Auch in Oberbayern und Österreich herrscht Land unter
Erst bei Tageslicht wird das Ausmaß sichtbar: Das Hochwasser hat jetzt das Berchtesgadener Land schwer getroffen.
„Um 22.22 Uhr mussten wir den Katastrophenfall ausrufen“, sagt Bernhard Kern, „es war fast unvorstellbar im Berchtesgadener Talkessel“. Im südöstlichsten Teil Bayerns schüttete es in der Nacht auf Sonntag in riesigen Mengen. Kern, Csu-landrat im Kreis Berchtesgadener Land, spricht von „Starkregen“– auch hier fällt also dieses Wort, das durch die Unwetterkatastrophe in Rheinland-pfalz und Nordrhein-westfalen große Bekanntheit erlangt hat.
Eine vorläufige Bilanz gibt es am Sonntagvormittag auf einer Pressekonferenz mit Kern und einigen erschöpften Helfern: Zwei Todesopfer sind zu beklagen. Eine Person ist laut Kern direkt an den Folgen des Unwetters verstorben, die andere an einer „natürlichen Todesursache“, der Tod hänge aber „vielleicht mit dem Unwetter zusammen“. Mehr will er aus Rücksicht auf die Angehörigen nicht sagen.
Ab 20.30 Uhr am Samstagabend gingen mehr und mehr Notrufe bei Polizei und Feuerwehr ein: Menschen waren in Pkw eingeschlossen und vom Wasser umspült, Gebäude waren plötzlich einsturzgefährdet. Anton Brandner, Einsatzleiter der Feuerwehr, berichtet von einem Fahrzeug mit sieben Personen, das nur wenige Meter vor der reißenden Berchtesgadener Ache zum stehen kam. Die Autos seien, so sagt es Brandner, „Spielball der Wassermassen“gewesen.
Häuser und Hotel evakuiert
Besonders hart erwischt hat es die Gemeinde Schönau am Königssee, wo mehrere Häuser wegen Einsturzgefahr evakuiert werden mussten. Dies betraf 80 Menschen. Insgesamt wurden 130 Bürger aus ihren Wohnungen und Häusern in Sicherheit gebracht. Auch ein Hotel wurde evakuiert. Landrat Kern warnt weiterhin deutlich: „Im Keller hat niemand etwas zu suchen.“Vom Königssee meldete der Rennrodler Felix Loch, dass auch die dortige bekannte Rodelbahn durch das Unwetter zerstört ist.
Straßen sind überschwemmt, die Zugverbindung zwischen Bad Reichenhall und Berchtesgaden wurde eingestellt, denn die Strecke ist überflutet. Der Landrat appelliert dringend an „Katastrophentouristen“und andere Auswärtige wie etwa Urlauber, nicht in die Gegend zu reisen. Die Straßen seien „extremst in Mitleidenschaft gezogen worden“und müssten frei gehalten werden für Feuerwehr und Technisches Hilfswerk (THW). Insgesamt gab es 500 Einsätze, 890 Hilfskräfte waren im Einsatz.
Kern und Brandner loben den Gemeinsinn der Bürger, man würde in einer solchen Situation „zsammstehn“, sagt der Landrat. Die Region sei bezüglich Unwettern „leidgeprüft“– auffällig sei aber diesmal, wie „rasant“und schnell es zu der Extremsituation gekommen ist.
Passt das zu den Warnungen, dass der Klimawandel solche Ereignisse begünstigt? Dazu sagt an diesem Sonntag im Schock noch niemand etwas. Doch die Debatte
Autos wurden zum Spielball der Wassermassen Anton Brandner
Einsatzleiter der Feuerwehr
wird kommen, gerade bei den Menschen im Voralpenraum, die dies besonders trifft.
Vom Berchtesgadener Land ist es nicht weit zum Nachbarn Österreich, wo das Unwetter auch zu erheblichen Schäden geführt hat. Zu Todesfällen oder Verletzten ist es den Angaben zufolge nicht gekommen. Vor allem der Ort Hallein südlich von Salzburg wurde aber schwer getroffen. Der reißende Kothbach überflutete dort weite Teile der Altstadt, Menschen mussten teilweise per Hubschrauber geborgen werden. Insgesamt waren dort 2300 Feuerwehrleute im Einsatz.