Heidenheimer Neue Presse

Dfb-krise: Großes Schweigen bei Kellers Spiel auf Zeit

Nach der Rücktritts­forderung der Landes- und Regionalve­rbände reagiert der wankende Präsident zunächst nicht. Der Fall kommt nun vor das Dfb-sportgeric­ht.

- sid/dpa

Der bedenklich wankende Fritz Keller hat nach dem gewaltigen Beben von Potsdam sein fragwürdig­es Spiel auf Zeit begonnen. Selbst mit etwas Abstand zur Rücktritts­forderung der Landesund Regionalve­rbände rührte sich der tief getroffene Präsident des Deutschen Fußball-bundes (DFB) zunächst nicht. Tritt er zurück? Was, wenn nicht? Und was passiert mit seinem Widersache­r Friedrich Curtius, dem ebenfalls das Vertrauen entzogen wurde?

Welche Konsequenz­en aus den Beschlüsse­n der Konferenz mit den Landesfürs­ten gezogen werden, ist weiter völlig offen. Der 64-jährige Freiburger Keller, so scheint es, will offenbar erst die Einlassung­en der Ethikkommi­ssion zu seinem Nazi-vergleich abwarten, bevor er sich zu seiner Zukunft äußert. Die Ethikkommi­ssion hat inzwischen beraten und das Resultat dem Dfb-sportgeric­ht zu einer Entscheidu­ng vorgelegt, wie der DFB am Montagaben­d mitteilte. Zu den Details äußerte sich der Verband nicht.

Der DFB hüllt sich ebenso wie die betroffene­n Funktionär­e in Schweigen – selbst die Landesfürs­ten, die in Vizepräsid­ent Rainer Koch und Schatzmeis­ter Stephan Osnabrügge die weiteren Gegner Kellers in der Führung des Verbandes stützten, äußern sich nicht weiter. Der monatelang­e Machtkampf der unversöhnl­ichen Dfb-spitze ist nach dem Gipfel am Templiner See in Potsdam an einem erneuten Tiefpunkt angelangt. Viele Seiten sehen Keller jedenfalls nach dem Nazi-vergleich gegenüber Koch als nicht mehr tragbar an, die krachende Klatsche samt Vertrauens­entzug und Rücktritts­forderung vom Sonntag verschärft­e die Lage nochmals. Bis der erst im September 2019 angetreten­e DFB-CHEF an der Spitze des größten Einzelspor­tverbandes der Welt den Hut nehmen muss, ist es womöglich nur eine Frage der Zeit.

Der Präsident war massiv in die Kritik geraten, nachdem er seinen Vize Koch in einer Sitzung mit dem Nazi-richter Roland

Freisler verglichen hatte. Curtius und Osnabrügge sollen den Vorfall der unabhängig­en Ethikkommi­ssion gemeldet haben. Koch, der Kellers Entschuldi­gung lediglich „entgegenge­nommen“hat, will eine Bewertung des Sachverhal­ts den „dafür zuständige­n Gremien“überlassen. Nun soll der Fall Keller also vor das Dfb-sportgeric­ht kommen.

Kaum Rückhalt für Curtius

Ansonsten hätte die ganze Angelegenh­eit wohl auch in den Dfb-vorstand wandern können. Bei einer Entscheidu­ng durch das formal zweithöchs­te Gremium des Verbandes, dem 15 Mitglieder des Dfb-präsidiums, 21 Landesvert­reter, fünf Präsidente­n der Regionalve­rbände sowie zwölf Mitglieder der Deutschen Fußball

Liga (DFL) angehören, könnte Keller womöglich auf etwas mehr Unterstütz­ung zählen. Für den im Profilager isolierten Curtius gibt es dagegen kaum Rückhalt. „Ich stehe für Gespräche zu konstrukti­ven Lösungen für den DFB jederzeit zur Verfügung, dies umfasst selbstvers­tändlich auch meine Funktion“, ließ der Funktionär über den DFB mitteilen.

Die Vertreter der Deutschen Fußball-liga (DFL) hatten sich im Machtkampf auf die Seite des Präsidente­n geschlagen, nachdem sie bereits bei dessen Amtsantrit­t große Hoffnungen in einen Neuanfang gesteckt hatten. Sollte sich Keller trotz seiner verbalen Entgleisun­g und der Verurteilu­ng dessen auch vonseiten der DFL halten können, müsste er sich dennoch fragen, ob er gegen den Willen der Amateure weiterregi­eren möchte.

Vor allem für Koch dürfte es in diesem Fall deutlich enger werden. Trotz des Zuspruchs der Amateurver­treter steht der Jurist längst mit Curtius und Osnabrügge in der Schusslini­e. Im Mittelpunk­t des Konflikts: ein undurchsic­htiger und hochdotier­ter Vertrag mit einem Kommunikat­ionsberate­r aus dem Jahr 2019. Koch, Curtius und Osnabrügge sollen diesen Vertrag auf den Weg gebracht.

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Foto: Boris Rössler/dpa 13. Präsident des Deutschen Fußball-bundes: Fritz Keller amtiert erst seit dem 27. September 2019.

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