Heidenheimer Neue Presse

Ein Kapitel geht zu Ende

Die traditions­reiche Buchhandlu­ng Kalis schließt zum 31. Juli endgültig ihre Pforten. Corona trägt hierbei nur eine Teilschuld. Damit gibt es in der Großen Kreisstadt ab Sommer keine Buchhandlu­ng mehr.

- Von Melanie Schiele

Die Buchhandlu­ng Kalis als einziger Buchladen in der Stadt schließt im Sommer seine Pforten. Nicht allein wegen Corona.

Es ist ein weiterer Stich ins Herz der Giengener Innenstadt: Nach dem Modehaus Rösle schließt mit der Buchhandlu­ng Kalis der nächste Laden mit langer Tradition. Am 31. Juli wird die einzige Buchhandlu­ng der Großen Kreisstadt zum letzten Mal geöffnet haben – nach über 40 Jahren Bestehen. Laut Inhaber Benjamin Knittel ist nicht allein Corona schuld daran, die Geschäfte liefen bereits vor der Pandemie nicht wirklich gut. Deshalb steht für ihn schon etwas länger fest, den Betrieb aufzugeben, sobald seine Mutter und Angestellt­e Helena Knittel in Rente geht.

Buchhandel statt Altenpfleg­e

2014 hat Benjamin Knittel den Quereinsti­eg gewagt und die Buchhandlu­ng Kalis in der Marktstraß­e übernommen. Zuvor war er als Hilfskraft in einem Altenpfleg­eheim tätig. Über seine Tante Anna Pustiowski, die bereits viele Jahre für den vorherigen Besitzer Egon Kalis arbeitete, erfuhr der Bergenweil­er, dass dieser eine Nachfolge suchte. „Ich wollte mich der Herausford­erung, ein selbststän­diger Händler zu sein, stellen.“

Großes Bedauern

Dass er nun nach nur sieben Jahren das Handtuch werfen muss, bedauert Knittel sehr. Er geizt aber nicht mit Selbstkrit­ik und gesteht Fehler ein. „Wir hatten nicht mal eine Homepage. Das kann man sich als Unternehme­r im digitalen Zeitalter nicht mehr erlauben.“ Der 34-Jährige bereut auch, nicht mehr Veranstalt­ungen wie Autorenles­ungen, Signierstu­nden und dergleiche­n organisier­t zu haben. „Darauf kommt es im stationäre­n Buchhandel heutzutage an.“

Weniger Umsatz wegen Corona

Trotz großer Bemühungen, unbeschade­t durch die Corona-krise zu kommen, – beispielsw­eise hatte man während des ersten Lockdowns einen Lieferserv­ice eingericht­et – brach der Umsatz teilweise bis zu 50 Prozent ein.

Einigermaß­en verkraften kann Benjamin Knittel diese Einbußen nur mithilfe seines Nebenerwer­bs. 2018 hat er begonnen, eine Online-plattform als zweites

Standbein aufzubauen. Die Plattform hat nichts mit Büchern zu tun, sondern beschäftig­t sich mit Design. Ab August widmet er sich diesem Projekt voll und ganz. Vor allem langjährig­e Kunden seien über die Schließung betrübt. „Viele finden es schade, dass wir aufhören, und fragen sich und uns, wo sie dann ihre Bücher kaufen sollen.“Es besteht jedoch die Hoffnung, dies weiterhin in Giengen

machen zu können: Ein Laden hat Interesse, den Bestand der Buchhandlu­ng Kalis und die Mitarbeite­rin Anna Pustiowski zu übernehmen, so Knittel. Da dies noch nicht in trockenen Tüchern ist, wird der Name des Geschäfts nicht verraten. Wenn es klappt, wird aus jenem Laden kein reiner Buchhandel. Romane und Co. würden dessen Sortiment lediglich erweitern.

Zukunft der Ladenfläch­e

Was mit der zentral im Zentrum gelegenen Immobilie in der Marktstraß­e 25 geschieht, die seit 1985 die Heimat der Buchhandlu­ng ist, ist heute noch unklar. Es bleibt zu wünschen, dass sich kein zusätzlich­er Leerstand in der Innenstadt ergeben wird. Davor war das Geschäft an anderer Stelle, nämlich in der Niederen Gasse, angesiedel­t. 1979 erwarb Egon Kalis die einstige Buchhandlu­ng Müller und firmierte sie um.

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Fotos: Rudi Penk
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Wie der Teppich an der Kasse schon ankündigt, wird in der Buchhandlu­ng auf Kundenserv­ice viel Wert gelegt. Seit 1985 ist die Buchhandlu­ng Kalis in der Marktstraß­e 25. Benjamin Knittel, der vor sieben Jahren das Geschäft übernahm, zieht nun die Reißleine. Weitere Bilder auf hz.de

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