Heidenheimer Neue Presse

Kritik an Plänen für die Schlossber­g-bebauung

Fast vier Hektar Wald wurden für das Neubaugebi­et „Reutenen Süd“bereits abgeholzt, weitere 5,59 auf dem Schlossber­g sollen folgen: Eine Initiative will einen weiteren Kahlschlag verhindern.

- Von René Rosin

Bei einem Spaziergan­g erklärten die Mitglieder der „Schlossber­g-initiative“, warum sie gegen weitere Abholzunge­n sind.

Einen besseren Termin für ihre Begehung des Schlossber­gs am Samstag hätten die Mitglieder der im April gegründete­n „Schlossber­g-initiative“kaum wählen können: Die verheerend­en Folgen der Flutkatast­rophe der letzten Tage in Rheinland-pfalz und Nordrhein-westfalen waren eine legitimato­rische Steilvorla­ge für ihre Argumentat­ion. Dr. Mechthild Freist-dorr von der Schutzgeme­inschaft Deutscher Wald, die von der Bürgerinit­iative als Expertin eingeladen war, wies auf die Funktion eines alten Waldes als Wasserspei­cher hin: „Wir sehen im Moment auf ganz dramatisch­e Art und Weise, was passiert, wenn Starkregen nicht zurückgeha­lten wird. Wälder wie der hier auf dem Schlossber­g wirken wie ein Schwamm.“

Das Schreckges­penst der Mitglieder der „Schlossber­g-initiative“hat einen konkreten Namen: „Städtebaul­iches Entwicklun­gskonzept Schlossber­g Heidenheim“steht auf dem Vorentwurf, den die Firma Kling Consult aus Krumbach im Auftrag der Stadt Heidenheim erstellt hat. Die darin angedeutet­en Eingriffe in den alten Baumbestan­d zwischen Klinikum und Voith-arena ließen bei den Initiatore­n die Alarmglock­en schrillen. Sie fordern deshalb unter anderem, weder für Betonfläch­en noch für zusätzlich­e Wohnfläche­n weitere Bäume zu fällen, eine Reduzierun­g des Verkehrsau­fkommens und lehnen den Neubau eines Parkhauses und eines Parkplatze­s für die Voitharena ab.

Verkehrsko­nzept zwingend

Nach Meinung der Schlossber­g-initiative gehört in die Planungen für eine weitere Bebauung dagegen zwingend ein schlüssige­s Verkehrsko­nzept. „Der Schlossber­g muss von den vielen Autos entlastet werden, wenn Spieltag ist“, so Charlotte Jablonka von der Initiative.

Zu Beginn der Begehung wies Mechthild Freist-dorr auf die überragend­e Bedeutung vor allem alter Waldbestän­de mit großen Bäumen hin. Ihrer Meinung nach schlägt das Pendel bei der Abwägung von Naturschut­z- oder Wirtschaft­sinteresse­n immer mehr zugunsten von Letzterem aus. Sie erinnerte an die Entwicklun­g der letzten Jahre auf dem Schlossber­g: „Bei jeder Veränderun­g wurde dieser Wald nicht einfach in Ruhe gelassen, sondern er wurde Stück für Stück angeknabbe­rt.“Sie fügte mit sarkastisc­hem Unterton an: „Wir haben ja so viel Wald im Landkreis Heidenheim.“Werden die Areale auf dem Schlossber­g wie geplant zusammenge­führt „ändert sich der Charakter dieses Gebietes erheblich“, so Freist-dorr. Oder, wie es ein Teilnehmer zuspitzte: „Es wird nur noch ein Westentasc­henschloss­wäldchen geben.“Die Bürgerinit­iative ist dabei nicht strikt gegen eine bauliche Veränderun­g des Areals, fordert aber eine Beschränku­ng des Umfangs. „Unsere Hoffnung ist, dass es dafür eine Mehrheit im Gemeindera­t gibt“, so Kristina Karmazin von der Schlossber­g-initiative. Diese Macht hat der Heidenheim­er Gemeindera­t, erklärt dessen Ex-mitglied Michael Sautter von den Grünen und ergänzt: „Wenn man nur in den Bereich der bestehende­n Bebauung reingeht, könnte man unter Umständen den vorhandene­n Baumbestan­d zwischen den Gebäuden sogar erhalten.“

Die Hoffnungen ruhen dabei auch auf dem neuen Oberbürger­meister. Denn Michael Salomo, der sein Amt nächsten Monat antritt, ist nicht an den jetzigen Entwurf gebunden, so Michael Sautter: „Er ist nicht gezwungen, das Verfahren auf der jetzigen Basis fortzuführ­en. Er kann sehr wohl – vor allem wenn der Gemeindera­t

mitzieht – sagen, ,Wir gehen da noch einmal einen Schritt zurück‘.“

Sautter brachte zudem den Gedanken der sogenannte­n „grauen Energie“in die Diskussion ein. Ein Argument, das mindestens so klimarelev­ant wie ein alter Baumbestan­d ist. Schließlic­h entfallen elf Prozent der weltweiten Co2-emissionen auf den Bausektor. Eine Tatsache, die die Stadt Heidenheim bei den Plänen für die Umgestaltu­ng des eigenen Rathauses längst berücksich­tigt hat: Man modernisie­rt umweltbewu­sst das vorhandene Rathaus statt einen Neubau zu errichten.

Die Erwartung auf eine gewisse Selbstbesc­hränkung beim Umbau des Schlossber­gareals teilt auch Stefanie Schall-uhl, für die Grünen im Gemeindera­t sitzend. „Ich habe immer Hoffnung, die stirbt ja bekanntlic­h zuletzt. Ich glaube schon, dass im Zuge der Klimakrise auch in den früheren absoluten Widersache­rn eine Veränderun­g vor sich geht.“Nichtsdest­otrotz ist sie von der Notwendigk­eit von Neubauten überzeugt: „Ich glaube, der Schlossber­g verkraftet einen Zuwachs an Menschen. Es ist halt die Frage, wie intelligen­t steuert man das. Und wie fahrradfre­undlich ist das und wie gut ist die Anbindung an den öffentlich­en Nahverkehr.“

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 ?? Foto: Markus Brandhuber ?? Am Samstag informiert­e die „Schlossber­g-initiative“über ihre Anliegen. Sie lehnen weitere Waldrodung­en ab.
Foto: Markus Brandhuber Am Samstag informiert­e die „Schlossber­g-initiative“über ihre Anliegen. Sie lehnen weitere Waldrodung­en ab.

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