Der Atmosphäre CO2 entnehmen
Dass Wunder geschehen, bewiesen die vergangenen zwei Wochen in Berlin. Der Beschluss des Verfassungsgerichts, der die Bundesregierung zwingt, mehr gegen die Erderwärmung zu tun, löste einen regelrechten Turbo-klimawandel in der Union aus. Waren CDU und CSU in der klimapolitischen Rallye der großen Koalition bisher fürs Bremspedal zuständig, überschlagen sie sich seit Neuestem mit Ideen, wie sich das Karlsruher Diktum realisieren ließe. Symbolisch für den Sinneswandel steht Peter Altmaier. Interpretierte der Cdu-politiker seine Rolle als Energieminister bisher als Endgegner sozialdemokratischer Ökostrom-forderungen, inszeniert er sich nun als Klimavorkämpfer erster Stunde, der „schon im letzten September genau das vorgeschlagen“habe, so Altmaier, was das Verfassungsgericht jetzt beschlossen hat.
Die Sozialdemokraten werden bei diesen Einlassungen regelrecht emotional. Von „bigott“über „pfff “bis zu „Satire“reichen die Reaktionen auf Altmaiers persönliches Tauwetter. In den Verhandlungen über ein neues Klimaschutzgesetz konnte man diesen Groll allerdings zur Seite schieben. In rekordverdächtiger Zeit hat man sich offenbar bereits am Montag darauf einigen können. Eigentlich hatte Karlsruhe dafür Zeit bis Ende 2022 gegeben. Diese Flanke wollte man den Grünen im Wahlkampf allerdings nicht anbieten, so dass das Kabinett wohl schon diesen Mittwoch den Entwurf von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) verabschieden wird.
Und der hat es in sich. Schon 2045, nicht erst 2050 soll Deutschland klimaneutral werden. Gemeinsam mit dem ebenfalls ehrgeizigen Großbritannien würde man sich damit an die Klima-speerspitze der größeren Volkswirtschaften stellen. Aber auch für die Zeit davor soll es neue, ehrgeizigere Ziele geben. Bis 2030 sollen 65 Prozent weniger CO2 ausgestoßen werden als 1990. Zehn Prozent weniger als ursprünglich geplant. Diese Verschärfung allerdings hat mehr mit Brüssel als mit Karlsruhe zu tun, leitet sie sich ja aus dem unionsweiten Klimaziel ab, das sich die EU unlängst gegeben hat.
Bei diesen Zahlen, merken Kritiker allerdings zu Recht an, handelt es sich bisher nur um Wunschvorstellungen. Darüber, wie sie Realität werden sollen, wird die große Koalition sich bis zur Bundestagswahl nicht mehr einigen können. Wer wissen will warum, muss sich eine aktuelle Studie der Umwelt-denkfabriken „Agora Energiewende“, ihrer Schwester „Agora Verkehrswende“und der „Stiftung Klimaneutralität“
bedeutet, dass sämtliche Treibhausgase, die der Mensch verursacht und die den globalen Temperaturanstieg verursachen, ausgeglichen werden. Zu diesen Treibhausgasen gehören Kohlendioxid, aber auch Methan und Lachgas. So kann die globale Durchschnittstemperatur stabilisiert werden. Weil manche Emissionen unvermeidbar sind, müssen der Atmosphäre auch Partikel entnommen werden, etwa durch Aufforstung oder Technologien wie „Direct Air Capturing“. gibt es bereits, sie müssen allerdings für eine Serienreife noch weiter erforscht werden. Damit die globale Durchschnittstemperatur sinkt, sind solche sogenannten „negativen Emissionen“unerlässlich.