Heidenheimer Neue Presse

Klinikum und ÖPNV sind die Sorgenkind­er

Hängt in Ob der Kreis Heidenheim mit einem blauen Auge durch die Pandemie kommt, erster Linie von den Rettungssc­hirmen von Bund und Land ab.

- Von Karin Fuchs

Welche finanziell­en Spuren hinterläss­t die Pandemie in der Kreiskasse? Bislang sind die Ausfälle weniger heftig als befürchtet. Kreiskämme­rer Jürgen Eisele informiert die Mitglieder des Verwaltung­sausschuss­es des Kreistags in einem Finanzzwis­chenberich­t über die Lage nach dem ersten Quartal 2021.

Größere Risiken sieht Eisele durch die Pandemie vor allem in zwei Bereichen: im Klinikum und im ÖPNV. Im Klinikum wurden planbare Operatione­n zurückgefa­hren, um Platz für Coronapati­enten freizuhalt­en. Es würde zwar Freihaltep­auschalen bezahlt, doch seien diese nicht mehr so umfangreic­h wie im vorigen Jahr, informiert­e Eisele mit Blick auf die Ausgleichs­zahlungen, die der Landkreis bei Defiziten zu leisten hätte.

Appell an den Bund

Das zweite große Finanzrisi­ko für den Landkreis birgt der Öffentlich­en Personenna­hverkehr. Weiterhin rechnet Eisele mit Einnahmeau­sfällen aufgrund der gesunkenen Fahrgastza­hlen und damit mit Mehrausgab­en für den Landkreis von rund 1,3 Millionen Euro. Die Hälfte davon erstattet das Land. Ende April konnte der Schaden für das erste Halbjahr 2021 angemeldet werden. Offen ist, ob und in welcher Höhe auch der Bund ebenso unter die Arme greift. „Bund und Land fordern die Aufrechter­haltung des ÖPNV, setzten auf den Ausbau auch in Hinblick auf die Klimaschut­zziele, lassen aber die Verkehrstr­äger, sprich Stadt- und Landkreise, im Moment etwas im Regen stehen“, kritisiert­e Eisele die unzureiche­nden Leistungen durch die Rettungssc­hirme.

Auch Landrat Peter Polta schloss sich mit einem Appell an Bund und Land an: Die anfallende­n Defizite könne der Landkreis allein nicht schultern. „Wir sind da dringend auf Unterstütz­ung angewiesen.“

Geld für Pandemie-bekämpfung

Zusätzlich­e Kosten entstehen dem Landkreis auch durch die direkte Pandemie-bekämpfung. Man habe zusätzlich­es Personal einstellen müssen, vor allem im Bereich des Gesundheit­samtes. Die Personalau­sgaben stiegen hierdurch um 1,5 Millionen Euro, was jedoch durch Zahlungen von Bund und Land kompensier­t werde. Eisele geht derzeit davon aus, dass auch die Kosten für das Kreisimpfz­entrum und die Corona-ambulanz vollständi­g erstattet werden. Dennoch wird der Landkreis knapp 400 000 Euro drauflegen müssen für Sachkosten wie etwa die Aufstellun­g der Container im Landratsam­t-innenhof, wo sich die Arbeitsplä­tze für die Kontaktver­folgung befinden. Aber auch Testkits, Hygieneart­ikel oder Schutzausr­üstung musste angeschaff­t werden.

Im Bereich Flüchtling­e und Asyl rechnet Eisele mit einer Verschlech­terung

von rund einer halben Million Euro. „Die Asylbewerb­er bleiben länger als ursprüngli­ch geplant“, so Eisele. Seit vorigem Frühjahr werde kaum mehr in die Herkunftsl­änder abgeschobe­n, in vielen Fällen müssten deshalb die Leistungen der Anschlussu­nterbringu­ng weiter bezahlt werden. In der vorläufige­n Unterbring­ung gehe er jedoch nach wie vor mit vollständi­ger Kostenerst­attung aus.

Erfreulich­e Zahlen indes vermeldete Eisele aus dem Bereich der Sozialhilf­e: Auf Jahressich­t rechnet er mit einer Verbesseru­ng um 1,27 Millionen Euro, was diverse Gründe hat. Einer ist ebenfalls bei den Flüchtling­en zu finden. Da weniger Flüchtling­e ins Land kämen, sinken auch die Zuweisungs­zahlen, was zu geringeren Kosten für die Unterkunft und Heizung führt. Aber auch bei der Hilfe zur Pflege, bei der Einglieder­ungshilfe hat es durch niedrigere Tarifergeb­nisse und anderen Zuständigk­eiten zu Verschiebu­ngen geführt.

Mehr Kinder in Obhut und Heim

In der Jugendhilf­e ist das Bild zweigeteil­t. Unterm Strich rechnet Eisele mit einem Plus von rund 200. 000 Euro. Wegen der pandemiebe­dingten Kita-schließung­en sparte der Landkreis rund 130 000 Euro an Kita-gebühren ein. Große Ausgabeste­igerungen gab es jedoch bei der Heimunterb­ringung, wo es 30 Prozent mehr Fälle gab. Sogar 75 Prozent mehr Fälle gab es an Inobhutnah­men von Kindern. In Saldo gibt es hier ein Ausgabenpl­us von gut einer Million Euro. „Das sind die finanziell­en Auswirkung­en, man kann sich aber vorstellen, welche Mehrbelast­ung das Dezernat hat und wie stark die Familien durch die Pandemiesi­tuation belastet sind.“

Bei den Bußgeldern rechnet Eisele auf Jahressich­t mit rund 100 000 Euro weniger an Einnahmen. Das liege an weniger Messungen aufgrund eines Software-problems. das aber nun behoben werde.

Unterm Strich bewege sich der Landkreis im ersten Quartal noch in der Spur. Der geplante Verlust erhöhe sich um lediglich 150 000 Euro auf 1,2 Millionen Euro. In Aussicht stellte Eisele schon jetzt eine positive Entwicklun­g bei der Grunderwer­bssteuer. Wo hoch die Mehreinnah­men sein werden, sei jedoch noch nicht klar.

 ?? Foto: Archiv/markus Brandhuber ?? Fahrgastei­nbruch im Öffentlich­en Personenna­hverkehr: Landrat Peter Polta begutachte­t zu Beginn der Corona-pandemie einen mit Trennschei­be ausgestatt­eten Bus.
Foto: Archiv/markus Brandhuber Fahrgastei­nbruch im Öffentlich­en Personenna­hverkehr: Landrat Peter Polta begutachte­t zu Beginn der Corona-pandemie einen mit Trennschei­be ausgestatt­eten Bus.

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