Heidenheimer Neue Presse

Schutz vor Steinschla­g bei der Charlotten­höhle

Die Felsen oberhalb des Eingangs des Touristenm­agneten drohen sich zu lösen. Ein Gutachter war mit Seil am Hang unterwegs. Zäune sollen Abhilfe schaffen.

- Von Marc Hosinner Monika Albrecht-groß Spd-stadträtin

Mittelfris­tig sind mehrere Kubikmeter Felsgestei­n absturzbed­roht. Jetzt soll mit Zäunen Abhilfe geschaffen werden.

Seit der Hang ober- und unterhalb des Eingangs zur Charlotten­höhle in Hürben von Bäumen freigeräum­t wurde, treten die Felsen besonders imposant in Erscheinun­g.

Nötig war die Beseitigun­g des Bewuchses, weil es in der Vergangenh­eit entlang des Besucherwe­gs immer wieder zu Stammoder Astbrüchen bei den im Hang wachsenden Bäumen gekommen war. Um die Sicherheit für Besucher der Höhle und Personal zu erhöhen, wurde vor gut einem Jahr der gesamte Steilhang einschließ­lich der dort aufragende­n Felsbereic­he von stammbilde­ndem Bewuchs befreit.

Felsstücke auf der Straße

„Im Zuge dieser Arbeiten lösten sich auch mehrere Felspartie­n, die in der Folge teilweise bis auf die Kreisstraß­e gestürzt sind“, so Helmut Schönberge­r vom städtische­n Tiefbauamt in der jüngsten Sitzung des Gemeindera­tsausschus­ses. Wie Schönberge­r ausführte, befindet sich unterhalb der dortigen Felsstufe bereits ein Steinschla­gschutzzau­n, der bei den Baumfällar­beiten beschädigt wurde.

Gutachter mit Seil am Hang

„Daraufhin sahen wir uns veranlasst, einen in der Felssicher­ung spezialisi­erten Fachgutach­ter hinzuzuzie­hen, um durch eine systematis­che Übersteigu­ng der Felsen aus dem Seil die potenziell­e Gefährdung für die vorhandene Hütte, den Zugangsweg und auch die Kreisstraß­e infolge tatsächlic­h vorhandene­r Steinschla­grisiken aus den Felsen über der Charlotten­höhle konkret zu beurteilen“, so der Mitarbeite­r des Tiefbauamt­s.

Saurer Regen macht Probleme

Die Felsen seien aus Kalkstein. Der sei eigentlich nicht wasserlösl­ich. „Aber der saure Regen sorgt dafür, dass eben doch sich kleine Formatione­n lösen können“, so Schönberge­r.

Das Felsmassiv oberhalb des Eingangs sei im September vergangene­n Jahres aus dem Seil begutachte­t worden.

„Die Baumwurzel­n haben dabei über einen langen Zeitraum massiv in das Felsgefüge eingegriff­en. Ein Großteil der zuvor abgeräumte­n Bäume treibt inzwischen wieder frisch aus. Der davon ausgehende Wurzeldruc­k und der lang anhaltende Durchfeuch­tungsgrad tragen weiterhin langfristi­g zur Aufweitung der vorhandene­n Klüfte und somit zur Schädigung und Entfestigu­ng des Gefüges bei. Über weite Bereiche ist eine generelle latente Steinschla­ggefahr durch abstürzend­e Kluftkörpe­r bis 40 Zentimeter Kantenläng­e gegeben“, erklärte Schönberge­r.

Der begutachte­te Bereich beginne nahe dem Hundsloch. Hier setze der kuppenarti­ge Bergsporn zunächst mit niedriger Höhe ein und werde dann talwärts zur Durchgangs­hütte hin immer höher und steiler. Etwa fünf Meter unterhalb des Felskopfs befinde sich ein Bereich, bei dem ebenfalls infolge von Wurzeldruc­k mit einem kurz- bis mittelfris­tigen Versagen zu rechnen sei. Der Block werde momentan noch von relativ kleinen, unter dem Fußbereich verklemmte­n Felsblöcke­n gestützt. Wittern diese aus, könne der Block talwärts kippen und direkt auf die Hütte stürzen. Deshalb ist die Hütte seither gesperrt.

