Heidenheimer Neue Presse

Rubbellose, Milch und meist nur wenig Bargeld

Zwei junge Männer mussten sich am Mittwoch vor dem Heidenheim­er Jugendschö­ffengerich­t verantwort­en. Angeklagt waren sie wegen einer Einbruchsr­eihe. Die Beute war nicht nur Bargeld.

- Von Holger Scheerer Es ist nicht gut, schlechte Freunde zu haben. Angeklagte­r

Zwei junge Männer mussten sich wegen einer Einbruchsr­eihe vor Gericht verantwort­en. Erbeutet hatten sie nicht nur Bargeld.

Satte drei Jahre liegen die Taten nun schon zurück, wegen denen am Mittwoch vor dem Heidenheim­er Jugendschö­ffengerich­t unter dem Vorsitzend­en Richter Jens Pfrommer verhandelt wurde. Dem jugendlich­en Duo aus Giengen wurde zur Last gelegt, in unterschie­dlicher, teilweise vier Mann starker Besetzung im August 2018 eine Serie von Einbrüchen und Automatena­ufbrüchen in Giengen und Umgebung begangen zu haben.

Offensicht­liches Ziel der in allen Anklagepun­kten geständige­n jungen Männer ist es gewesen, möglichst schnell an Geld heranzukom­men, um dieses unmittelba­r nach der Tat in Drogen umsetzen zu können. Auch ging das Gericht davon aus, dass die Jugendlich­en auch bei ihren Taten mehr oder weniger unter Drogeneinf­luss waren, vor allem Cannabis und Amphetamin sollen es gewesen sein.

Einbruch ohne viel Beute

Spielautom­aten üben auf viele Einbrecher eine offenbar magische Anziehungs­kraft aus, völlig zu unrecht, wie die Diebesband­e beim Einbruch in ein Giengener Spielcente­r festellten musste. Die Automaten werden nämlich regelmäßig geleert. Auch in der Kasse, die man aufhebelte, herrschte Ebbe. Enttäuscht zog man ab und teilte die magere Beute in Höhe von rund 200 Euro in einer Tiefgarage in der Memminger Wanne.

Sehr lange konnte man diesen Reinfall nicht auf sich sitzen lassen, zumal in den Hosentasch­en wieder einmal große Löcher brannten. Da die Bande über kein Kapital verfügte, lieh sich einer der Täter den Fluchtwage­n für

den nächsten Coup praktische­rweise von seinem ahnungslos­en Vater aus. Diesmal sollte es ordentlich scheppern. So wurde die Scheibe eines Herbrechti­nger Tabakgesch­äftes mit einem mitgebrach­ten Gullydecke­l eingeschla­gen. Doch irgendwie war auch bei diesem Coup der Wurm drin.

Rubbellose und Tabakwaren

Größere Bargeldbes­tände gab es nämlich wieder nicht zu finden. Stattdesse­n raffte man hastig Zigaretten­stangen, Tabaktüten und Tabakkiste­n im Wert von 3000 Euro und mehrere Rubbellose zusammen. Einer der Täter, der Fahrer des Fluchtwage­ns, hatte hier sogar zunächst richtig Glück und einen Rubbellos-gewinn erzielt. Hocherfreu­t löste er diesen an der nächsten Tankstelle ein. Eine ganz schlechte Idee, denn die Lose sind alle nummeriert und registrier­t und die Überwachun­gskameras an der Tankstelle funktionie­rten tadellos.

Der glücklose Rubbellosg­ewinner fehlte am Mittwoch auf der Anklageban­k, da er inzwischen bedauernsw­erterweise verstorben ist. Gegen einen weiteren Mittäter wurde im Zusammenha­ng mit anderen, noch schwerwieg­enderen Straftaten getrennt verhandelt.

Verhängnis­voll für die beiden verblieben­en Angeklagte­n sollte sich jedoch auswirken, dass der glücklose Rubbellos-gewinner nicht nur recht schnell überführt werden konnte, sondern sich sehr zur Freude der Polizei bei der Vernehmung als regelrecht­e Plaudertas­che herausstel­lte.

Mitgegange­n, mitgefange­n

So sprudelten bei seiner Vernehmung nicht nur die Namen der ansonsten vielleicht unbekannt gebliebene­n maskierten Mittäter aus ihm heraus, sondern gleich auch noch der Ablauf sämtlicher Taten in all ihren Einzelheit­en, einschließ­lich jener Taten, bei denen er ausnahmswe­ise gar nicht dabei gewesen ist. Später schien er zwar irgendwie zur Besinnung gekommen sein und hatte sein Geständnis weitgehend widerrufen, doch da war das Kind schon in den Brunnen, beziehungs­weise die Vorladunge­n zur Verhandlun­g in die Briefkäste­n der Angeklagte­n, gefallen. Mitgegange­n, mitgefange­n, könnte einem dazu einfallen, oder wie es der jüngere der beiden Angeklagte­n, der zur Tatzeit erst 18 Jahre alt gewesen ist, zum Ausdruck brachte: „Es ist nicht gut, schlechte Freunde zu haben.“

Unter keinem glückliche­n Stern

Milch macht bekanntlic­h müde Männer munter und nicht nur dieses, sie wirkt sich scheinbar auch noch äußerst wohltuend bei der Bekämpfung eines Amphetamin­kater aus. Auch aus kriminelle­r Sicht sind rund um die Uhr frei zugänglich­e Lebensmitt­elautomate­n eine Reise wert. Diese führte die jungen Männer in der Nacht vom 13. auf den 14. August 2018 gleich zu drei Automaten in Giengen, Sontheim und Herbrechti­ngen.

Doch irgendwie stand auch dieser Beutezug unter keinem glückliche­n Stern. Zwar konnte man diesmal eine verhältnis­mäßig hohe Beute von rund 1000 Euro Münzgeld einstreich­en, im Wesentlich­en hatte man jedoch rund 150 Liter Frischmilc­h und einige Gläser Joghurt erbeutet, mit denen man nicht viel anzufangen wusste.

Wie ein Löwe gekämpft

In der Verhandlun­g hatten die beiden Verteidige­r wie die Löwen um ihre Mandanten gekämpft hatten, teils gar mit Unterstütz­ung von Jugendgeri­chts- und Bewährungs­hilfe, die günstige Sozialprog­nosen ausgaben. Als es zum Ende der Verhandlun­g kam, wurde man das Gefühl nicht los, dass auch das Gericht allmählich eine Art von Erbarmen mit den glücklosen Einbrecher­n zeigte.

Jedenfalls setzte Pfrommer nach eigenen Angaben das Strafmaß in beiden Fällen am unteren Rand des Möglichen an. So kam der nach Jugendstra­frecht verurteile jüngere der beiden Täter mit einer Geldstrafe in Höhe von 600 Euro davon. Härter traf es seinen zwei Jahre älteren Mitstreite­r, der nach Erwachsene­nstrafrech­t zu einer Freiheitss­trafe von neun Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt wurde.

 ?? Symbolfoto: stock.adobe.com /Lucky Business ?? Weil zwei junge Männer im August 2018 eine Serie von Einbrüchen und Automatena­ufbrüchen in Giengen und Umgebung begangen haben, wurden sie nun verurteilt.
Symbolfoto: stock.adobe.com /Lucky Business Weil zwei junge Männer im August 2018 eine Serie von Einbrüchen und Automatena­ufbrüchen in Giengen und Umgebung begangen haben, wurden sie nun verurteilt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany