„Niemand hat eine Glaskugel“
Jens-peter Schuller, Vorsitzender des Bezirks, im Kurzinterview.
Was ein Ehrenamt halt so mit sich bringt: Vielen Kickern aus dem Landkreis Heidenheim wird Jens-peter Schuller wohl kein Begriff sein. Dabei spielt der 52-Jährige als Vorsitzender des Fußballbezirks Ostwürttemberg eine große Rolle. Fünf Amtsperioden (jeweils drei Jahre) hat Schuller bereits hinter sich. Am Freitag stellt sich der Böbinger beim virtuell ausgerichteten Bezirkstag erneut der Wiederwahl.
Herr Schuller, wann haben Sie das letzte Mal gekickt? Schuller:
Zuletzt mit meinen Kindern im Garten. Das Trikot der Bürgermeisterauswahl des Ostalbkreises habe ich das letzte Mal im Herbst 2019 angehabt. Das ist eigentlich unglaublich.
Auf welcher Position laufen Sie auf?
(lacht) Ich kann alles nicht, bin aber vor allem im rechten Mittelfeld und ganz vorne zu finden.
Was verbinden Sie mit Fußball?
Die Gemeinschaft, die Kameradschaft, das Zusammensein. Mir geht es dabei weniger um Leistung. Sonst dürfte ich nicht mitspielen. (lacht)
Für welche Vereine sind Sie denn als Aktiver aufgelaufen?
Für den SV Lautern in der Kreisliga B und meinen Heimatverein, den TSV Böbingen.
Wie wäre der Jungspund Jens-peter Schuller mit der aktuellen Situation umgegangen?
Der hätte sich wahrscheinlich ein Sky-abo gekauft und hätte vor dem Fernseher anderen traurig beim Fußballspielen zugeschaut.
Die Saison in den unteren Spielklassen wurde annulliert. Der württembergische Fußballverband hat lange gehofft, dass die Spielzeit doch noch gewertet werden kann. Wäre eine frühere Entscheidung besser gewesen?
Nein, wir hatten immer einen klaren Termin vor Augen. Die Saison sollte möglichst am 9. Mai fortgesetzt werden. Der WFV hätte nicht früher absagen können, schließlich hat niemand eine Glaskugel. Aber klar ist auch, manchen kam die Annullierung zu spät, nämlich den Mannschaften, die in der Tabelle auf einem Abstiegsrang standen. Und anderen Teams, den Tabellenersten, kam die Absage zu früh.
Wie ist denn die Stimmung bei den Vereinen im Bezirk?
Traurig. Aber das ist ja nicht fußballspezifisch. Die Situation ist überall gleich. Und der Fußball ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Ich denke da aber vor allem an die Kinder – und das sportübergreifend. Sie können auch nicht zum Volleyball oder zum Schwimmen.
Wie muss man gestrickt sein, um den Job als Bezirksvorsitzender ausüben zu können?
Zum einen muss man den Vereinen zuhören können. Man muss aber auch durchsetzungsstark die Vereinsinteressen gegenüber dem WFV vertreten. Und eine Grundvoraussetzung ist natürlich: Man muss den Fußball lieben. Ich liebe den Fußball vielleicht anders, da ich ihn als gesellschaftlichen Kitt sehe. Mir geht dabei viel weniger um Leistung. Es geht um Kinder, Kinderlachen und auch darum, dass auf dem Platz alle gleich sind.
Nun kommt auf die Fußballer ein Großprojekt zu?
Ja, im ersten Schritt soll es eine Spielklassenreform geben. Die Zahl der Bezirksligen soll von 16 auf 12 reduziert werden. Ich denke nicht, dass es da Gegenstimmen geben wird. Der zweite Schritt wird sicherlich deutlich mehr diskutiert: Wir müssen auch die Bezirke anpassen, von 16 auf 12. Das wollen manche nicht. Und ich verstehe, dass Veränderungen wehtun.
Wir in Ostwürttemberg sind aber mit knapp 130 aktiven Mannschaften der größte Bezirk. Trotzdem stellen wir nur einen Bezirkspokalsieger wie Bezirke, die nur 60 Mannschaften haben. Auch haben wir nur einen Ehrenamtspreis. Das ist sportlich nicht fair. Wir brauchen gleich große Bezirke.
Jens-peter Schuller ist seit neun Jahren Leiter der Agnes-von-hohenstaufen-schule in Schwäbisch Gmünd. Der gelernte Vermessungs- und Bauingenieur ist zudem geschäftsführender Schulleiter der Schulen des Ostalbkreises. Für den am heutigen Freitag ausgerichteten Fußball-bezirkstag (ab 19 Uhr) sind 74 von 128 Vereinen stimmberechtigt (eine rechtzeitige Anmeldung bis vergangenen Montag war dafür die Voraussetzung).