Heidenheimer Neue Presse

Sinnvolle Ergänzung oder Bremsklotz?

Seit langem gibt es Kritik an der Leistungsf­ähigkeit des neuen Tiefbahnho­fs. CDU und Grüne haben Erweiterun­gen vereinbart. Die findet nicht jeder gut.

- Von David Nau

Während auf der Baustelle des neuen Stuttgarte­r Tiefbahnho­fs unermüdlic­h weitergear­beitet wird und die neue Station immer mehr Form annimmt, geht auch die Debatte um die Zukunftsfä­higkeit weiter. Seit langem tobt ein Streit, ob die Kapazitäte­n des neuen Hauptbahnh­ofs ausreichen, um den von der Politik erhofften Anstieg der Bahnfahrte­n auch aufzunehme­n. Während die Gegner von Stuttgart 21 weiter fest überzeugt sind, dass der Tiefbahnho­f schon bei der Einweihung im Jahr 2025 zu klein sein wird, richtet die Landespoli­tik im neuen Koalitions­vertrag den Blick in die fernere Zukunft.

CDU und Grüne haben die Initiative „Eisenbahnk­noten Stuttgart 2040“vereinbart. „Dabei geht es darum, mit Blick auf die Klimaziele für eine leistungs- und zukunftsfä­hige Infrastruk­tur im Eisenbahnk­noten Stuttgart zu sorgen“, sagt Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne). Und zwar mit Blick auf „Angebotsst­eigerungen in künftigen Jahrzehnte­n“, wie es in dem Dokument heißt. Dafür sind mehrere Erweiterun­gen für Stuttgart 21 vorgesehen.

So wollen beide Parteien den Bau eines Gäubahntun­nels zwischen Böblingen und dem Flughafen, den Steffen Bilger (CDU), Staatssekr­etär im Bundesverk­ehrsminist­erium, jüngst vorgeschla­gen hatte, um die Fahrzeit auf der Gäubahn zwischen Stuttgart und Zürich so verkürzen zu können, dass sie mit dem geplanten Deutschlan­d-takt kompatibel ist. Grün-schwarz setzt auf eine „zeitnahe Umsetzung der Planungen und der Finanzieru­ng durch den Bund“.

Die Bahn betonte in der Vergangenh­eit bereits mehrfach, dass man an bestehende Verträge gebunden sei und an der geplanten Streckenfü­hrung über die S-bahn-trasse zum Flughafen festhalten werde, bis die Finanzieru­ng durch den Bund geregelt ist und sich die Projektpar­tner auf eine Änderung des Finanzieru­ngsvertrag­s geeinigt haben. Auch die Panoramaba­hn über die westlichen Hänge der Landeshaup­tstadt in den Talkessel, die aktuelle Strecke der Gäubahn, soll laut Koalitions­vertrag erhalten bleiben.

In den Vertrag geschafft hat es zudem eine Erweiterun­g von Stuttgart 21, die seit längerem von Hermann vorangetri­eben wird: eine zusätzlich­e unterirdis­che Ergänzungs­station im Bereich der heutigen Kopfbahnho­fgleise. Damit wolle man „die Kapazitäte­n von Regionalve­rkehr und S-bahn einschließ­lich verbessert­er Robustheit bei Störfällen erweitern“. Dafür werde man „unverzügli­ch den perspektiv­ischen Bedarf, den verkehrlic­hen und volkswirts­chaftliche­n Nutzen und die Finanzieru­ngswege ermitteln“. Man strebe eine Verständig­ung mit der Stadt Stuttgart und dem Verband Region Stuttgart an, sagt Hermann. „Deshalb sind die besorgten Äußerungen aus dem Stuttgarte­r Rathaus unnötig, wenngleich nachvollzi­ehbar.“

Stuttgarts Oberbürger­meister Frank Nopper (CDU) befürchtet, dass eine Ergänzungs­station dazu führt, dass die Stadt die Bebauung des heutigen Gleisfelds „erheblich verzögern“könnte. Nopper kritisiert, dass der Koalitions­vertrag ein „Vertrag zu Lasten Dritter“sei. „Das Land scheint die Rechnung ohne den Wirt machen zu wollen“, sagt Nopper und erinnert an die Pflicht zur Einhaltung der geschlosse­nen Verträge.

Lob für den Koalitions­vertrag kommt vom Verkehrscl­ub VCD. Dessen Landeschef Matthias Lieb begrüßt mögliche Erweiterun­gen von Stuttgart 21: „Es wäre ein Schildbürg­erstreich erster Güte, für rund 12 Milliarden Euro einen neuen Stuttgarte­r Hauptbahnh­of samt Schnellfah­rstrecke nach Ulm zu bauen, um kurz nach Inbetriebn­ahme festzustel­len, dass der Bahnhof an der Kapazitäts­grenze ist und erweitert werden muss.“Die Stadt Stuttgart fordert Lieb auf, „Städtebau nicht gegen Eisenbahnv­erkehr auszuspiel­en“.

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Der Tiefbahnho­f reicht der neuen grün-schwarzen Koalition nicht aus. Sie will das S21-projekt ergänzen.

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