Schutz vor Steinschlag bei der Charlottenhöhle
Die Felsen oberhalb des Eingangs des Touristenmagneten drohen sich zu lösen. Ein Gutachter war mit Seil am Hang unterwegs. Zäune sollen Abhilfe schaffen.
Mittelfristig sind mehrere Kubikmeter Felsgestein absturzbedroht. Jetzt soll mit Zäunen Abhilfe geschaffen werden.
Seit der Hang ober- und unterhalb des Eingangs zur Charlottenhöhle in Hürben von Bäumen freigeräumt wurde, treten die Felsen besonders imposant in Erscheinung.
Nötig war die Beseitigung des Bewuchses, weil es in der Vergangenheit entlang des Besucherwegs immer wieder zu Stammoder Astbrüchen bei den im Hang wachsenden Bäumen gekommen war. Um die Sicherheit für Besucher der Höhle und Personal zu erhöhen, wurde vor gut einem Jahr der gesamte Steilhang einschließlich der dort aufragenden Felsbereiche von stammbildendem Bewuchs befreit.
Felsstücke auf der Straße
„Im Zuge dieser Arbeiten lösten sich auch mehrere Felspartien, die in der Folge teilweise bis auf die Kreisstraße gestürzt sind“, so Helmut Schönberger vom städtischen Tiefbauamt in der jüngsten Sitzung des Gemeinderatsausschusses. Wie Schönberger ausführte, befindet sich unterhalb der dortigen Felsstufe bereits ein Steinschlagschutzzaun, der bei den Baumfällarbeiten beschädigt wurde.
Gutachter mit Seil am Hang
„Daraufhin sahen wir uns veranlasst, einen in der Felssicherung spezialisierten Fachgutachter hinzuzuziehen, um durch eine systematische Übersteigung der Felsen aus dem Seil die potenzielle Gefährdung für die vorhandene Hütte, den Zugangsweg und auch die Kreisstraße infolge tatsächlich vorhandener Steinschlagrisiken aus den Felsen über der Charlottenhöhle konkret zu beurteilen“, so der Mitarbeiter des Tiefbauamts.
Saurer Regen macht Probleme
Die Felsen seien aus Kalkstein. Der sei eigentlich nicht wasserlöslich. „Aber der saure Regen sorgt dafür, dass eben doch sich kleine Formationen lösen können“, so Schönberger.
Das Felsmassiv oberhalb des Eingangs sei im September vergangenen Jahres aus dem Seil begutachtet worden.
„Die Baumwurzeln haben dabei über einen langen Zeitraum massiv in das Felsgefüge eingegriffen. Ein Großteil der zuvor abgeräumten Bäume treibt inzwischen wieder frisch aus. Der davon ausgehende Wurzeldruck und der lang anhaltende Durchfeuchtungsgrad tragen weiterhin langfristig zur Aufweitung der vorhandenen Klüfte und somit zur Schädigung und Entfestigung des Gefüges bei. Über weite Bereiche ist eine generelle latente Steinschlaggefahr durch abstürzende Kluftkörper bis 40 Zentimeter Kantenlänge gegeben“, erklärte Schönberger.
Der begutachtete Bereich beginne nahe dem Hundsloch. Hier setze der kuppenartige Bergsporn zunächst mit niedriger Höhe ein und werde dann talwärts zur Durchgangshütte hin immer höher und steiler. Etwa fünf Meter unterhalb des Felskopfs befinde sich ein Bereich, bei dem ebenfalls infolge von Wurzeldruck mit einem kurz- bis mittelfristigen Versagen zu rechnen sei. Der Block werde momentan noch von relativ kleinen, unter dem Fußbereich verklemmten Felsblöcken gestützt. Wittern diese aus, könne der Block talwärts kippen und direkt auf die Hütte stürzen. Deshalb ist die Hütte seither gesperrt.
Große Fallhöhe
In Anbetracht der großen Fallhöhe sei zudem davon auszugehen, dass die Sturzblöcke auch die Kreisstraße erreichen können. Aufgrund des intensiven Moosbewuchses könne darüber hinaus der Einfluss von zeitweise austretendem Bergwasser vermutet werden, sodass ein Felsvolumen von bis zu 3,5 Kubikmetern als mittelfristig absturzgefährdet einzustufen sei.
Aus der West- und Nordflanke des Massivs abgehende Stein- und Blockschläge könnten den untersten Abschnitt des Höhlenaufgangs und die Kreisstraße erreichen. Auch hier könnte erheblicher Personen- und Sachschaden entstehen.
Wie kann dem entgegengetreten werden? Grundsätzlich werde in der Felssicherung zwischen aktiven und passiven Sicherungsmaßnahmen unterschieden. Zu aktiven Maßnahmen zählen beispielsweise Vernetzungen, Felsnägel, Spritzbeton oder Umgurtungen und gezielte Felsberäumung/felsabtrag, passive Maßnahmen sind etwa Geröllfangzäune, Steinschlagschutzzäune oder Schutzplanken.
„Eine gezielte Beräumung beziehungsweise der kontrollierte Abtrag von absturzgefährdenden Felspartien kommt aufgrund der örtlichen Verhältnisse und der vorherrschenden Topografie nicht in Betracht“, sagt Schönberger.
60 Meter neuer Zaun
Vom Gutachter werde in erster Linie die Umsetzung von passiven Sicherungsmaßnahmen in Form von Steinschlagschutzzäunen empfohlen. Insgesamt würden dabei etwa 60 Meter Schutzzaun in zwei Abschnitten benötigt.
Im gesamten Felsbereich sei zudem erneut ein Gehölzrückschnitt erforderlich, um den von den vorhandenen und wieder austreibenden Baumstümpfen ausgehenden Wurzeldruck möglichst dauerhaft zu beenden.
Die Grobkostenschätzung für die vorgeschlagenen Sicherungsmaßnahmen beäuft sich auf etwa 200 000 Euro. Die Umsetzung soll, abhängig von naturschutzrechtlichen Auflagen, nach Möglichkeit im Herbst 2021 erfolgen.
„Man will sich gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn man den Hang nicht freigeräumt hätte und die Gefahr unentdeckt geblieben wäre“, so Spd-stadträtin Monika Albrecht-groß.
Ziegen als natürliche Hilfe?
Die Frage von Stadtrat Jens Pfrommer (Unabhängige/grüne), ob Höhlenhaus und Höhle trotzdem öffnen könnten, wurde mit einem Ja seitens der Verwaltung beantwortet.
Pfrommers Fraktionskollege Dr. Erwin Kleemann wollte wissen, ob das Terrain nicht ein idealer langfristiger Einsatzort für Ziegen wäre, die sich auf natürliche Art um den Bewuchs kümmern könnten. „Das wird leider nicht funktionieren. Wir müssen da weiter händisch mit Personal ran, und das regelmäßig“, so Schönberger.
Karin Häußler (CDU) sah das Aufstellen der Zäune als notwendig an, bat aber darum, die Arbeiten erst auszuführen, wenn die derzeitigen Umleitungen wieder aufgehoben sind. Wie Schönberger erklärte, werde es maximal an einem Tag zu Beeinträchtigungen auf der Kreisstraße kommen.
Man will sich gar nicht ausmalen, was hätte passieren können, wenn die Gefahr unentdeckt geblieben wäre.