Heidenheimer Neue Presse

Engpässe trüben Freude über Rekorde

Jeden fünften Euro verdient der Werkzeug-handelskon­zern mittlerwei­le im Internet. Trotz historisch­er Zahlen zum Jahresbegi­nn kämpft das Unternehme­n mit den Folgen der Pandemie.

- Von Julia Kling

Rekordzahl­en zum Jahresbegi­nn, ein Plus im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr und das trotz der andauernde­n Pandemie. Eigentlich könnte Robert Friedmann zufrieden sein. Doch der Chef der Würth-gruppe ist skeptisch. „Ein Rekord folgt gerade auf den nächsten, aber wie lange geht das noch so?“Sorgen machen ihm die astronomis­chen Preissprün­ge für zahlreiche Rohmateria­lien, wie er am Donnerstag bei der diesjährig­en Bilanz-pressekonf­erenz erklärte. Zinn sei etwa binnen eines Jahres um bis zu 90 Prozent teurer geworden, Eisenerz um knapp 100 Prozent. „Das schlägt direkt auf die Rohertrags­marge durch und das in einer Form wie wir es noch nicht erlebt haben.“

Man erlebe derzeit den „Klopapier-effekt“bei Rohstoffen. Die steigenden Preise führten dazu, dass Unternehme­n ihre Lagerbestä­nde in einem viel stärkeren Maße als sonst erhöhten. Das führe zu einer noch größeren Verknappun­g. „Die Preise haben teils nur Tagesgülti­gkeit, so schnell können wir Erhöhungen an unsere Kunden gar nicht weitergebe­n.“

Bislang sei es schwer abzusehen, wie lange diese Phase anhalte, sagte Friedmann. „Wir können nicht differenzi­eren, ob es sich um reine Nachholeff­ekte aus dem vergangene­n Jahr handelt, die Konjunktur besser wurde oder der erhöhte Lagerzyklu­s ausschlagg­ebend ist.“Die Folge der gestiegene­n Rohstoffko­sten bekommen jedoch auch die Kunden im Handel zu spüren. „Wir kommen nicht umhin, die Verkaufspr­eise zu erhöhen.“Bisher gelinge dies aber nur in unzureiche­nder Form.

Im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr legte der Konzern-umsatz währungsbe­reinigt um 2 Prozent zu. Ausschlagg­ebend für den erfolgreic­hen Jahresabsc­hluss trotz der Corona-krise sind dem Unternehme­n zufolge vor allem zwei Faktoren: Einerseits die starke Nachfrage aus dem Handwerk, das aufgrund seiner Systemrele­vanz ununterbro­chen weiterarbe­iten konnte. Anderersei­ts stützte der Onlineh-handel das Geschäft.

„Wir hatten die Weichen schon vor dem Ausbruch der Pandemie gestellt“, erklärte Friedmann. Wichtig für das Krisenjahr seien vor allem der dezentrale Konzernauf­bau, die Produktvie­lfalt sowie die Multi-kanal-strategie gewesen. Dadurch seien etwa die Kunden bereits vor Beginn der Pandemie mit den digitalen Bestellweg­en vertraut gewesen. „Aber das wir das Geschäftsj­ahr so gut abschließe­n, hätte ich vor einem Jahr nicht gedacht.“Insgesamt erzielte das Online-geschäft einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro, ein Plus von 5,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit erhöhte sich der Anteil am Konzernums­atz auf 19,3 Prozent.

Insgesamt habe der Konzern die Krise „Würth-like“gemeistert. „Wir haben uns schon früh mit der Zeit nach Corona beschäftig­t“, erklärte Friedmann. Konzernwei­t sei etwa im Außendiens­tbereich kein einziger Mitarbeite­r in Kurzarbeit gewesen. „2020 hat uns angespornt und kreativer und reaktionsf­reudiger gemacht“, konstatier­te Friedmann. Das zahle sich jetzt aus. Im ersten Quartal 2021 verzeichne­te Würth ein Umsatzplus von 10,3 Prozent. In den ersten vier Monaten des Geschäftsj­ahr lag der Umsatz dank eines „historisch­en Aprils“wie Friedmann betonte sogar bei 20 Prozent. „Damit konnten wir nicht rechnen.“

Den starken Zuwachs erklärt sich der Sprecher der Konzernfüh­rung mit einer Überhitzun­g der Konjunktur. „In diesem Jahr entscheide­t Warenverfü­gbarkeit über Erfolg und Misserfolg.“Bislang habe der Konzern, der über 400 Gesellscha­ften in 80 Ländern unterhält, lieferfähi­g gewesen. „Bislang ist bei uns noch keine Lieferkett­e geplatzt.“Damit so bleibe, zahle Würth auch die hohen Preise. Viel passieren dürfe jetzt aber nicht mehr. „Wir sind am Anschlag.“

Schon früh mit der Zeit nach Corona beschäftig­t. Robert Friedmann Würth-konzernche­f

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Foto: Scanner Gmbh Künzelsau Würth vertreibt seine Produkte auf zahlreiche­n Kanälen.

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