Heidenheimer Neue Presse

Liberale wollen die SPD überholen

FDP Die Partei strotzt bei ihrem Treffen vor Selbstbewu­sstsein. Die Umfragewer­te sind gut und auf einmal gibt es auch Soziales im Programm. Der Wahlkampf kann kommen.

- Igor Steinle

Berlin. Zweistelli­ge Umfragewer­te, glänzende Finanzen, positive Mitglieder­entwicklun­g: Die FDP hat momentan viele Gründe, sich selbstbewu­sst zu präsentier­en. Dass sie damit auch kein Problem hat, machte Parteivize Wolfgang Kubicki gleich zu Beginn des semi-digitalen Parteitags der Liberalen klar: Drittstärk­ste Kraft zu werden sei das Wahlziel der Freien Demokraten. Dass es Christian Lindner, mit 93 Prozent frisch als Parteivors­itzender bestätigt, ebenfalls nicht an Selbstbewu­sstsein mangelt, ist kein Geheimnis. Diesem schadet es sicher auch nicht, dass viele Menschen ihn momentan fragen, ob die FDP denn nicht auch einen Kanzlerkan­didaten benennen sollte. In Versuchung bringen lässt er sich davon nicht.

Die Frage nämlich, so Lindner, sei „von gestern“. Heute entschiede­n nicht mehr einzelne Persönlich­keiten den Charakter der Kanzlersch­aft, sondern die Konstellat­ion der Koalition. „Eine Kanzlerin Annalena Baerbock von Gnaden der Linksparte­i wäre fraglos ein anderes Szenario als eine Kanzlerin Baerbock mit der Union als Juniorpart­ner.“ Klare Kante gegen Links

Was er eigentlich sagen wollte: Mit der Junior-junior-partnerin FDP wäre das Szenario noch mal ein ganz anderes. Die Partei wolle bei der Wahl so stark werden, „dass sowohl schwarz-grüne als auch grün-rot-rote Mehrheiten ausgeschlo­ssen sind“, so Lindner, der in seiner Rede überrasche­nd staatsmänn­isch und ernsthaft auftrat. Kostenlos zu haben sei die Unterschri­ft der Liberalen unter einen möglichen Koalitions­vertrag jedoch nicht, machte er mehrfach deutlich. Steuerhöhu­ngen „wird es mit uns Freien Demokraten nicht geben“, lautet das Preissigna­l an die anderen Parteien. Dass es allerdings nicht unbedingt Steuer- und Wirtschaft­sfragen sind, die für den Höhenflug der Liberalen verantwort­lich sind, wurde in Wolfgang Kubickis Rede deutlich, der den Parteitag kämpferisc­h mit einem Appell zu Rechtsstaa­tlichkeit auch in der Pandemie eröffnete. Trotz des anfänglich­en Gegenwinds zu ihrem regierungs­kritischen Kurs habe die Partei „Durchhalte­vermögen“bewiesen und sich „durch nichts und niemanden“abbringen lassen.

„Viele haben geglaubt, wir seien nur eine Wirtschaft­spartei und haben jetzt erkannt, dass wir auch die Partei eines gesellscha­ftlichen Liberalism­us sind“, erklärt der Geschäftsf­ührer der Fdp-bundestags­fraktion, Marco Buschmann, die Werte der Liberalen im Gespräch. Dass die FDP auch die sozialpoli­tische Flanke schließen will, machte die Personalie des als progressiv geltenden Johannes Vogel deutlich, der im Bundestag als versierter Arbeits- und Sozialpoli­tiker gilt. Er wurde mit 79 Prozent zum stellvertr­etenden Bundesvors­itzenden gewählt und rief dazu auf, sich im Wahlkampf auch mit sozialpoli­tischen Themen zu profiliere­n.

 ?? Foto: Michael Kappeler/dpa ?? Christian Lindner, Fraktionsv­orsitzende­r und Parteivors­itzender der FDP, spricht beim Bundespart­eitag.
Foto: Michael Kappeler/dpa Christian Lindner, Fraktionsv­orsitzende­r und Parteivors­itzender der FDP, spricht beim Bundespart­eitag.

Newspapers in German

Newspapers from Germany