2020 – erneut eine „Wirtshauswiesn“. In den Lokalen und Biergärten werden, falls sie denn öffnen dürfen, typische kulinarische Schmankerl des Oktoberfestes angeboten. Auch dürfte erneut ein Oktoberfest-krug hergestellt und verkauft werden. Der ist für manche ein Sammlerstück. Und es wird wieder Wiesnbier gebraut und in Getränkeläden und Supermärkten verkauft, sowie in Gastwirtschaften ausgeschenkt werden.
Die Münchner haben ja ein durchaus gespaltenes Verhältnis zum Mysterium Oktoberfest. Viele sehnen das „O‘zapft is“schon Wochen vorher herbei. Sie denken an den Geruch von Brathendln, gebrannten Mandeln und Bier. Während der Wiesn indes nehmen die Klagen zu: verstopfte U-bahnen, lärmende betrunkene Italiener, Erbrochenes auf den Gehsteigen. Trauernde Wehmut steigt aber spätestens während der Wiesn-zeit auf bei einem Gang über das riesige und weitgehend leere Areal.
Halbgare Feste würden nicht funktionieren.