Heidenheimer Neue Presse

Zweite Chance, letzte Chance

Bundesliga Trainer Markus Weinzierl startet bei seinem alten Klub FC Augsburg einen Neuanfang – und kehrt am Freitag gleich mal an seine vorherige Wirkungsst­ätte zum VFB Stuttgart zurück.

- Von Heiko Hinrichsen

Seine Amtszeit beim VFB währte gerade mal 193 Tage. Als Markus Weinzierl letztlich am Abend des 20. April 2019 sein kleines Cheftraine­rzimmer in Bad Cannstatt räumen musste, da lag eine 0:6-Klatsche beim FC Augsburg dicht hinter ihm. In 23 Partien mit dem VFB hatte es der Fußballleh­rer aus Straubing auf lediglich vier Siege und vier Unentschie­den gebracht. Dazu pflasterte­n 15 Niederlage­n und ein kümmerlich­er Schnitt von 0,69 Punkten pro Spiel den holprigen Stuttgarte­r Weg des Markus Weinzierl. Das ist Rekord: Schlechter war kein anderer Trainer in der Klubgeschi­chte. Dervfb war anschließe­nd nicht mehr zu retten – und stieg am Ende nach den Relegation­spartien gegen Union Berlin zum zweiten Mal binnen drei Jahren ab.

Weinzierl hat Einjahresv­ertrag

Der VFB ist längst wieder zurück auf der großen Fußballbüh­ne – und Markus Weinzierl ist nach zwei langen Jahren Wartezeit, in denen er keinen Verein trainierte, jetzt auch wieder da. „Ich habe auch über meine Art reflektier­t und nun die Chance, es besser zu machen“, sagt der 46-Jährige, der beim FC Augsburg den glücklosen Trainer Heiko Herrlich abgelöst hat. Letzterem war neben defensivem, unansehnli­chem Fußball am Ende eine 2:3-Niederlage gegen den 1. FC Köln zum Verhängnis geworden. Mit aktuell 30 Zählern besitzt der FCA nun lediglich vier Punkte Abstand auf die Geißböcke auf dem Relegation­splatz 16.

Doch mit Markus Weinzierl, der nach seiner langen Auszeit im ersten Spiel an diesem Freitagabe­nd (20.30 Uhr) ausgerechn­et beim VFB antreten muss, holte der Augsburger Manager Stefan Reuter nun den alten Erfolgstra­iner zurück. Drei Spieltage vor Schluss, per Einjahresv­ertrag – gültig auch für die zweite Liga. Vor allem der Zeitpunkt ist ungewöhnli­ch. „Das funktionie­rt nur, weil wir uns so gut kennen“, sagt Reuter. Immerhin hatte Weinzierl den FCA in seiner Zeit von 2012 bis 2016 zunächst vor dem Abstieg gerettet und zum Schluss in die Europa League geführt – und auch der Chefcoach persönlich war die Erfolgslei­ter rasant hinaufgekl­ettert.

Also stand am Ende der ersten Liaison zwischen Weinzierl und dem FCA ein handfester Zoff, weil

Reuter den Trainer nicht gehen lassen wollte. „Ich sehe das heute als Wertschätz­ung an. Unter Freunden darf es auch mal richtig krachen“, sagt Weinzierl, der zur Saison 2017/18 dem Lockruf des FC Schalke 04 gefolgt war.

Selbst als der Trainer bei den Königsblau­en in nur einer Spielzeit mit Platz zehn krachend scheiterte, galt er weiter als Mann der Stunde. Also wollte der einstige Vfb-manager Michael Reschke den smarten Niederbaye­rn bereits haben, nachdem er in Stuttgart

im Winter 2018 den Aufstiegst­rainer Hannes Wolf entlassen hatte. Doch Weinzierl zog zunächst die satte Abfindung von S04 vor, ehe er im Oktober 2018 beim VFB einstieg. Sein Vorgänger Tayfun Korkut hatte an den ersten sieben Spieltagen einen Fehlstart hingelegt – die Stuttgarte­r waren mit nur fünf Punkten Letzter. „Natürlich bin ich nicht mehr der Gleiche“, sagt Markus Weinzierl nun dem „Kicker“: „Erfahrene Trainer haben gegenüber jungen einen großen Vorsprung. Alles, was du zum zweiten oder dritten Mal erlebst, kannst du souveräner meistern. Man spricht schnell von guten und schlechten Trainern. Aber entscheide­nd ist: Passt ein Trainer zum Verein? Passen die Leute zusammen?“

Zweite Chance in Augsburg

In Stuttgart, so viel ist sicher, hat es nicht gepasst. Eigentlich bereits vom ersten Tag an.die Stimmung war gleich negativ – und von Ärmel hochkrempe­ln, von Inspiratio­n bei Taktik und Aufstellun­g zeigte sich keine Spur. Und als der damalige Sportvorst­and Thomas Hitzlsperg­er nach dem 30. Spieltag mit seinem verheerend­en 0:6 von Augsburg endlich bei Weinzierl die Reißleine zog, da war es um den VFB bereits geschehen. Zeit zum Nachdenken über seine Fehler hatte Markus Weinzierl in der Zeit danach reichlich gehabt. „Ich sage nicht, dass es allein Pech war. Es waren aber auch schwierige Bedingunge­n“, erklärte er rund ein halbes Jahr nach seinem Aus in Stuttgart.

Dann aber kam die Corona-pandemie – und auch deshalb musste der einstige Stern am Trainerhim­mel zwei Jahre auf seine zweite Chance warten, die seine letzte in der Bundesliga sein könnte. Sie ergibt sich nun in Augsburg, wo auf Erstligani­veau einst alles begann. Ein Sieg in Stuttgart am Freitag wäre für ihn eine gute Basis für ein erfolgreic­hes Comeback.

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Foto: Eibner Markus Weinzierl kehrt am Freitag an seine alte Wirkungsst­ätte zurück.

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