Rohstoff Holz knapp und teuer
Eigentlich wachsen Bäume üppig vor der Haustür - im Moment allerdings ist der wirtschaftliche Heißhunger danach so groß, dass an der Verarbeitung beteiligte Unternehmen zu klagen haben.
Der Rohstoff Holz wächst quasi vor unserer Haustür, und auch wenn zuletzt immer wieder davon zu hören war, welchen Heißhunger etwa China auf deutsches Laubholz hat – Mangel an Nadelholz gab es bislang nicht. Hört man sich dagegen jetzt bei lokalen Handwerkern, Holzbauern und dem Holz verarbeitenden Gewerbe um, entsteht das Bild einer dramatischen Lage. Von „eklatanten Verwerfungen am Markt“ist die Rede, von Preissteigerungen für Holz um die Hälfte und teilweise sogar um mehr als das Doppelte, von Lieferzeiten für Massenware, die nicht mehr bei Tagen oder Wochen, sondern bei mehreren Monaten liegen.
Holzeinkauf aufwändig
„Zurzeit verbringe ich täglich rund eine Stunde nur mit dem Holzeinkauf “, sagt Bernd Härlen. Momentan habe er genug Holz beschaffen können, um die Aufträge der nächsten vier Monate abzuwickeln, sagt der Zimmermeister und Chef des gleichnamigen Holzbaubetriebs in Königsbronn. Dabei muss Härlen mittlerweile mit Preisen rechnen, die gut 50 Prozent über denen liegen, die er noch im Herbst zahlte. Dabei hat er die Preise für seine Kunden zum Teil bereits vor Monaten kalkuliert. Obwohl er als Handwerker großen Wert auf die regionale Herkunft seines Materials lege, müsse er etwa Holzplatten mittlerweile in Norddeutschland einkaufen.
Kurzarbeit mögliche Folge
„Es wird Unternehmen geben, die mit vollen Auftragsbüchern in die Kurzarbeit gehen müssen, weil sie keine Waren bekommen“, befürchtet Peter Hoffmann-pichler, Geschäftsführer der IVH Industrieverpackung Heidenheim Gmbh. Seine Firma stellt beispielsweise Transportkisten für Industriebetriebe her, in denen Maschinen oder Anlagenteile versandt werden. „Aktuell habe ich im Einkauf Lieferzeiten von 20 Wochen – wenn ich überhaupt etwas bekomme“, sagt Hoffmann-pichler. Dachlatten, im Prinzip einfachste Massenware, kosteten derzeit rund 650 Euro pro Kubikmeter. Noch vor nicht allzu langer Zeit habe er 250 Euro dafür bezahlt.
Kaum verlässliche Preise
Verlässliche Preise gebe es kaum noch. „Der Preis entsteht bei Lieferung, das ist ein bisschen Wildwest“, so die Einschätzung des Ivh-chefs, der in der Branche eine gefährliche Krise heraufziehen sieht: „Es geht ums Überleben: Wer noch Ware hat, ist Sieger.“Derzeit müsse er bei der Aufnahme von Neukunden bereits vorsichtig sein. Thomas Lehner kennt die Sorgen seiner Branchenkollegen. Der Geschäftsführer der Schnaitheimer Lehner Haus Gmbh beobachtet seit rund zwei Monaten rasant steigende Holzpreise. Binnen kürzester Zeit habe sich die Lieferzeit verdoppelt. Noch, so Lehner, habe ihm sein Lieferant die gleiche Holzmenge wie im vergangenen Jahr zugesagt. Eine Produktionssteigerung sei damit aber schon schwierig – eine problematische Lage für einen Fertighaushersteller, dessen Häuser zum größten Teil aus Nadelholzprodukten bestehen. „Wir hoffen, dass die Lage nicht so lange anhält“, sagt Lehner, schließlich könne er steigende Preise nicht einfach an die Häuslebauer weiterreichen.
