Alte Rasierer im Supermarkt
Vom Jahr 2022 an müssen alle großen Händler Elektrogeräte zurücknehmen. Was das für Kunden und Discounter bedeutet.
Fotos von Autoschlangen vor den Recyclinghöfen haben in der Corona-zeit oft für Schlagzeilen gesorgt. Zumindest Elektrogeräte soll man spätestens ab Mitte kommenden Jahres nun leichter entsorgen können. Die Regierung nimmt alle Handelsfilialen mit mehr als 800 Quadratmeter Größe in die Pflicht, die mehrmals im Jahr selbst Elektrogeräte verkaufen. Jeder gängige Supermarkt und Discounter wird daher bald Elektroaltgeräte zurücknehmen müssen. Das heißt: Die Kunden können mit ihrem alten Toaster oder Rasierer in die nächste Aldi-niederlassung, in die Kaufland-filiale oder zum großen Edeka gehen und ihn dort kostenfrei abgeben.
Denn der Deutsche Bundestag hat jüngst eine Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes beschlossen. Kleine Elektroaltgeräte mit einer Kantenlänge von bis zu 25 Zentimetern können Kundinnen und Kunden in Zukunft unabhängig von einem Neukauf oder der Marke zurückgeben, wie das Umweltministerium berichtet, größere Altgeräte beim Kauf eines entsprechenden neuen Artikels. Das bedeutet auch: Wer eine neue Waschmaschine kauft, kann dafür seine alte abgeben.
Auch Online-händler sollen ihren Kunden bei jedem Kauf von neuen Elektrogeräten eine kostenlose Abholung und Entsorgung der alten Geräte anbieten. „Ich will Verbraucherinnen und Verbrauchern die Rückgabe von alten Elektrogeräten so einfach wie möglich machen. Sie sollen das ganz nebenbei beim Wocheneinkauf oder beim Online-shopping erledigen können“, sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze dazu.
„Der große Vorteil für Verbraucher ist, dass von Mitte 2022 an rund 25 000 neue Rücknahmestellen für Elektroaltgeräte im deutschen Handel eingerichtet werden“, nennt Stefan Hertel, Pressesprecher des Handelsverbands Deutschland (HDE) eine Größenordnung. Dies erleichtere die Rückgabe deutlich.
Das sieht auch Philip Heldt, Umweltexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-westfalen, so. Das neue Gesetz sei ein großer Zugewinn. Bisher hätten Recyclinghöfe und große Elektrohändler als Rückgabestellen gedient. „Aber gerade in Corona-zeiten gehen die meisten nicht so oft in den Elektrohandel, in den Supermarkt oder zum Discounter dagegen schon“, sagt Heldt. Die neue Regelung sei eine einfache und begrüßenswerte Lösung. Außerdem praktisch und gerecht. „Wenn man schaut, wie viele Elektrogeräte gerade bei Discountern als Aktionsware verkauft werden, ist es nur richtig, dass sie auch bei der Rückgabe eine Rolle spielen“, sagt Heldt.
Für die Händler sei der Aufwand allerdings beträchtlich, sagt Hertel. Momentan prüfen Supermärkte und Discounter nach seinen Worten, wie die Rücknahme am besten organisiert werden kann. „Hier stehen Fragen der Logistik, Lagerung und des Kundenservice im Mittelpunkt.“
Von Mitte des Jahres 2022 an wird es 25 000 neue Rücknahmestellen geben.
Sammelquote soll steigen
Verbraucherschützer Heldt wünscht sich einfache Lösungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Geschäfte müssten darüber informieren, dass sie Altgeräte zurücknehmen und wie das vonstatten gehe. „Es könnte auch einfach irgendwo eine Elektromülltonne stehen, in der zumindest die kleinen Geräte entsorgt werden können.“Er vermutet, dass sich die Händler diese Leistung vielleicht auch über geringfügige Preiserhöhungen bezahlen lassen werden.
Sowohl Handelsverband als auch Verbraucherzentrale teilen die Einschätzung des Umweltministeriums, dass durch diesen Schritt die Sammelquote für Elektroaltgeräte steigen wird. Wie hoch, sei allerdings fraglich, sagt Hde-sprecher Hertel. „Aus unserer Sicht wird das Ziel der Novelle, die Erfüllung der seit 2019 geltenden Eu-sammelquote von 65 Prozent, durch die einseitige Ausweitung der Handelsrücknahme nicht erreicht werden.“Momentan werden nur rund 43 Prozent der Elektrogeräte zurückgegeben.