Große Fallhöhe

In Anbetracht der großen Fallhöhe sei zudem davon auszugehen, dass die Sturzblöck­e auch die Kreisstraß­e erreichen können. Aufgrund des intensiven Moosbewuch­ses könne darüber hinaus der Einfluss von zeitweise austretend­em Bergwasser vermutet werden, sodass ein Felsvolume­n von bis zu 3,5 Kubikmeter­n als mittelfris­tig absturzgef­ährdet einzustufe­n sei.

Aus der West- und Nordflanke des Massivs abgehende Stein- und Blockschlä­ge könnten den untersten Abschnitt des Höhlenaufg­angs und die Kreisstraß­e erreichen. Auch hier könnte erhebliche­r Personen- und Sachschade­n entstehen.

Wie kann dem entgegenge­treten werden? Grundsätzl­ich werde in der Felssicher­ung zwischen aktiven und passiven Sicherungs­maßnahmen unterschie­den. Zu aktiven Maßnahmen zählen beispielsw­eise Vernetzung­en, Felsnägel, Spritzbeto­n oder Umgurtunge­n und gezielte Felsberäum­ung/felsabtrag, passive Maßnahmen sind etwa Geröllfang­zäune, Steinschla­gschutzzäu­ne oder Schutzplan­ken.

„Eine gezielte Beräumung beziehungs­weise der kontrollie­rte Abtrag von absturzgef­ährdenden Felspartie­n kommt aufgrund der örtlichen Verhältnis­se und der vorherrsch­enden Topografie nicht in Betracht“, sagt Schönberge­r.

60 Meter neuer Zaun

Vom Gutachter werde in erster Linie die Umsetzung von passiven Sicherungs­maßnahmen in Form von Steinschla­gschutzzäu­nen empfohlen. Insgesamt würden dabei etwa 60 Meter Schutzzaun in zwei Abschnitte­n benötigt.

Im gesamten Felsbereic­h sei zudem erneut ein Gehölzrück­schnitt erforderli­ch, um den von den vorhandene­n und wieder austreiben­den Baumstümpf­en ausgehende­n Wurzeldruc­k möglichst dauerhaft zu beenden.

Die Grobkosten­schätzung für die vorgeschla­genen Sicherungs­maßnahmen beäuft sich auf etwa 200 000 Euro. Die Umsetzung soll, abhängig von naturschut­zrechtlich­en Auflagen, nach Möglichkei­t im Herbst 2021 erfolgen.

„Man will sich gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn man den Hang nicht freigeräum­t hätte und die Gefahr unentdeckt geblieben wäre“, so Spd-stadträtin Monika Albrecht-groß.

Ziegen als natürliche Hilfe?

Die Frage von Stadtrat Jens Pfrommer (Unabhängig­e/grüne), ob Höhlenhaus und Höhle trotzdem öffnen könnten, wurde mit einem Ja seitens der Verwaltung beantworte­t.

Pfrommers Fraktionsk­ollege Dr. Erwin Kleemann wollte wissen, ob das Terrain nicht ein idealer langfristi­ger Einsatzort für Ziegen wäre, die sich auf natürliche Art um den Bewuchs kümmern könnten. „Das wird leider nicht funktionie­ren. Wir müssen da weiter händisch mit Personal ran, und das regelmäßig“, so Schönberge­r.

Karin Häußler (CDU) sah das Aufstellen der Zäune als notwendig an, bat aber darum, die Arbeiten erst auszuführe­n, wenn die derzeitige­n Umleitunge­n wieder aufgehoben sind. Wie Schönberge­r erklärte, werde es maximal an einem Tag zu Beeinträch­tigungen auf der Kreisstraß­e kommen.

Man will sich gar nicht ausmalen, was hätte passieren können, wenn die Gefahr unentdeckt geblieben wäre.

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Foto: Markus Brandhuber Die Felsformat­ion rechts oberhalb des Eingangs zur Charlotten­höhle könnte zur Gefahr werden. Neue Zäune müssen aufgebaut werden. Mehrere Kubikmeter Felsgestei­n sollen absturzgef­ährdet sein.

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