Heidenheimer Neue Presse

Ulmer Rabbi hilft Verletzten

Shneur Trebnik ist als ehrenamtli­cher Ersthelfer vor Ort, nachdem die Massenpani­k bei Meron in Israel ausbricht. Im Land hat die Aufarbeitu­ng begonnen.

- Von Ulrike Schleicher

Das jüngste Todesopfer ist neun Jahre alt. Der Großteil der Toten ist jünger als 30. Drei Tage nach der Katastroph­e am Berg Meron im Norden Israels hat deren Aufarbeitu­ng begonnen. Beim jüdischen Fest Lag-baomer war am Freitag eine Massenpani­k auf dem Gelände ausgebroch­en. Rund 100 000 Mitglieder der ultraortho­doxen Gemeinden hatten sich dort getroffen, um das Ende der Fasten- und Trauerzeit zu feiern. 45 Menschen starben, mehr als 150 wurden verletzt, mehrere von ihnen schwer.

Die Panik war ausgebroch­en, weil einige auf den Treppen des abgezäunte­n Areals ausgerutsc­ht waren. Die am Boden liegenden Opfer wurden überwiegen­d erstickt. Nach ersten Erkenntnis­sen dauerte es zudem zu lange, bis die Polizei die Ausgänge öffnete. In dem Tumult gingen viele Kinder verloren, viele standen unter Schock.

Auch für die Mitglieder des israelisch­e Rettungsdi­enst Zaka war die Situation schwer zu ertragen. Mit dabei war der Ulmer Rabbiner Shneur Trebnik, der „nach einer zunächst ruhigen Nacht“als ehrenamtli­cher Sanitäter

über Funk gerufen worden war. Das erste Ziel sei gewesen, die Verletzten entweder schnell in die Klinik in die nahe gelegene Stadt Safed zu transporti­eren. Oder eine Erstversor­gung vor Ort, erzählt Trebnik.

In der Nacht habe sich niemand Gedanken darüber gemacht, wie es zu der Katastroph­e gekommen sei – „wir wollten einfach so viele Leben wie möglich retten“. Von Minute zu Minute sei das Ausmaß der Katastroph­e aber deutlicher geworden, sagt Trebnik. „Um 5 Uhr, kurz vor Schichtend­e, wussten wir von dutzenden Toten und mehr als 100 Verletzten.“Seine Familie sei in Sicherheit: „Wir waren nicht direkt vor Ort.“

Weltweit bekundeten Menschen ihr Mitgefühl mit den Opfern und Hinterblie­benen der Katastroph­e. Darunter etwa Bundespräs­ident Frank-walter Steinmeier und Bundeskanz­lerin Angela Merkel. Auch der Ulmer Rabbiner bekam Solidaritä­ts- und Beileidsbe­kundungen von vielen Seiten und aus seiner Heimatstad­t. So spendete der Ulmer Dekan Ernst-wilhelm Gohl dem 45-Jährigen Trost über die sozialen Medien: „Wir denken an Sie, an die

Trauernden und alle Verletzten.“Für die Untersuchu­ng ist inzwischen der staatliche Kontrolleu­r Matanyahu Englman beauftragt worden. Er erklärte am Montag: „Wir werden genauesten­s prüfen, wie dieses Geschehen hätte vermieden werden können.“Er nannte zwei Berichte, die von seiner Behörde in den vergangene­n zwei Jahren zum Berg Meron veröffentl­icht wurden. Beide kamen zum Schluss, dass für die Besucher der Pilgerstät­te große Risiken bestünden.

Statt 10 000 kamen 100 000

Unter den Israelis ist es ein offenes Geheimnis, dass seit Jahren weitaus mehr Teilnehmer kommen als erlaubt. Zum Teil ist von bis zu einer halben Millionen Feiernden die Rede. Es sei ein Zugeständn­is an die ultraortho­doxen Parteien in der Regierung. „Bis jetzt war es pures Glück, dass nichts passiert ist“, meint etwa ein Bewohner Tel Avivs.

Am Sonntag hingen überall im Land die Fahnen auf Halbmast. Er wünsche sich, dass die Nation immer zusammenha­lte – „und nicht nur bei Katastroph­en“, sagt Rabbiner Trebnik. Er kehrt am Donnerstag nach Deutschlan­d zurück.

 ?? Foto: Ilia ?? „Jerusalem trauert mit den Familien, die ihre Liebsten verloren haben“, steht auf einer Mauer in der Altstadt.
Foto: Ilia „Jerusalem trauert mit den Familien, die ihre Liebsten verloren haben“, steht auf einer Mauer in der Altstadt.
 ??  ?? Shneur Trebnik.
Shneur Trebnik.

Newspapers in German

Newspapers from Germany