Die verkleinerte große Nation
Er war nur 1,68 Meter groß, aber im Unterjochen anderer Länder machte ihm eine Zeitlang kaum jemand etwas vor: Napoleon Bonaparte. Am Mittwoch war der 200. Todestag des französischen Kaisers. Und wahrscheinlich ist es gut so, dass er das nicht mehr miterleben musste: Ein Belgier hat nämlich das Land des umtriebigen Eroberers mal eben verkleinert.
Das hätte der Mann mit dem Zweispitz den Nachbarn seinerzeit sicherlich nicht durchgehen lassen, da hätten sie hundertmal die Pommes frites erfinden können. Der Zwischenfall trug sich jetzt in der Gemeinde Erquelinnes zu. Einem Landwirt war der Grenzstein von 1819 im Weg. Kurz entschlossen versetzte er ihn um gute zwei Meter nach Frankreich. Es wäre vermutlich niemandem aufgefallen, wenn nicht ein Hobby-historiker den unerhörten Vorfall dokumentiert hätte.
Manchmal genügen in der Geschichte kleines Anlässe, um einen unerhörten Wirbel zu entfachen. In Europa einfach so Grenzen zu verschieben – das kannte man zuletzt nur aus einer Region viel weiter östlich. Aber die Grande Nation zeigt sich entspannt. Die Bürgermeisterin der verkleinerten französischen Nachbargemeinde sagte mit einem Augenzwinkern: „Wir sollten einen Grenzkrieg vermeiden können.“Im Notfall müsste die französisch-belgische Grenzkommission ran, die seit 1930 nicht mehr verhandelt hat. Napoleon würde sich im Grabe rumdrehen.