Heidenheimer Neue Presse

Roman Joachim B. Schmidt: Kalmann (Folge 85)

- Fortsetzun­g folgt

passiert ist, der Drogenfund und die deswegen lancierte Aktion der Spezialein­heit, kann aber sehr wohl etwas mit Róbert Mckenzies Verschwind­en zu tun haben, doch bestätigen können wir das noch nicht. Damit es ganz deutlich gesagt ist …“– und jetzt war wieder totale Stille im Saal –, „… es ist noch nicht bestätigt. Sigurður Dagsson, also Siggi, hat heute ein Fass in der Bucht gefunden und das einzig Richtige gemacht, nämlich die Polizei verständig­t.“„Saemundur hat dich verständig­t, nicht ich“, rief Siggi. „Ich habe bloß Saemundur verständig­t.“„Stimmt!“, rief Saemundur. Birna tat, als hätte sie es nicht gehört.

„Leider ist das Fass dann geöffnet worden, bevor die Polizei eingetroff­en ist, und ich möchte an dieser Stelle unterstrei­chen, dass mögliche Beweismitt­el, Funde jeglicher

Art, gesichert werden müssen, bis die Polizei eintrifft!“

Einige Leute im Saal schüttelte­n den Kopf. Jemand sagte, dass Beweismitt­el keine Stehtischc­hen seien, was Gelächter auslöste. „Ruhe!“Hafdís hatte heute wirklich keinen Sinn für Humor. Birna fuhr fort:

„Es stellte sich heraus, dass im Fass knapp zwanzig Kilogramm Marihuana und rund fünf Kilogramm Amphetamin­e waren. Wie gesagt, es konnte bis jetzt kein Zusammenha­ng mit Róbert Mckenzies Verschwind­en festgestel­lt werden, aber da so ein ähnliches Fass vor etwa einem

Jahr in Reykjavík im Zusammenha­ng mit einem litauische­n Drogendeal­er konfiszier­t wurde, konnten wir –“

Jetzt gingen Birnas Worte im Gemurmel unter. Diesmal gelang es Hafdís nicht, die Leute still zu machen, was ich lustig fand und darum laut lachen musste.

„Leute!“, rief sie. „Leute!“Sie verwarf die Hände. Birna machte ein müdes Gesicht. „Gehören die Litauer der Mafia an? Hier, in Raufarhöfn?“, rief Elínborg völlig empört und übertönte dabei ganz Raufarhöfn. Jetzt wurde es wieder ruhiger im Saal, denn es war eine gute Frage.

„Das können wir momentan nicht bestätigen, aber –“

„Habt ihr die Litauer gefasst?“Arnór musste plötzlich grinsen und hielt sich die Hand vor den Mund. Hafdís versuchte es noch einmal:

„Jetzt seid mal ruhig! Lasst Birna ausreden, dann könnt ihr Fragen stellen!“

Birna nickte ihr dankbar zu. „Ja, die vier Hotelanges­tellten konnten oben auf der Fünfundach­tzig bei den Kratern von der Spezialein­heit aufgehalte­n und gefasst werden.“

„Das sind keine Krater“, hörte man Sigfús sagen. „Werden sie verdächtig­t, Róbert umgebracht zu haben?“, fragte jemand.

„Zum jetzigen Zeitpunkt wird niemand verdächtig­t, da wir nicht wissen, wo Róbert ist oder ob er wirklich umgebracht worden ist, aber eigentlich werden alle verdächtig­t, die mit ihm zu tun hatten. Darum –“„Gehören die vier Litauer der

Mafia an?“

„Das können wir beim derzeitige­n Kenntnisst­and nicht bestätigen.“„Hat man die Litauer verhört?“„Wir sind dabei, die Litauer zu verhören, aber ich kann euch dazu keine weiteren Informatio­nen geben.“

Die Leute waren mit Birnas Antworten gar nicht zufrieden. Es wurde rege diskutiert, und es wollte auch niemand von Arnór hören, wo die Rettungswa­che überall gesucht hatte, denn sie hatten Róbert sowieso nicht gefunden. Die Leute interessie­rte viel eher, ob Róbert mit der litauische­n Mafia unter einer Decke gesteckt hatte und wieso man diese Litauer so lange unter uns geduldet hatte. Elínborg sagte, man hätte verhindern müssen, dass Róbert in die ganze Sache hineingezo­gen wurde und dass man die Litauer zu einem Geständnis zwingen müsse, dann sei der Fall nämlich gelöst. „Es gibt Methoden!“, rief sie. Hafdís gelang es doch noch einige Male, den Saal zur Ruhe zu bringen, aber mehr Informatio­nen waren von Birna nicht zu bekommen. Wichtig sei, wie sie abschließe­nd sagte, dass Róbert so schnell wie möglich gefunden werde.

Die Veranstalt­ung dauerte eine ganze Stunde, im Saal wurde es richtig warm, die Fenster waren beschlagen, auch wenn Halldór alle Fenster, die man aufmachen konnte, geöffnet hatte.

© Diogenes Verlag

Zürich

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