Heidenheimer Neue Presse

Warten auf das Rudel

Seit mehr als fünf Jahren wandern Wölfe durchs Land. Drei Rüden sind sesshaft geworden. Von einem Weibchen gibt es bislang keine Spur.

- Von Petra Walheim

GW852m hat vor gut drei Jahren auf spektakulä­re Weise auf sich aufmerksam gemacht. In der Nacht zum 30. April 2018 ist der männliche Grauwolf bei Bad Wildbad (Kreis Calw) im Nordschwar­zwald über eine Schafherde hergefalle­n und hat mehr als 40 Schafe getötet. Das Raubtier ist im Nordschwar­zwald sesshaft geworden – und hat Nachbarn bekommen. Auch im Südschwarz­wald residiert ein Wolf, ebenso im Odenwald. Die spannende Frage ist, wann und wo das erste Weibchen auftaucht. „Dass es auch in Baden-württember­g in Zukunft ein Rudel geben wird, ist sehr wahrschein­lich“, heißt es aus dem Umweltmini­sterium. „Wann es soweit sein wird, können wir auch nicht seriös voraussage­n.“

Die blutige Attacke von GW852M im Nordschwar­zwald hat unter Schäfern und anderen Nutztierha­ltern Ängste beschworen, Bedenken, Beschwerde­n und Empörung ausgelöst. Die Forderunge­n gingen weit auseinande­r bis hin zu dem Vorschlag, der Wolf müsse erschossen werden. Doch der Wolf ist ein nach europäisch­em Recht streng geschützte­s Tier. Deshalb ging die grün-schwarze Landesregi­erung dazu über, die Nutztierha­lter beim Schutz ihrer Tiere zu unterstütz­en.

Noch im Frühjahr 2018 wurde der Nordschwar­zwald als erstes Fördergebi­et „Wolfspräve­ntion“ausgewiese­n. Das bedeutet, Schäfer und andere Nutztierha­lter bekommen die Kosten für den Kauf von Schutzzäun­en, den Mehraufwan­d an Arbeitszei­t sowie den Kauf und Unterhalt von Herdenschu­tzhunden vom Land erstattet.

Land sagt Unterstütz­ung zu

In den Diskussion­en um den Wolf ging es meist hart zur Sache. Inzwischen ist es aber ruhiger geworden. Das Land hat seine volle Unterstütz­ung zugesagt, auch deshalb, weil in vielen Gebieten des Landes die typische Kulturland­schaft mit Wacholderh­eiden und offenen Flächen nur mit der Schafhaltu­ng zu erhalten ist. Je mehr Schäfer ihren Betrieb aufgeben, umso mehr Flächen wachsen zu, weil die meisten topographi­sch so ungünstig liegen, dass sie mit Maschinen nicht bewirtscha­ftet werden können.

Zwei Jahre nach dem Auftritt von GW852M im Nordschwar­zwald, ließ sich „Grauwolf11­29m“im Süden des Mittelgebi­rges nieder, weit genug entfernt vom Revier seines Artgenosse­n im Norden. Ihm vorausgega­ngen ist ein

Wolf, der seine Wanderung durch den Südschwarz­wald nicht überlebt hat. Im Juli 2017 wurde im Schluchsee ein toter Wolf entdeckt. Die Untersuchu­ng ergab, dass er erschossen worden ist. Wer den Schuss abgegeben hat, ist bis heute nicht geklärt. Die Polizei hat die Ermittlung­en nach einem Jahr eingestell­t.

Neu zugezogen ist GW1832M im Odenwald. Ende Januar dieses Jahres machte er erstmals auf sich aufmerksam. Weil davon ausgegange­n wird, dass auch er bleibt, hat die Landesregi­erung Ende März den Naturraum Odenwald als zweites Fördergebi­et Wolfspräve­ntion ausgewiese­n. Das Gebiet umfasst 94 Städte und Gemeinden, von Neckargemü­nd (Rhein-neckar-kreis) im Westen bis Boxberg (Main-tauber-kreis) im Osten, und von Wertheim (Main-tauber-kreis) im Norden bis Neckarsulm (Kreis Heilbronn) im Süden. Das Gebiet ist 2630 Quadratkil­ometer groß.

Der Odenwald-wolf ist bisher nicht durch Nutztier-risse aufgefalle­n. Er tappte in Fotofallen und konnte über seine Hinterlass­enschaften identifizi­ert werden. Daher wissen die Experten, dass auch er ein Rüde ist.

Warum sich seit Jahren nur männliche Wölfe im Land niederlass­en, ist auch für das Umweltmini­sterium ein Rätsel. „Dafür haben wir auch keine Erklärung“, sagt ein Pressespre­cher. Doch er ist sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein Weibchen auftaucht und sich mit einem der Rüden verpaart.

Ausbau des Herdenschu­tzes

Das Land sei auf ein Rudel vorbereite­t, sagt der Sprecher. Das Wolfsmanag­ement im Land werde stetig weiterentw­ickelt. „Das Monitoring, der Herdenschu­tz und dessen Förderung, die Beratung und die Kommunikat­ionsund Öffentlich­keitsarbei­t“würden weiter ausgebaut. Die Forstliche Versuchs- und Forschungs­anstalt in Freiburg biete eine umfassende Herdenschu­tzberatung an. Außerdem finde „ein intensiver Dialogproz­ess auf verschiede­nen Ebenen statt, um mit allen betroffene­n gesellscha­ftlichen Gruppen in einem konstrukti­ven Austausch zu bleiben“. Dennoch bleibe die Rückkehr des Wolfes „natürlich ein hochemotio­nales Thema“, räumt das Umweltmini­sterium ein. Die Aufgabe sei, dieses „im Dialog vor Ort“zu versachlic­hen, um Akzeptanz zu werben und weiter daran zu arbeiten, „dass wir zu einem möglichst flächigen Herdenschu­tz im Schwarzwal­d kommen“.

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Foto: Swen Pförtner/dpa Der Wolf: Das Raubtier wird vom europäisch­en Recht streng geschützt.

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