Eigentlich kein Holzmangel
Was die Situation beinahe bizarr macht, ist die Tatsache, dass es weder in der Region Heidenheim noch in Deutschland allgemein wirklich einen Holzmangel gibt. Aber Holz aus Deutschland erlebt derzeit einen Exportboom. Vor allem der Us-amerikanische Markt kauft riesige Mengen gesägten Nadelholzes. Zum einen wird dort ein Bauboom bedient, zum anderen haben sich unzählige Us-bürger in der Corona-krise aufs Heimwerken besonnen.
In den USA ist Holz knapp, weil es zuletzt einen regionalen Handelskrieg zwischen Kanada und den USA gegeben hatte. Der ehemalige Präsident Donald Trump hatte auf Holzimporte aus Kanada hohe Strafzölle verordnet. Zudem hat sich in Kanada der Bergkiefernkäfer enorm ausgebreitet und riesige Waldgebiete zerstört, was zu weiterer Verknappung geführt habe, wie die „Süddeutsche
Zeitung“berichtet. Das sorgt auf der anderen Seite des Atlantiks für Holzknappheit und Frust bei der Wirtschaft: „Es kann nicht sein, dass wir hier nachhaltig Holz produzieren und es mit dem Schiff in die USA fahren“, sagt Thomas Lehner.
Viele Unternehmer wünschen sich daher auch Unterstützung durch die Politik in Stuttgart oder Berlin. Das baden-württembergische Wirtschaftsministerium winkt auf Anfrage der HZ gleich ab, da sei das Ministerium für den Ländlichen Raum zuständig. Dort fertigt man eilig eine Pressemitteilung, in der Forstminister Peter Hauk (CDU) erklärt, aufgrund der „temporär hohen Nachfrage“sei jeder gefordert, „die hiesigen Wertschöpfungsketten bis hin zu den Holzbaubetrieben bestmöglich zu unterstützen“.
Markt unter Druck
Holzmangel bestehe derzeit nicht, so Hauk, der der Branche rät, „keine Doppelbestellungen vorzunehmen oder unnötige Schnittholzlager zu bilden“, weil dies den Markt weiter unter Druck setzen könne. Die Waldbesitzer
ruft Hauk auf, noch in Nasslagern liegendes Holz oder aktuell entstehendes Käferholz „rasch den Sägewerken bereitzustellen“. Zu hören ist allerdings bereits, dass Waldbesitzer mit dem Verkauf ihres Holzes zögern, weil steigende Preise für Stammholz erwartet werden.
Beim Landesbetrieb Forstbw ist man zum einen zufrieden mit der aktuellen Entwicklung. „Die Preise entwickeln sich stetig nach oben“, bestätigt Pressesprecherin Nicole Deisenberger. Auch die Nachfrage seitens der Sägewerke sei konstant. Forstbw hält es dagegen für nicht möglich, dem Markt mehr Holz anzubieten, um den Preis zu senken. „Wir orientieren uns an einem nachhaltigen Hiebsatz und wollen die Wälder gesund halten“, so Deisenberger. Gleichwohl bemühe man sich, „dass die Wertschöpfung in der Region bleibt“, indem man das Holz aus den Staatswäldern vor allem an süddeutsche Sägewerke verkaufe. In einer freien Marktwirtschaft habe der Rohstofflieferant aber keinen Einfluss darauf, was der Käufer schlussendlich damit mache.
Engpässe umgehen
In der regionalen Holzbranche sucht man indes nach Lösungen. „Wir sind auf der Suche nach kleinen Sägern, mit denen wir einen Versorgungsbypass legen könnten“, sagt Peter Hoffmann-pichler. Aber auch das könnte schwierig werden. Bernd Härlen hat nach eigenen Angaben bis vor vier Jahren das letzte kleine Sägewerk im Landkreis betrieben. Dass sperrte er auch deshalb zu, weil er die geringen Mengen Stammholz, die er für den Eigenbedarf verarbeitete, kaum noch beschaffen konnte.