Vom öffentlichen Dienst in die Selbstständigkeit
Der Schreibtisch des Chefs (93) Ein Schreibtisch sagt auch etwas über seinen Nutzer aus – oder? In dieser Hz-serie werden Arbeitsplätze von Führungskräften aus der Region vorgestellt. Heute: Pia Kummer von der Steuerkanzlei Buck + Kummer in Mergelstetten.
In Teil 93 der Hz-serie „Schreibtisch des Chefs“zeigt Pia Kummer von der Steuerkanzlei Buck + Kummer ihren Arbeitsplatz.
Beamtin auf Lebenszeit: Pia Kummer hatte nach Fachabitur, einer Ausbildung zur Justizfachangestellten und einem dualen Studium im öffentlichen Dienst einen beruflichen Status erreicht, der ihr finanzielle Sicherheit hätte bieten können bis ans Lebensende. Doch die junge Frau zweifelte immer öfter. Wollte sie ihr Leben lang abarbeiten, was andere vorgearbeitet hatten? Und könnte sie sich mit den behördeninternen Abläufen und Gepflogenheiten jemals anfreunden? Nach sechs Jahren bat sie schließlich um ihre Entlassung. Sie war sich inzwischen sicher:
Ihr Interesse galt weniger den Formularen als den Menschen und deren Lebensumständen, die sich dahinter verbargen. „Und ich wünschte mir eine Position, die es erlaubt, mitzugestalten“, sagt die 52-Jährige. Sie machte also einen Steuerberater-lehrgang und wechselte die Seiten. 2002 stieg sie bei der Kanzlei Buck in Mergelstetten ein. 2006 wurde sie dort gleichberechtigte Partnerin.
Vorbild: Kater Carlos
Noch nie hat sie ihre Entscheidung von damals bereut. Nur manchmal, wenn allzu viele nicht enden wollende Tage aufeinander folgen und der Aufgabenberg wächst und wächst, sehnt sich Pia Kummer nach einer Festanstellung. 9 bis 17 Uhr, Dienst nach
Vorschrift, wenig Verantwortung, deutlich mehr Freizeit: „Auf Dauer wäre mir das aber sicher zu langweilig. Ich arbeite gerne und gerne auch viel.“Ausgleich findet sie unter anderem bei ihren Reisen nach La Gomera, wo sie sich von der Schönheit der Natur und Bewegung unter freiem Himmel voll und ganz vereinnahmen lassen kann. Gemeinsam mit ihrem Mann bucht sie dort gerne Boots-expeditionen. Delfine aus nächster Nähe zu beobachten, ist für sie immer wieder ein faszinierendes Erlebnis. Auch im Alltag ist ihr Sport wichtig. Radfahren, laufen, regelmäßig trainiert sie zudem im Fitnessstudio. Und dann ist da noch Kater Carlos. Er freut sich in der Mittagspause über die Gesellschaft seiner Besitzerin. Die wiederum hat großen Gefallen an den Charaktereigenschaften dieser Haustiere: ruhig, gelassen, auf den Moment konzentriert und trotzdem mit eigenem Kopf.
Pia Kummer arbeitet in Mergelstetten Seite an Seite mit Kanzleigründer Martin Buck. Das Verhältnis ist nach so vielen Jahren freundschaftlich geworden. Der Austausch ist rege, die Vertretung im Urlaubsfall oder bei Krankheit eine Selbstverständlichkeit. Die Zuständigkeiten sind nach Mandanten aufgeteilt. Doch wann immer ein Fall ins Stocken gerät, unterstützen sich die beiden Partner gegenseitig bei der Suche nach dem idealen Weg. Die gebürtige Härtsfelderin hat sich zudem auf internationales Steuerrecht spezialisiert. Jährlich besucht sie dafür eine Pflichtfortbildung und verfolgt aktuelle Gesetzesänderungen zum Thema. So können auch Unternehmen, die erste geschäftliche Beziehungen ins Ausland aufbauen wollen, weiterhin im Hause beraten werden: „Inzwischen sind auch viele kleine und mittelständische Betriebe von Fragen, die den internationalen Bereich betreffen, tangiert.“
Die Zuarbeit übernimmt ein großes Team mit Kompetenzen auch in der Bilanzbuchhaltung und in der Betriebswirtschaft. Gefühlt wird der Arbeitsaufwand von Jahr zu Jahr größer, die Abläufe werden komplizierter. Früher hätten sich viele Fragen telefonisch innerhalb weniger Minuten klären lassen. Doch nun verbiete der Datenschutz, dass auf den Schreiben der Finanzämter
