Heidenheimer Neue Presse

Israelis gegen Israelis

- Agnes Fazekas

Präsident Reuven Rivlin warnte bereits im israelisch­en Fernsehen vor einem „Bürgerkrie­g“und rief beide Seiten zur Mäßigung auf. Seine Sorge: Gewaltausb­rüche zwischen arabischen und jüdischen Israelis. Bislang hielten sich die arabischen Israelis traditione­ll bislang eher heraus, wenn es zwischen Palästinen­sern in Ostjerusal­em und den Siedlern oder Soldaten brodelte. Viele Palästinen­ser wiederum betrachten ihre Brüder und Schwestern hinter der grünen Linie als weichgewas­chen: Sie haben einen israelisch­en Pass, die besseren Jobs – und Bewegungsf­reiheit. Doch diesmal ist vieles anders als sonst.

Über Jahrzehnte ließ Israel die arabische Bevölkerun­g links liegen, egal ob es um Wohnraum oder Infrastruk­tur ging. Zwar brach Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu ironischer­weise ausgerechn­et in den letzten Wochen ein Tabu, und biederte sich relativ verzweifel­t der arabischen Ra’am-partei an, um eine Regierung bilden zu können. Aber aus gleichem Grund hatte er in den Wahlkampag­nen zuvor den Unmut der arabischen Bürger mit rassistisc­hen Wahlkampag­nen befeuert – und in seinem Profilieru­ngskampf schließlic­h die Ultrafasch­isten wieder gesellscha­ftsfähig gemacht: Als Vereinigun­g der „Religiösen Zionisten“schafften sie den Einstieg in die Knesset.

Zwar repräsenti­eren die jüdischen Schläger der ultrarecht­en Organisati­on Lehava oder der rechtsextr­emen Hooligangr­uppe La Familia genauso wenig die Mehrheit der jüdischen Israelis wie zündelnde Araber die muslimisch­e und christlich­e Minderheit im Land – doch natürlich stacheln sie die Stimmung weiter auf. Die Kluft und das Misstrauen werden spürbar größer, und das in Städten und Vierteln, die für friedliche Koexistenz standen. So ging beispielsw­eise in der Küstenstad­t Akko das allseits beliebte Fischresta­urant „Uri Buri“in Flammen auf.

Während das Raketenfeu­er auf Israel andauerte, bereitete sich die Polizei auf Proteste und Zusammenst­öße zwischen Juden und Arabern vor. Dass sie sich dabei oft sichtbar auf die jüdische Seite stellt, entzürnt wiederum auch friedliche Araber, und erinnert an die alltäglich­e Diskrimini­erung. Selbst wenn sich Israel und die Hamas bald zu einem Waffenstil­lstand bewegen lassen sollten: Diese Wunden im eigenen Land werden nicht so schnell vernarben.

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Foto: Ahmad Gharabli/afp Zerstörung­en nach Krawallen in Tel Aviv.

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