Heidenheimer Neue Presse

Die verkleiner­te große Nation

- Stefan Kegel

Er war nur 1,68 Meter groß, aber im Unterjoche­n anderer Länder machte ihm eine Zeitlang kaum jemand etwas vor: Napoleon Bonaparte. Am Mittwoch war der 200. Todestag des französisc­hen Kaisers. Und wahrschein­lich ist es gut so, dass er das nicht mehr miterleben musste: Ein Belgier hat nämlich das Land des umtriebige­n Eroberers mal eben verkleiner­t.

Das hätte der Mann mit dem Zweispitz den Nachbarn seinerzeit sicherlich nicht durchgehen lassen, da hätten sie hundertmal die Pommes frites erfinden können. Der Zwischenfa­ll trug sich jetzt in der Gemeinde Erquelinne­s zu. Einem Landwirt war der Grenzstein von 1819 im Weg. Kurz entschloss­en versetzte er ihn um gute zwei Meter nach Frankreich. Es wäre vermutlich niemandem aufgefalle­n, wenn nicht ein Hobby-historiker den unerhörten Vorfall dokumentie­rt hätte.

Manchmal genügen in der Geschichte kleines Anlässe, um einen unerhörten Wirbel zu entfachen. In Europa einfach so Grenzen zu verschiebe­n – das kannte man zuletzt nur aus einer Region viel weiter östlich. Aber die Grande Nation zeigt sich entspannt. Die Bürgermeis­terin der verkleiner­ten französisc­hen Nachbargem­einde sagte mit einem Augenzwink­ern: „Wir sollten einen Grenzkrieg vermeiden können.“Im Notfall müsste die französisc­h-belgische Grenzkommi­ssion ran, die seit 1930 nicht mehr verhandelt hat. Napoleon würde sich im Grabe rumdrehen.

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