Ansprechpartner namentlich genannt werden. Viele Mails seien nötig. „Corona hat uns das Arbeiten zusätzlich erschwert. Viele Finanzbeamte sind im Homeoffice, teilweise ohne Möglichkeit, von außen auf die Programme zuzugreifen“, berichtet die Steuerberaterin. Mühsam müssen zusätzlich zum Alltagsgeschäft nun Informationen zu verschiedensten Finanzhilfen für Privatpersonen, Selbstständige und Unternehmer zusammengetragen werden. Und überdies werden die allgemeinen Regularien immer mehr. Der Leitfaden zur Steuererklärung 2010 war nur halb so dick wie der fürs laufende Jahr. Pia Kummer nimmt die Entwicklung mit Humor: „Es gab mal die Idee von der Steuererklärung auf dem Bierdeckel. Wir waren davon noch nie so weit entfernt wie heute.“
Dass das Team Buck + Kummer bisher gut durch die Corona-pandemie gekommen ist, liegt auch an dem guten Miteinander der vorangegangenen Jahre. Regelmäßig kam ein Coach ins Büro für Thementage. Unweit der Empfangstheke hängt ein Gemeinschaftsbild: lauter kleine Quadrate, ausgeschmückt mit Mosaiksteinen, darunter sind die Namen der Mitarbeiter
zu lesen. Viele der Frauen sind seit vielen Jahren mit dabei, teilweise werden 40-jährige Betriebszugehörigkeitsjubiläen gefeiert. Weiterbildungen und Fortbildungen sind jederzeit möglich und werden von der Führungsebene unterstützt. Obwohl das System durchlässig ist und mehrere Bildungswege möglich sind, gibt es unter Steuerberatern nur wenige Frauen. Die Quote bei Steuerfachangestellten dagegen spricht Bände. In der Mergelstetter Kanzlei sind neben Kanzleigründer Martin Buck zu 100 Prozent Frauen beschäftigt. Pia Kummer ist überzeugt, dass oft eine Entscheidung getroffen werde zwischen langer Lernzeit und Familienleben. Ihr selbst sei bei der abschließenden Prüfung zugutegekommen, dass sie bereits studiert hatte. So sei ihr das Prozedere leichter gefallen als denen, die bisher lediglich eine Lehre vorweisen konnten.
Die Steuerberaterin nimmt nach langen Tagen in der Kanzlei
oft noch Arbeit mit nach Hause.
Auch an den Wochenenden bleibt der Laptop selten ganz aus. „Pause hat man eigentlich nie, wenn man selbstständig ist“, sagt sie. „Aber mir macht das nichts aus, ich arbeite gern.“Gleiches gilt grundsätzlich für ihre Ehrenämter bei der evangelischen Brückengemeinde und dem Eselsburger Himmelszelt. Dort behält sie die Finanzen im Blick, „das ergibt sich eben, wenn man vom Fach ist. Manchmal wäre es mir aber lieber, wenn ich nicht auch noch in meiner Freizeit mit dem Steuerthema zu tun hätte.“
Schon seit geraumer Zeit können Steuererklärungen digital übermittelt werden. Gleiches gilt für den Austausch von Informationen zwischen Steuerkanzlei und Mandanten. Doch viele Mandanten ziehen noch immer das persönliche Gespräch vor. Pia Kummer gefällt diese zwischenmenschliche Nähe, die teils über drei Generationen hinweg gelebt wird. Opa, Sohn, Enkel, Finanzen sind Vertrauenssache, weil oft grundlegende Entscheidungen getroffen werden müssen: „Da ist es von Vorteil, wenn man sich schon kennt und nicht jedes Mal von vorne erzählen muss.“Doch das richtige Maß der Kommunikation ist Ansichtssache.
Manch einer brauche Rückversicherung in vielen kleinen Angelegenheiten, beschließe einenimmobilienverkauf oder Ausgaben mit weitreichenden Folgen dann aber im Alleingang. Erfahrungsgemäß sei es immer sinnvoll, zuerst mit dem Steuerberater zu sprechen. Welche Rechtsform wähle ich für eine Firmengründung? Was muss im Erbfall berücksichtigt werden? Pia Kummer: „Wer sich nicht regelmäßig mit diesen Themen beschäftigt, tut sich schwer, eine optimale Lösung zu finden. Meine Aufgabe ist es, alle Möglichkeiten mit ihren Vor- und Nachteilen aufzuzeigen. Die Entscheidung treffen die Mandanten am Ende aber immer selbst.“
Nächste Woche zeigt Dr. Rainer Mangold seinen Schreibtisch.
Auf Dauer wäre mir das zu langweilig.
Corona hat uns die Arbeit erschwert.